European Payments Initiative kauft Benelux-Debitkarten

EPI lebt. Das Bankenkonsortium gewinnt neue Mitglieder und kauft sich das wichtigsten Zahlungssystem in den Benelux-Staaten.​

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Kreditkarterterminal, daneben ein Thermodrucker

EPI möchte eines Tages auch im Ausland Zahlungen ermöglichen.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Lebenszeichen gibt es von der European Payments Initiative (EPI). Die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken machen einen Rückzieher vom Rückzug, drei weitere Banken schließen sich EPI an. Außerdem kauft EPI das führende niederländische Zahlungssystem Currence Ideal sowie den in Belgien und Luxemburg tätigen Zahlungsdienstleister Payconiq International. Wettbewerbsrechtliche Genehmigungen stehen noch aus.

Die European Payments Initiative (EPI) ist ein Zusammenschluss europäischer Zahlungsdienstleister und Banken mit Sitz in Brüssel. Ihr Ziel ist, einheitliche europäische Zahlungsverfahren für Kunden und Händler zu etablieren. Mit eigener Infrastruktur möchte EPI in Konkurrenz zu VISA und MasterCard treten. Gesellschafter sind BFCM, BNP Paribas, BPCE, Crédit Agricole, Deutsche Bank, DSGV, ING, KBC, La Banque Postale, Nexi, Sociéte Générale und Worldline, sowie die Ende 2022 beigetretenen Geldinstitute Belfius und DZ Bank. Letztere vertritt deutsche Genossenschaftsbanken unter den Marken Volksbank und Raiffeisen. Die DZ Bank hat sich Anfang 2022 aus EPI abgeseilt, nur um Ende 2022 zurückzukehren. Neu hinzu stoßen die niederländischen Banken ABN Amro und Rabobank.

Im ursprünglichen Paket plante EPI eine Bezahlkarte und ein digitales Wallet, die Kunden sowohl an Ladenkassen als auch im Online- und Mobilhandel sowie für Geldtransfers in Echtzeit von Wallet zu Wallet (P2P) hätten nutzen können. Die Bezahlkarte ist derzeit kein Thema, am Wallet hält EPI fest. Als Grundlage soll die SEPA-Überweisung, insbesondere die SEPA-Echtzeitüberweisung, dienen; zugleich möchte EPI auch außerhalb Europas funktionieren. Politische Rückendeckung, aber bislang keine namhaften Subventionen, gibt es seitens der EU-Kommission sowie der Europäischen Zentralbank (EZB).

Erste Pilotversuche möchte EPI gegen Jahresende in Deutschland und Frankreich lancieren. Ausgewählte Personen dürfen dann Geld zwischen privaten Wallets übertragen. Für Anfang 2024 steht in EPIs Kalender eine "breitere Markteinführung" in Belgien, Deutschland und Frankreich. "Zusammen repräsentieren diese drei Länder mehr als die Hälfte aller elektronischen Zahlungen im Euroraum", teilt EPI mit, "Eine Expansion in weitere europäische Länder wird zukünftig erfolgen."

Die Befürworter EPIs verweisen zudem auf geopolitische Vorteile, sprich: die Unabhängigkeit von Diensten aus Übersee. Welche Folgen ausländische Finanzsanktionen haben könnten, erfährt derzeit Russland. Über die oft erwähnten Ausschlüsse aus dem internationalen Zahlungsnetzwerk SWIFT hinaus haben American Express, Diners Club/Discover, JCB, Mastercard und Visa das Land von ihren Systemen abgehängt. Zwar könnte SEPA solche Einschränkungen zumindest innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums teilweise auffangen, allerdings hängt der Einzelhandel in zahlreichen Ländern stark von Netzwerken ab, die von Visa und Mastercard bereitgestellt werden.

Trotz aller Vorteile sehen Zahlungsverkehrsexperten das Risiko, dass EPI seine hohen Anlaufkosten nicht refinanzieren kann. Die EU hat die Transaktionsgebühren im Einzelhandel rechtlich so niedrig gedeckelt, dass es finanziell sehr schwierig ist, neue Verfahren zu etablieren. Diese Preisregulierung hilft Visa und Mastercard, ihre Marktdominanz zu verteidigen. Mastercard kann sich sogar leisten, Maestro einzustellen.

Eine weitere Achillesferse des Projekts ist der geringe Mehrwert gegenüber etablierten Bezahlsystemen und dem eingespielten Nutzungsverhalten in den einzelnen europäischen Ländern. Etwaige Wechsel und die damit verbundenen Umstellkosten müssten die Verbraucher mittragen – erst langfristig könnten sich von EPI erhoffte Kostensenkungen durchschlagen, wenn überhaupt. Gleichzeitig gibt es Konkurrenz durch andere Zahlungssysteme europäischer Länder. Beispielsweise nutzen Spanier gerne Bizum, währen Iren für kleinere Beträge auf Revolut setzen. Das zeigt eine Marktstudie im Auftrag der EZB.

In Österreich sind neben Bargeld simple Banküberweisungen en vogue – reduced to the max also. Generell fürchten Österreicher, bei anderen Zahlungsmethoden an Datenschutz zu verlieren sowie dazu verleitet zu werden, mehr Geld auszugeben, als sie haben. Genau darin sieht die EPI ihre Zukunft in "Mehrwertdiensten": EPI möchte eines Tages sowohl Kunden-Identifikation anbieten, als auch "Buy now, pay later" (zu Deutsch "Jetzt kaufen, später bezahlen").

(ds)