Bundeswehr: Cyber- und Informationsraum wird Teilstreitkraft​

Der Cyber- und Informationsraum steht auf einer Stufe mit Heer, Marine, Luftwaffe und Weltraumkräften. Die Änderung soll die Bedeutung der Kräfte aufzeigen.

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Schulter eines Soldaten der Bundeswehr im gefleckten Tarnanzug mit Schulterklappe und Deutschlandflagge auf dem Oberarm.

(Bild: Filmbildfabrik/Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner
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Das deutsche Militär wird kräftig umgebaut – und der Bereich Cyber- und Informationsraum soll künftig als Teilstreitkraft auf einer Stufe mit den klassischen Domänen Heer, Marine und Luft und Weltraum stehen, wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Berlin ankündigte.

Der Cyber- und Informationsraum (CIR) sei für die Sicherheit von ständig wachsender Bedeutung. Dazu gehöre die Sicherung von Führungsfähigkeit, die Analyse hybrider Bedrohungen, etwa Desinformationskampagnen und Cyberattacken, so der Minister, und "Aufklärung und Wirkung im Feld". Das meine etwa die Elektronische Kampfführung (EloKa) wie mit Störsendern oder Fernmeldeeinheiten, und das ausdrücklich mit Blick auf die Ostflanke der NATO. Die Bundeswehr soll auf Einladung Litauens bis 2027 eine komplette Brigade in dem Baltikumsland stationieren.

Im bisherigen Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum ist ein wesentlicher Teil der Digitalkompetenzen der Bundeswehr gebündelt. Die Aufgaben reichen dabei von der Sicherstellung der Kommunikationsfähigkeit über Psychologische Kriegsführung und die elektronische Kampfführung wie etwa IT-Services für die Soldatinnen und Soldaten bis hin zur Softwareentwicklung und der Integration in bestehende und die Entwicklung neuer Systeme.

Experten hatten damit gerechnet, dass der 2017 offiziell gegründete Organisationsbereich mit der von Pistorius im vergangenen Jahr angekündigten Reform auf den Status einer Teilstreitkraft gehoben wird. Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer sagte bei der Vorstellung der Reform in Berlin, es gehe dabei nicht um einen Aufwuchs, also mehr Personal, sondern um eine Klarstellung der Wertigkeit im Bundeswehrgefüge: "Wir müssen in dem Bereich auch bedenken, dass es nicht nur um Cyberabwehrfähigkeiten geht, sondern auch Informationsübermittlung und Digitalisierung mit drin ist."

Warum digitale Offensivfähigkeiten eine zunehmend große Rolle spielen, erläutert Brigadegeneral Michael Volkmer, Kommandeur des im CIR angesiedelten Zentrums für Digitalisierung der Bundeswehr im Gespräch mit c't: "Wenn Sie die Mobilfunknetze für Stunden lahmlegen können, dann kann das ein ganz entscheidender Vorteil sein." Dabei komme es nicht so sehr auf das eingesetzte Mittel an, sondern um die Wirkung: "Sie können eine gegnerische Radarstellung durch Mittel des elektronischen Kampfes im elektromagnetischen Spektrum stören. Sie können ein Hard Kill von einer Fregatte oder aus einem Luftfahrzeug oder von einer Artillerieeinheit starten, oder Sie können per Cyberoperation stören oder fehlleiten, wenn Sie denn Zugang in dieses Netzwerk haben."

Aber auch wenn es um die eigene Resilienz und Vernetzung geht, muss die Cyberstreitkraft derzeit einiges auf den Weg bringen. "Wir kümmern uns um den Anteil Digitalisierung bei der Führungsfähigkeit", sagte Brigadegeneral Michael Volkmer. Dabei geht es nicht zuletzt um die Frage, wie das teils historische Gerät der Bundeswehr nachträglich mit digitalen Funkgeräten und Battle-Management-Systemen ausgestattet werden kann, wie Sensoren und ausgespähte, im Bundeswehrdeutsch "aufgeklärte" Datenströme analysiert und militärisch nutzbar gemacht werden können. Nicht nur bei der Datenanalyse beschäftigt sich CIR mit der Frage, wie künftig mit Künstlicher Intelligenz umgegangen werden soll. Automatisierte offensive, tödliche Systeme sind politisch derzeit ausgeschlossen. Zugleich wird dort intensiv verfolgt, welche Entwicklungen es auf den Schlachtfeldern in der Ukraine, aber auch im Gaza-Krieg gibt.

Dazu kommt: Die Bundeswehr muss bei zunehmender Digitalisierung am Einsatzort fast immer kommunizieren können. Das brauche verlegefähige Netzwerke, die weltweit zum Einsatz kommen können, sichere funkbasierte Netze auch jenseits des klassischen Truppenfunks und Satellitenkommunikation, sagt Brigadegeneral Volkmer. Diese Netze müssten mit eigenen Rechenzentren sicher interagieren können: "Wir brauchen neue, sichere Rechenzentren in Deutschland, die in der Lage sind, Cloud-Lösungen zu fahren, wo sensible Daten in eigener Infrastruktur bleiben." Aber auch in Einsatzgebiete transportable Cloud-Nodes seien zwingend nötig – also lokale, an die Bundeswehr-Cloud angebundene Rechenzentren bis hin zu Edge-Systemen.

(mki)