EU-Cloud-Wettbewerber: Microsofts Preissteigerungen reichen an Erpressung

Zum 1. April hat Microsoft die Preise für Cloud-Produkte um elf Prozent erhöht. Betroffenen und Konkurrenten stößt die Teuerung verstärkt äußerst übel auf.

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(Bild: Volodymyr Kyrylyuk/Shutterstock.com)

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Der Verband Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) hat empört auf die erneuten Preissteigerungen reagiert, die Microsoft für Cloud-basierte Dienste wie Azure, OneDrive und MS 365 inklusive Teams für Geschäftskunden diesmal zum 1. April in Kraft gesetzt hat. CISPE-Generalsekretär Francisco Mingorance wertet die Initiative als Zeichen dafür, dass der US-Konzern inzwischen so viel Marktmacht besitzt, um "die Preise in dem Wissen erhöhen" zu können, "Kunden haben keine andere Wahl, als zu zahlen". Der Branchenvertreter, der früher bei der Microsoft-freundlicheren Business Software Alliance (BSA) war, wirft dem Softwarekonzern zudem vor, mit privaten Absprachen zu versuchen, "wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen auf EU-Ebene zuvorzukommen".

Mingorance begrüßte zugleich, dass das Bundeskartellamt Ende März ein Verfahren gegen Microsoft einleitete. Es will prüfen, ob dem Unternehmen eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" zukommt. Sollte sich dies herausstellen, könnte die Behörde künftig etwaige wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen frühzeitig aufgreifen und untersagen. Microsoft begründet die bereits Anfang Januar angekündigten Anhebungen mit den Wechselkursen. Letztlich müssen Firmenkunden im Euro-Raum so nun elf Prozent mehr bezahlen. Dabei hatte der Konzern die Kosten für das Büropaket MS 365 erst voriges Jahr um bis zu 25 Prozent erhöht. Microsoft plant zudem, die Preise zweimal jährlich an Wechselkursschwankungen anzupassen.

Europäische Cloud-Anbieter werfen dem Konkurrenten schon seit Langem vor, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt stark einzuschränken. Andreas Thyen vom Anbieter LizenzDirekt bezeichnet es als bemerkenswert, dass klassische Softwarelizenzen ebenso wie Hardware und Angebote für Privatkunden bisher nicht von den Schachzügen betroffen seien. Hier trügen offenbar die juristischen Auseinandersetzungen bis hin zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) und zum Bundesgerichtshof (BGH) noch immer Früchte, die den heutigen Gebrauchtmarkt in diesem Sektor ermöglichten.

Thyen verweist ferner auf einen "Handelsblatt"-Bericht, wonach das Ausmaß der Preisanstiege für Microsoft-Abonnements mittlerweile ein Niveau erreicht habe, das Unmut selbst bei Vorstandschefs auslöse. Kunden, deren Abo-Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten auslaufen, würden mit Erhöhungen von 30 bis 40 Prozent konfrontiert, wie Verhandlungsberater René Schumann berichte. Dies führe vielerorts zu blankem Entsetzen. Bei einem größeren mittelständischen Unternehmen mit einer Milliarde Umsatz wäre mit einer Verteuerung von 6 Millionen Euro zu rechnen, ausgegangen von jährlichen Kosten von 20 Millionen Euro für Microsoft-Produkte. Die Rede sei von einem Würgegriff der Software-Giganten.

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Mit den jüngsten Reaktionen sieht Thyen auch ein "böses Erwachen aus dem Cloud-Traum" verknüpft. Lange Zeit hätten Kunden die negativen Effekte von Abo- und Cloud-Modellen verdrängt und sich wenig Gedanken über "Lock-in-Effekt, Verlust von Datenhoheit und einseitigen Preiserhöhungen gemacht". Dazu komme das "aggressive Gebaren, mit dem Microsoft seine Konditionen umsetzt". Staatliches Eingreifen allein reiche da nicht. Auch Kunden müssten "selbst wieder mehr Verantwortung übernehmen" und etwa genau abwägen, ob nicht oft der Kauf von Software und der Betrieb auf eigenen Rechnersystemen sinnvoller und rentabler sei. Dies ermögliche es ihnen zugleich, die Vorteile des Marktes für Gebrauchtsoftware auszuschöpfen.

(tiw)