Pentagon-Leaker gesteht: Schuldig laut Spionagegesetz

Geheimakten hat Jack Teixeira auf Discord verbreitet, um Eindruck zu schinden. Seit 10 Monaten in Haft, bekennt sich der 22-jährige Waffennarr schuldig.​

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Ausschnitt einer hellgrauen Computertastatur bei der die rechte Feststelltaste durch eine grüne Taste mit Aufschrift "Leak" ausgetauscht ist

(Bild: CarpathianPrince/Shutterstock.com)

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Hunderte geheime Dokumente aus dem Bestand von US-Diensten und -Militärs soll "Pentagon-Leaker" Jack Teixeira online gestellt haben, um Gamer-Kollegen zu beeindrucken. Der Angehörige der US National Air Guard wurde am 23. April 2023 vom Inlandsgeheimdienst FBI verhaftet und sitzt seither im Gefängnis. Ursprünglich bekannte sich der 22-Jährige nicht schuldig, doch am Montag hat er das geändert: Teixeira bekennt sich in sechs Fällen schuldig der vorsätzlichen Aufbewahrung und Übermittlung von Verschlusssachen.

Das ist eine Straftat nach dem US-Spionagegesetz (Espionage Act). Dafür akzeptiert er elf Jahre bis 16 Jahre und 8 Monate Gefängnis – ein Bruchteil der möglichen 60 Jahre. Diesen Deal hat sein Pflichtverteidiger mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt. Das exakte Strafmaß möchte das zuständige Bundesbezirksgericht für Massachusetts im September festlegen. US-Behörden betonen, dass der junge Soldat enormen Schaden angerichtet habe. Weil Leaks zum Krieg Russlands gegen die Ukraine so schwer wogen, wollte das Pentagon jeden Stein umdrehen.

Trotz seines niedrigen Rangs als Airman hatte der Angeklagte eine hohe Freigabestufe für geheime Dokumente. Er war auf einer Militärbasis auf Cape Cod stationiert, wo er Zugriff auf das Joint Worldwide Intelligence Communications System (JWICS) der US-Geheimdienste und -Militärs hatte. Das Kürzel JWICS ist seit 2010 weltweit bekannt; damals wurde bekannt, dass der Gefreite Manning 27.000 Dokumente abgezogen hatte, die dann von Julian Assange in Wikileaks publiziert wurden.

Im Unterschied zu Manning war Teixeira aber kein Gesinnungstäter, der US-Kriegsverbrechen aufzudecken suchte. Vielmehr dürfte er durch die Preisgabe geheimer Akten versucht haben, andere Computerspieler auf mindestens zwei Discord-Servern zu beeindrucken. Mindestens ein Teilnehmer verbreitete Dokumente weiter; sie landeten schließlich in einem russischen Telegram-Kanal. Dort fand die New York Times die Unterlagen, die die Geheimhaltungsstufe Secret, Top Secret, oder sogar Top Secret plus SCI (Sensitive compartmented information) trugen.

Enthalten waren beispielsweise militärgeheimdienstliche Erkenntnisse über die Lieferung von Waffen an die Ukraine sowie russische und ukrainische Truppenbewegungen und Kampfverläufe. Die Preisgabe solcher Informationen kann Rückschlüsse auf die Quellen oder Erhebungsmethoden zulassen, was nicht nur die weitere Beobachtung erschweren sondern auch zum Tod von Informanten führen kann.

Auch nicht-öffentliche Informationen über feindliche Angriffe auf die IT einer nicht genannten amerikanischen Firma sowie Erkenntnisse über geplante Angriffe auf US-Truppen im Ausland verriet Teixeira. Zudem wurde durch die Leaks bekannt, dass Deutschland von ukrainischen Plänen für einen Anschlag auf die Pipeline Nord Stream wusste.

Die New York Times hat 9.500 Chatnachrichten Teixeiras untersucht und beschreibt den jungen Mann als rassistischen Waffennarr, Kremlfan und Anhänger von Veschwörungserzählungen, der ein stattliches Arsenal an Schusswaffen anhäufte und gerne Videos privater Schussübungen postete. Ein von einem anderen Discord-User gepostetes Video, das zeigt wie ein Polizist bei einer Verkehrskontrolle erschossen wird, bezeichnete Teixeira als "sein liebstes Video einer Schießerei". Die Analyse von Massenschießereien war für den Mann "cool und ein Spaß". Auch angebliche Drohnenanschläge auf Krankenhäuser rührten ihn zu einem "lol".

Die Staatsanwaltschaft verweist darauf, dass Teixeira den Wunsch geäußert habe, viele Menschen umzubringen, speziell "willensschwache auszumerzen". Zweimal sei er wegen verdächtiger Zugriffe auf Dokumente, die nichts mit seinen Aufgaben zu tun hatten, verwarnt worden, habe aber dennoch weitergemacht. Kurz vor seiner Verhaftung im April 2023 habe er versucht, Beweise zu vernichten. Dennoch schloss die Behörde einen Deal mit dem Angeklagten. Das dürfte auf den Umstand zurückzuführen sei, dass Teixeira kein Spion im engeren Sinn ist und auch nicht belegt ist, dass er der Nationalen Sicherheit der USA schaden wollte.

Seine Familie sieht die Schuld bei der US-Luftwaffe. Deren lasche Atmosphäre bei der Arbeit sowie unzureichende Schulung und Aufsicht hätten Teixeira sein Verbrechen überhaupt erst ermöglicht. Sein Strafverteidiger beschreibt den Täter als "wirklich ein Kind" und möchte mit dem Argument der Jugend ein Strafe am unteren Rand der Vereinbarung erreichen. Das wären elf Jahre oder die Hälfte der bisherigen Lebenszeit Teixeiras.

Das Strafverfahren heißt USA v Jack Douglas Teixeira und ist am US-Bundesbezirksgericht für Massachusetts unter dem Az. 23-CR-4293 anhängig.

(ds)