Bundeskabinett gibt Startsignal für interaktiven Krankenhaus-Atlas​

Das Bundeskabinett hat den Weg frei für einen interaktiven​ Krankenhaus-Atlas im Internet gemacht. Grundlage dafür ist das​ Krankenhaustransparenzgesetz.​

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Krankenhauskorridor

(Bild: samrana3003/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
Inhaltsverzeichnis

Vor geplanten Operationen überlegen sich viele Menschen, welche Klinik in der Nähe die beste ist. Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, haben die "Patienten ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten". Im nächsten Jahr soll ein Krankenhaus-Atlas im Internet die nötige Orientierung über bundesweit rund 1700 Kliniken bieten.

Basis dafür ist das Krankenhaustransparenzgesetz, das darauf abzielt, über eine zunehmende Spezialisierung ein hohes Qualitätsniveau der stationären Versorgung zu sichern. Lauterbach: "Wir haben noch immer die Situation, dass es Oberärzte gibt, die am Montag eine Knie-Operation durchführen und am nächsten Tag eine Darm-Operation." Das ergebe nicht die erwünschte Versorgungsqualität. Das Krankenhaustransparenzgesetz wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet.

Das Vorhaben gehört zur geplanten Krankenhausreform, auf die sich Bund und Ländern im Juli verständigt hatten. Sie soll die Behandlungsqualität steigern, das System entbürokratisieren und die Fallpauschalen abschaffen.

Im April 2024 soll das Transparenzverzeichnis online sein und Informationen aus vier Bereichen zur Verfügung stellen. Dazu zählen erstens Fallzahlen für verschiedene medizinische Leistungen, aufgeschlüsselt in 65 Leistungsgruppen. Damit lässt sich etwa erkennen, ob eine Krebs-Operation in der allgemeinen Chirurgie oder in einer hochspezialisierten Krebschirurgie gemacht wurde. Fallzahl-Daten sollen die Behandlungserfahrung erfassen.

Zweitens wird über die Personalausstattung informiert, indem das verfügbare ärztliche und pflegerische Personal im Verhältnis zur erbrachten Leistung dargestellt wird. Drittens werden Komplikationsraten für bestimmte medizinische Eingriffe genannt. Auf diese Weise soll die Ergebnisqualität einer Behandlung abgebildet werden. Viertens werden verschiedene Krankenhausstandorte nach Versorgungsstufen (Level) eingestuft.

Möglich machen will das der Gesetzgeber, indem er Krankenhäuser dazu verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) die notwendigen Informationen bereitzustellen. Das InEK sammelt diese Daten und erstellt Auswertungen, während das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (QITIG) die Informationen für ein Verzeichnis aufbereitet. In Zukunft sollen weitere Daten in dieses Verzeichnis aufgenommen werden.

Fachleute nehmen an, dass Angaben zu Fallzahlen und Komplikationsraten eine steuernde Wirkung haben: Patientinnen und Patienten werden bei planbaren Eingriffen eher die Krankenhäuser auswählen, die hohe Fallzahlen und niedrige Komplikationsraten aufweisen. Das neue Transparenzverzeichnis könnte damit den Trend zur Spezialisierung der Krankenhäuser weiter verstärken.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält die Einordnung der Kliniken in bestimmte Versorgungsstufen für schwierig. Würde eine Klinik nur wenige Leistungsgruppen abbilden, aber viel Erfahrung in bestimmten Behandlungen vorweisen, würde sie einem niedrigen Level zugeordnet. Das erzeuge eine falsche Lenkungswirkung für die Patienten, die eine Klinik mit einem höheren Level suchten. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hingegen begrüßte die Angabe von Komplikationen. Allerdings müsse man verhindern, dass vor allem jüngere, erfolgsversprechende Patienten behandelt und chronische Kranke und ältere Menschen diskriminiert würden.

Das Krankenhaustransparenzgesetz muss vom Bundestag verabschiedet werden, im Bundesrat ist es nicht zustimmungspflichtig. In manchen Bundesländern stößt das Vorhaben auf Kritik. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) etwa stört sich daran, dass der bürokratische Aufwand gerade für kleinere Kliniken zu groß werden könnte. Kleinere Kliniken könnten außerdem schlechteren Level zugeordnet werden.

Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) und Vorsitzender der Gesundheitskonferenz kritisierte, der Bund greife damit zu sehr in die Zuständigkeit der Länder ein. Die Länderkritik weist das Bundesgesundheitsministerium zurück: Die Veröffentlichung habe keinen Einfluss auf die Krankenhausplanung der Länder oder die Vergütung der Krankenhäuser. Die Leistungsgruppen würden ausschließlich für die Veröffentlichung im Rahmen des Transparenzgesetzes benannt.

(mack)