Kernfusion: Deutschland nimmt am Wettrennen um erstes Fusionskraftwerk teil

Die Bundesforschungsministerin will, dass Deutschland unter den Ersten sein wird, die ein Fusionskraftwerk bauen.

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(Bild: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Matthias Otte)

Lesezeit: 4 Min.

Mit einem neuen Förderprogramm will die Bundesregierung den Weg zum ersten Fusionskraftwerk in Deutschland ebnen. "Wir wollen ein Fusionsökosystem aus Industrie, Start-ups und Wissenschaft aufbauen", erläuterte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Mittwoch zur Vorstellung des Programms "Fusion 2040 – Forschung auf dem Weg zum Fusionskraftwerk" (PDF). "Das weltweite Rennen läuft. Ich möchte, dass wir in Deutschland unter den Ersten dabei sind, die ein Fusionskraftwerk bauen", sagte die Ministerin.

Ihr Ministerium fördert bereits Institutionen, die an der Fusion forschen: Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, das Karlsruher Institut für Technologie und das Forschungszentrum Jülich. Diese Förderung der Forschung zur Energiegewinnung soll nun eine zweite Säule bekommen, um zusammen mit der Wirtschaft ein "Fusionsökosystem" zu bekommen.

In einer ersten Phase, die sich bis Anfang der 2030er Jahre erstreckt, geht es der Ministerin darum, Technologien, Komponenten und Materialien voranzubringen, die für ein Fusionskraftwerk gebraucht werden. In der zweiten Phase sollen die Komponenten in ein Kraftwerksdesign zusammengebracht werden. Dabei sollen Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Industrie in Projekten zu konkreten Teiltechnologien zusammenarbeiten. Für die 2040er Jahre ist eine "Betriebsphase" geplant. Dabei denkt das Forschungsministerium jetzt schon daran, dass "die Errichtung und der Betrieb einer großen Zahl an Fusionskraftwerken durch die Industrie sichergestellt werden" müsse, um den Strommix mit Fusionsenergie ergänzen zu können.

Zunächst einmal will das Forschungsministerium erste Anlaufstelle für Interessenten aus der Wirtschaft werden und diese mithilfe von stetigen Veranstaltungen, Informationsmaterial, einer Fachwebsite und Social Media mit anderen Akteuren vernetzen. Das Ministerium strebt an, dass Absolvierende in Fächern wie Physik, Mathematik, Informatik und Ingenieurwissenschaften schon in ihren Ausbildungsgängen an das Thema herangeführt und enge Kooperationen zwischen Unternehmen und Ausbildungsstätten etabliert werden.

Um Technologien zu demonstrieren und Materialien zu entwickeln, sollen sogenannte Hubs eingerichtet werden, über die die Industrie in die Forschung eingebunden wird. Das biete sich für das Forschungsministerium besonders auf solchen Feldern an, "in denen Deutschland seine spezifischen Stärken ausspielen kann und eine bestehende Nachfrage adressiert". Solche Felder seien Materialien, Magnete, Targets, Laser oder der Tritiumkreislauf. Bei alledem sei internationaler Austausch wichtig, beispielsweise über die Kooperation am Forschungsreaktor ITER, der momentan in Südfrankreich entsteht.

Mit dem Brennstoff zeigt das Förderprogramm beispielhaft eines der Problemfelder der Fusionsforschung auf. Für die meisten Fusionsansätze sei Tritium essenziell, doch das komme in der Natur nicht in ausreichender Menge vor. Ein "unverzichtbares Forschungsthema" sei daher der gesamte Tritiumkreislauf, ebenso die Forschung an Materialien und Komponenten, die hohen Temperaturen ausgesetzt seien, mit Plasma in Kontakt kommen können und unter hohem Teilchenbeschuss stehen würden.

Fusionsexperten hatten im Auftrag des Forschungsministeriums voriges Jahr erkundet, dass ein Kernfusionskraftwerk bis 2045 machbar ist. Daraufhin ließ Stark-Watzinger ein Positionspapier erarbeiten, um Handlungsmöglichkeiten in der Magnet- und Laserfusionsforschung aufzuzeigen. Das Förderprogramm ist nun auch "technologieoffen" angelegt, das heißt, es ist noch nicht festgelegt, mit welcher Technik am Ende Fusionsenergie erzeugt werden könnte.

Dazu erläuterte die Ministerin in ihrem Forschungsprogramm: "Weil noch unklar ist, welche Fusionstechnologien auf dem Weg zum Kraftwerk erfolgreich sein werden, müssen wir die Chancen und Risiken einzelner Ansätze stetig evaluieren." Das BMBF-Förderprogramm sei deshalb ein "lernender Handlungsrahmen". So könnten die Forschungsakteure "dynamisch auf nationale wie internationale Durchbrüche reagieren und mit passenden Maßnahmen die Entwicklungen in Deutschland lenken und vorantreiben". Anders als in der Magnetfusion gebe es allerdings in der Trägheits-, insbesondere in der Laserfusion in Deutschland keine vergleichbare Forschungslandschaft. Ansätze gebe es in Forschungszentren, die an Hochenergielasern arbeiten.

(anw)