Elektronische Gesundheitskarte: Akzeptanz braucht Zeit

Nach der Gesundheitskarte, bei der es nach wie vor Unklarheiten über die Telematik-Infrastruktur gibt, kommt die elektronische Patientenakte: Erste Krankenkassen testen ihre Einführung.

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Von
  • Jürgen Kuri

Mit einem Ausstellerplus von 17 Prozent geht die ConHIT zu Ende. Auch die Besucherzahlen sollten im Plus liegen, da die Fachmesse für IT in der Medizin erstmals mit dem deutschen Chirugenkongress gekoppelt war, dessen Teilnehmer die Messe besuchen konnten. Vom angestrebten Ziel, eine "europäische Leitmesse für IT in der Medizin" zu sein, ist man aber noch ein gutes Stück entfernt.

Zentrales Gesprächsthema der ConHIT waren die Veränderungen bei der Projektgesellschaft Gematik, die für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zuständig ist: Ohne eine telematische Infrastruktur, die mit der eGK aufgebaut wird, sind viele Projekte Makulatur. Dass immer noch keine Klarheit darüber herrscht, wie freiwillig die Ärzte ihre Praxen mit dieser Infrastruktur vernetzen müssen, wurde bedauert. Offenbar sollte eine eindeutige, die Ärzte provozierende Aussage vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und kurz vor dem deutschen Ärztetag vermieden werden. An ihrem Stand zeigte die viel gescholtene Gematik, was mit der eGK möglich wird, etwa die bargeldlose Begleichung der Praxisgebühr beim Arzt sowie der Zuzahlungen beim Apotheker. Dazu muss die Krankenkasse, der ohnehin diese Beträge gemeldet werden, einen Abbuchungsauftrag haben. Für Ärzte wurde demonstriert, wie die taggenaue Kontrolle des Medikamentenbudgets dank elektronischem Rezept dort möglich ist, wo bislang nur Schätzungen gemacht werden.

Welche Hürden zu meistern sind, zeigte der Bericht zum Stand der Dinge bei ProspeGKT, der Patientenakte, die die Knappschaft im Raum Bottrop einführt. Die Krankenkasse, die als einzige in Deutschland auch Krankenhäuser betreibt und mit Vertragsärzten zusammenarbeitet, hat auf eigene Kosten für 6 Millionen Euro bislang ein Krankenhaus und 18 Arztpraxen sowie 10.000 Versicherte mit den nötigen Geräten und Karten ausgestattet. Als größte Hürde erwies sich dabei die Vergabe der PIN nach dem Nullstellenverfahren: Beim ersten Kontakt der eGK mit dem System muss der Versicherte eine ausgedachte sechsstellige PIN eingeben. Da die Knappschaft als Kasse der Bergarbeiter überwiegend ältere Versicherte betreut, die Angst haben, eine Nummer zu vergessen, wurden Kaffeekränzchen in der Klinik organisiert, bei denen Mitarbeiter bei der Eingabe der PIN halfen. Ähnlich bedürftig präsentieren sich die Ärzte, wie Projektleiter Christian Bauer berichtet: "Wir sind quasi ständig in den Praxen vor Ort mit IT-Spezialisten."

Weil Arzt wie Patient sich als Betroffene sehen und nicht als Beteiligte an einem aufregenden Projekt, sei der Aufwand sehr hoch. Die Akzeptanz der Karte sei aber kein Problem: Sobald Patienten sehen, wie sich ihre Patientenakte mit Daten füllt , sind sie von der Akte und dem Nutzen der eGK als Zugangsschlüssel überzeugt, berichtete Bauer. Seine Erfahrungen stimmen mit einer ersten Auswertung der Barmer überein, die ihren Versicherten eine Gesundheitsakte angeboten hatte: Auch dort sind es die Älteren, die sich über die Akte freuen und sie behalten. Nach Angaben des Knappschafts- Projektleiters ist aber auch Geduld beim Betreiber das erste Gebot: Zwar könne man bereits einen messbaren Netzerfolg von 8 bis 10 Prozent Einsparungen gegenüber der Papier-Kommunikation verzeichnen, doch das Projekt werde sich erst in 7 bis 10 Jahren amortisiert haben. (jk)