Astronomie: Erstes Abbild der Milchstraße in Neutrinos fertig

Kosmische Neutrinos sind besonders schwer nachzuweisen. Trotzdem ist es jetzt erstmals gelungen, eine Karte von Neutrinos aus der Milchstraße zu erstellen.

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Milchstraße mit blauen Flecken

Künstlerische Darstellung der Neutrino-Karte mit der Milchstraße

(Bild: IceCube Collaboration/U.S. National Science Foundation (Lily Le & Shawn Johnson)/ESO (S. Brunier))

Lesezeit: 3 Min.

Erstmals ist es gelungen, eine Aufnahme der Milchstraße auf Basis von Neutrinos zu erstellen. Zu verdanken ist das dem Experiment IceCube in der Antarktis und speziellen Methoden des maschinellen Lernens, die an der TU Dortmund entwickelt wurden. Eine Darstellung der Abbildung zeigt, dass das Zentrum der Milchstraße besonders hell erscheinen würde, wenn man Neutrinos sehen könnte.

Außerdem sind weitere Flecken zu erkennen, aus denen mehr Neutrinos kommen. Auffallend ist, dass anders als im sichtbaren Spektrum, deutlich weiter entfernte Bereiche des Universums hier viel heller strahlen als die unmittelbare Nachbarschaft unseres Sonnensystems.

Die erste Neutrino-Karte der Milchstraße (7 Bilder)

Multimessenger-Sicht der Milchstraße: Oben im sichtbaren Licht, darunter in Gammastrahlung, darunter die Vorhersage für die Neutrino-Karte, darunter zwei Darstellungen der Messergebnisse.
(Bild: IceCube Collaboration)

Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen, die nur äußerst begrenzt mit Materie wechselwirken, weswegen sie beispielsweise einfach durch die Erde hindurch rasen. Um sie trotzdem nachweisen zu können, wurde das IceCube Neutrino Observatory in der Antarktis aufgebaut. Herzstück ist ein Kubikkilometer großer Bereich des ewigen Eises dort, durch den an langen Kabeln unzählige Kabelstränge mit insgesamt 5000 Fotosensoren führen. Tritt der seltene Fall ein, dass ein kosmisches Neutrino mit einem Teilchen im Eis wechselwirkt, entsteht ein kurzer Lichtblitz, den das Observatorium aufzeichnen kann. Für das erste Neutrino-Abbild der Milchstraße wurden nun Daten zu 60.000 Neutrinos aus einem Jahrzehnt Beobachtungen zusammengeführt.

Die analysierten Neutrinos sind mehrere Millionen bis Milliarden Mal energiereicher, als Neutrinos, die in der Sonne entstehen, schreibt die TU Dortmund. Sie entstehen bei der Wechselwirkung energiereicher Protonen und anderer Atomkerne zum Beispiel mit dem Gas und Staub im Raum zwischen den Sternen. Weil die Milchstraße keine besonders starke Neutrinoquelle ist, habe es sich als besonders schwer herausgestellt, die angestrebte Karte zu erstellen. Für den entscheidenden Durchbruch sorgte demnach ein Algorithmus, der in Dortmund entwickelt wurde, um die kurzen Energieblitze zu identifizieren und Richtung und Energie der dafür verantwortlichen Neutrinos rekonstruieren zu können. Vorgestellt wird die Arbeit im Wissenschaftsmagazin Science.

Als Nächstes sollen einzelne Neutrino-Quellen in der Milchstraße identifiziert werden. Ihre Arbeit ermögliche völlig neue Möglichkeiten zur Untersuchung der energiereichsten Teilchen in unserer Galaxie und soll zum Verständnis der galaktischen kosmischen Strahlung beitragen, erklären die Forscher. Das Neutrino-Observatorium hat damit das Potenzial, entscheidend zur Ära der Multi-Messenger-Astronomie beizutragen.

Dabei geht es darum, dass wir das Universum nicht mehr nur im Bereich des sichtbaren Lichts und des elektromagnetischen Spektrums erforschen, sondern anhand viel exotischerer Phänomene. Einen zentralen Platz haben dabei bislang die Gravitationswellen: Fast parallel zur Neutrino-Karte der Milchstraße haben Forscher die Entdeckung eines Gravitationswellen-Hintergrunds publiziert.

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(mho)