EU-Cloud-Großprojekt: 1,2 Milliarden Euro für "bahnbrechende Technologien"

Ein EU-Programm für eine industrielle Cloud (IPCEI-CIS) nimmt Gestalt an. Unter den Beteiligten sind die Deutsche Telekom, Orange, SAP, Siemens und Telefónica.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Blick in einen Gang eines Rechenzentrums

(Bild: Next Layer)

Lesezeit: 3 Min.

1,2 Milliarden Euro für Cloud-Infrastrukturen und -Services (CIS) der nächsten Generation genehmigt die EU-Kommission. Kernziel ist, zentrale und dezentrale Rechenkapazitäten unterschiedlicher Akteure auf einer gemeinsamen offenen Technikbasis zusammenführen. Das soll anbieterunabhängige Datenverarbeitung in Echtzeit über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg ermöglichen.

Im Brüsseler Amtsdeutsch handelt es sich um ein "wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" (IPCEI). Mit vorbereitet haben das IPCEI CIS Belgien, Italien, Kroatien, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Slowenien, Spanien und Ungarn. Das Projekt, das durch die Subvention private Investitionen im Umfang von 1,4 Milliarden Euro mobilisieren soll, umfasst 19 Vorhaben von ebenso vielen Unternehmen.

Seit März ist bekannt, dass SAP eine offene Referenzarchitektur (ORA) für die vorgesehene Cloud-Edge-Infrastruktur mitentwickelt. Bei solchen grundlegenden Cloud-Diensten geht es darum, die Datenverarbeitung möglichst nah hin zum Anwender an den Rand eines Netzwerks zu verlagern. Die Open-Source-ORA soll bis Ende 2027 stehen.

Direkt beteiligt sind unter anderem Atos, die Deutsche Telekom, Leaseweb, Oktawave, Orange, Siemens, Telefónica und Tiscali. Sie streben nach einem interoperablen "Multi-Provider-Cloud-Edge-Kontinuum" mit rund hundert Beteiligten, darunter auch mittelständische Unternehmen, Startups und Forschungseinrichtungen.

Die einzelnen Vorhaben reichen von der Basissoftware bis zu sektorspezifischen Anwendungen, erläutert die Kommission. Sie trägt dick auf: Es gehe um "bahnbrechende Technologien" durch globaler Innovation, die "große Fortschritte auf dem Gebiet der Datenverarbeitungstechnologien ermöglichen" werde – alles für den digitalen und grünen Wandel.

Weil das riskant ist, würden Unternehmen es ohne Subventionen nicht in Angriff nehmen. Das IPCEI CIS werde "erhebliche positive Auswirkungen" auf außenstehende Firmen, Konkurrenten sowie Endnutzer in ganz Europa haben, verspricht die Kommission. Die Subventionsempfänger müssen freizügige Open-Source-Software-Lizenzen erteilen und die Community aktiv unterstützen und Interessierten Zugang zu mindestens 20 Prozent der Kapazität der eingesetzten ortsnahen Rechnerkapazitäten und Laboratorien sowie Lizenzen für Immaterialgüterrechte wie Patente zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) gewähren.

Deutschland, Italien, Polen und Spanien haben ihre Beteiligung am IPCEI CIS in ihre Aufbau- und Resilienzpläne aufgenommen. Damit steht es ihnen offen, ihre Vorhaben aus den entsprechenden Corona-Fonds zu finanzieren. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) freute sich, dass das "Großprojekt für die digitale Transformation" mit der Genehmigung aus Brüssel nun durchstarten könne. Es werde dazu beitragen, "die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu stärken" – etwa bei der Anwendung von Industrie 4.0 und dem autonomen Fahren. Bislang hat das Wirtschaftsressort stets versichert, das Vorhaben werde mit dem älteren europäischen Cloud-Projekt Gaia-X "synchronisiert". Davon ist mittlerweile keine Rede mehr.

(ds)