Kabinett einigt sich auf Quick-Freeze​

Die SPD-geführten Ministerien haben ihren Widerstand gegen das Quick-Freeze-Verfahren aufgegeben. Der Entwurf hierzu lag seit einem Jahr auf Eis.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 48 Kommentare lesen

(Bild: FlashMovie/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Falk Steiner

Die SPD-geführten Ministerien, allen voran Innenministerin Nancy Faeser, haben ihren Widerstand gegen die Einführung des Quick-Freeze-Verfahrens aufgegeben. Damit ist der Weg frei für die deutlich datensparsamere Alternative zur seit vielen Jahren umstrittenen und mehrfach von deutschen und europäischen Gerichten in ihrer jeweiligen Ausgestaltung für mindestens teilweise rechtswidrig erklärten Vorratsdatenspeicherung frei.

Seit einem Jahr wurde ein entsprechender Entwurf für die Quick-Freeze-Einführung im Kabinett blockiert, den das FDP-geführte Justizministerium vorgelegt hatte. Im Gegenzug blockierte die FDP daraufhin ein mietrechtliches Gesetzesvorhaben aus den SPD-Ressorts.

Die Einigung sickerte bereits am Dienstagabend durch, kurz nachdem Nancy Faeser noch einmal bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert hatte.

Die jetzt getroffene Verabredung im Kabinett basiert darauf, dass das Bundesjustizministerium seinen Quick-Freeze-Vorschlag überarbeitet – insbesondere die Streichung der Vorratsdatenspeicherungsparagrafen, die nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht angewandt werden dürfen, soll aus diesem nun wieder herausgenommen werden. Das Bundesinnenministerium betont, dass es über IP-Adressen "ausdrücklich keine Einigung" gegeben habe – ein Sprecher des Bundesjustizministeriums verwies auf die bekannte Position des Bundesjustizministers. Die nun nicht gestrichene Regelung sei "totes Recht".

In ersten Reaktionen begrüßen FDP und Grüne die jetzt gefundene Einigung. Er habe lange für Quick Freeze gekämpft, betont Justizminister Marco Buschmann (FDP) auf X, ehemals Twitter. "Mit dem Quick-Freeze-Verfahren geben wir unseren Ermittlungsbehörden nun endlich ein neues und grundrechtsschonendes Instrument an die Hand und beenden die von der CDU/CSU geschaffene Rechtsunsicherheit", sagt FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin. Der Digitalpolitiker Maximilian Funke-Kaiser von der gleichen Fraktion sieht darin einen großen Fortschritt: Beim Verdacht auf eine schwere Straftat könnten die Anbieter durch richterliche Anordnung verpflichtet werden, bestimmte Daten "einzufrieren". "Damit verhindern wir eine dauerhafte Überwachung unbescholtener Bürger und sorgen für größtmögliche Sicherheit."

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz begrüßt die Einigung ebenfalls, sieht jedoch einen Schönheitsfehler darin, dass die Regelungen der alten Vorratsdatenspeicherung nicht gestrichen werden sollen. "Diese Leiche einer völlig überholten, Grundrechte negierenden Sicherheitspolitik bleibt also im Keller", mahnt von Notz. "Doch wer allen Ernstes glaubt, dass dieses Instrument jemals wieder zum Einsatz kommt und es im weiteren parlamentarischen Verfahren noch irgendeinen Spielraum gibt, diesen Zombie wiederzubeleben, ist klar auf dem Holzweg."

Offenkundig etwas anders sehen das die SPD-Innenpolitiker im Bundestag. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kündigte an, im parlamentarischen Verfahren werden intensiv beraten zu wollen, "wie diese Methode den Anforderungen einer effizienten Strafverfolgung im Internet gerecht wird."

Eine "schwere Fehlentscheidung" nennt die Einigung der Ampel der rechtspolitische Sprecher CDU/CSU-Bundestagsfraktion Günter Krings. "Das Quick-Freeze-Verfahren statt der Speicherung von IP-Adressen ist als Ermittlungswerkzeug für die Sicherheitsbehörden völlig unzureichend. Zurecht weisen Sicherheitsexperten darauf hin, dass Daten, die mangels Speicherpflicht gar nicht mehr vorhanden sind, auch nicht ‚eingefroren‘ werden können." Es sei skandalös, so Krings, dass sich die Ampel für Datenschutz statt Opferschutz entscheide.

Als "Erfolg für die Zivilgesellschaft und progressiver Digitalpolitikerinnen" bezeichnet der Ko-Vorsitzende des digitalpolitischen Vereins D64 Erik Tuchtfeld die Einigung auf Quick-Freeze. Es brauche ergänzend aber Ansätze wie die sogenannte Login-Falle und Justizschnittstelle: "Veraltete Strukturen und langsames Behördenhandeln dürfen kein Argument für die längere Speicherung von Daten sein."

(mki)