Italien: Aufsichtsbehörde will mehr Kontrolle über Künstliche Intelligenz
Mit einer umfasssenden Überprüfung von KI-Anwendungen und mehr Experten wollen Italiens Datenschützer KI kontrollieren. Das kurze ChatGPT-Verbot als Blaupause.
Italiens Datenschutzbehörde Garante per la Protezione dei Dati Personali (kurz "Garante") plant, nach dem vorübergehenden Verbot von des KI-Chatbots ChatGPT im März, die Kontrolle über künstliche Intelligenz (KI) zu verstärken. Andere KI-Plattformen sollen überprüft und zusätzliche KI-Experten eingestellt werden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters am Montag und beruft sich dabei auch einen hochrangigen Beamten.
"Wir planen eine umfassende Überprüfung von generativen und maschinell lernenden KI-Anwendungen, die online verfügbar sind, weil wir verstehen wollen, ob diese neuen Tools Probleme im Zusammenhang mit dem Datenschutz und der Einhaltung von Datenschutzgesetzen adressieren – und wir werden bei Bedarf neue Untersuchungen einleiten", sagte Agostino Ghiglia, Vorstandsmitglied von Garante gegenüber Reuters.
Zudem sollen weitere KI-Experten eingestellt werden. "Wir suchen drei KI-Berater, weil wir uns bewusst sind, dass sich KI-Tools sehr schnell weiterentwickeln und wir Experten mit technischem Hintergrund benötigen, die uns bei unseren Datenschutzaktivitäten unterstützen", so Ghiglia. Laut dem Beamten verfügt Garante über 144 Mitarbeitende, deutlich weniger als die Schwesterbehörden in anderen großen europäischen Ländern. Die meisten hätten zudem einen juristischen Hintergrund, sagte Ghiglia.
Mehr KI-Regulierung wird diskutiert
Der Erfolg von ChatGPT der Microsoft-Tochter OpenAI hat Tech-Konzerne wie Alphabet oder Meta dazu veranlasst, ihre eigenen KI-Anwendungen schneller auf den Marktz zu bringen, und Gesetzgeber und Regierungen auf der ganzen Welt vor die Aufgabe gestellt, neue Regularien zur Kontrolle künstlicher Intelligenz aufzustellen.
Garante gehört zu den proaktivsten der 31 nationalen Datenschutzbehörden, die die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) überwachen. So war die italienische Behörde die erste, die das KI-Chatbot-Unternehmen Replika verbot, Geldstrafen gegen den Hersteller von Gesichtserkennungssoftware Clearview AI verhängte und TikTok in Europa einschränkte.
Im März verbot Garante als weltweit erste Behörde vorübergehend ChatGPT und leitete eine Untersuchung wegen mutmaßlicher Verstöße der Anwendung gegen die Datenschutzvorschriften ein. Anlass für die restriktive Maßnahme war ein Sicherheitsproblem seitens OpenAI, wodurch Chatverläufe und Zahlungsinformationen von Nutzern sichtbar wurden. Die massenhafte Speicherung und Nutzung personenbezogener Daten zu "Trainingszwecken" sei intransparent und stehe nicht in Einklang mit dem Schutz personenbezogener Daten in der EU, so Garante. Auch fehle ein Altersfilter, um Minderjährige vor verstörendem Inhalt zu schützen.
Das Vorgehen von Garante gilt als Beispiel dafür, wie sich Regulierungsbehörden auf bestehende Gesetze stützen, um KI-Technologie zu kontrollieren, deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die Gesellschaft insgesamt bislang nur schwer abzusehen sind. Bis mögliche neue Gesetze zur Regulierung von KI in Kraft treten, könnten Jahre vergehen.
(akn)