Funkstille im Offenburger Gefängnis durch Störsender

Die teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Offenburg ist bundesweit das erste Gefängnis, in dem der Mobilfunkverkehr durch den Einsatz von Störsendern unterdrückt wird. Verbotene Absprachen unter Gefangenen, über Handys organisierte illegale Geschäfte oder Fluchtvorbereitungen seien damit kein Thema mehr.

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Von
  • Tatjana Bojic
  • dpa

Die Ende August 2009 in Offenburg als erstem deutschen Gefängnis installierten Handyblocker zeigen Wirkung: "Dort herrscht erwartungsgemäß Funkstille, was die unerlaubte Nutzung von Handys anbelangt", sagte Justizminister Ulrich Goll (FDP) auf Anfrage von dpa. Die Handyblocker bewirken, dass Mobiltelefone im Vollzug nutzlos sind. "Verbotene Absprachen unter Gefangenen, über Handys organisierte illegale Geschäfte oder Fluchtvorbereitungen sind damit in Offenburg kein Thema." Handyblocker seien in weiteren Gefängnissen in Baden-Württemberg geplant.

Die neue teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt Offenburg ist bundesweit das erste Gefängnis, auf dessen Gelände der Mobilfunkverkehr durch den Einsatz von Störsendern unterdrückt wird. Die Bundesnetzagentur hatte im August grünes Licht für eine sechsmonatige Testphase der technischen Blockade gegeben. Die Haftanstalt mit 220 Beschäftigten hat 440 Plätze im Regelvollzug und 60 Plätze in einer sozialtherapeutischen Abteilung.

Seit der Föderalismusreform können die Länder in eigener Zuständigkeit die Installation von Störsendern im Justizvollzug auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Auf Golls Initiative hatte Baden-Württemberg im Sommer 2008 ein Gesetz verabschiedet, das den Einsatz von Handyblockern auf dem Gelände von Gefängnissen erlaubt. Für die Installation und Inbetriebnahme der Anlage in Offenburg entstanden Kosten in Höhe von rund einer Million Euro.

Eine weitere Störanlage plant Goll in der Außenstelle Lörrach der Justizvollzugsanstalt Waldshut-Tiengen. Diese wird zurzeit saniert. "Die Zustimmung der Bundesnetzagentur zum Testbetrieb wurde bereits eingeholt. Informationen von Seiten der Bauverwaltung zu den entstehenden Kosten liegen uns noch nicht vor", erklärte Goll. Außerdem sei eine Handyblockeranlage im Stuttgarter Gefängnis Stammheim geplant. In diesem Jahr wird dort mit dem Bau neuer Gebäude mit 580 Haftplätzen begonnen. Dann soll das alte Gefängnishochhaus – für viele noch der Inbegriff des Konflikts zwischen der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion und dem Staat – abgerissen werden. Der Abbruch des Hochhauses ist zwingend, weil eine Sanierung unwirtschaftlich wäre. Der Abriss des RAF-Knastes ist frühestens für 2012 geplant.

Mobiltelefone sind in Vollzugsanstalten – übrigens nicht nur für Gefangene – verboten. Immer wieder ist es Häftlingen aber gelungen, Handys auf oft abenteuerlichen Wegen an den Kontrollen vorbei in die Anstalten zu schmuggeln. Bis Ende 2009 wurden in den Gefängnissen des Landes bereits 286 Geräte sichergestellt, 2008 wurden 219 Geräte gefunden, 2007 waren es 153 und 2006 insgesamt 171. Bei den Gefangenen sind die immer billiger und kleiner werdenden Handys heiß begehrt. Mehrmals wurden per SMS oder per Anruf kriminelle Geschäfte aus der Zelle geführt oder Fluchten organisiert. So wurden zum Beispiel Helfer außerhalb der Gefängnismauern angewiesen, wo und wann sie Geld oder Drogen über die Anstaltsmauer werfen können.

Die moderne Technik ermöglicht eine sehr genaue Empfangsstörung auf dem Anstaltsgelände. Eine dauerhafte Frequenzstörung erfolgt dabei nicht. Erst wenn Mobilfunksignale festgestellt werden, aktiviert sich der Blocker. Um den Mobilfunkverkehr aus den Vollzugsanstalten zu verbannen, sind die Störsender laut Goll am effektivsten. Bloße Handysuchgeräte schlagen nur dann an, wenn gerade telefoniert wird. Der Versand einer SMS wird von einem Handysuchgerät nicht ohne Weiteres erfasst. Auch verstärkte Kontrollen sind aufgrund gesetzlicher Beschränkungen keine echte Alternative zu den Störsendern. Das Vollzugspersonal darf Besucher nicht beliebig durchsuchen. Anwälte unterliegen überhaupt keiner Kontrolle.

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(jk)