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Neue Motorengeneration mit zwei Liter Hubraum debütiert im X1 xDrive28i

BMW-Vierzylinder mit Turboaufladung

News sle/ggo

Während Audi schon lang auf Turbobenziner setzt, hat BMW keinen einzigen Vierzylinder-Ottomotor mit Turbo. Nun ändert sich das: Im X1 xDrive28i ersetzt ein aufgeladener Vierzylinder den Sechszylinder

München, 18. Januar 2011 – "Der neue BMW X1 xDrive28i" überschreibt BMW seine Meldung, bei der eigentlich vor allem der neue Motor interessant ist – der erste turboaufgeladene Vierzylinder-Benziner aus eigener Entwicklung. Zwar ist schon länger klar, dass BMW sich dem Downsizing-Trend, der fast untrennbar mit einer Aufladung verbunden ist, nicht verschließen wird, man hat sich aber Zeit gelassen. Der neue Motor hat nichts mit den Konstruktionen zu tun, die gemeinsam mit PSA entstanden, derzeit bei Mini verbaut werden und wohl als Übergangslösung auch im nächsten 1er. Vielmehr ist der Vierzylinder stark verwandt mit dem Reihen-Sechszylindermotor mit "TwinPower Turbo"-Technik und 225 kW/306 PS.

Die volle Packung

Wie dieser führt der Vierzylinder-Reihenmotor praktisch alle motorischen Maßnahmen zusammen, die einen Ottomotor derzeit effizienter machen können: weniger Zylinder und somit weniger Reibung, Direkteinspritzung, Variation von Ventilhub und Steuerzeiten, Twinscroll-Turbolader – das alles für einen Zweilitermotor, der 180 kW/245 PS leistet und, was wichtiger ist, ein Drehmoment von 350 Nm anzubieten hat. Dieses Technikpaket treibt ab dem Frühjahr den X1 xDrive28i an, anstelle des bisher eingesetzten Sechszylinders, der 258 PS leistete, aber als Sauger "nur" 310 Nm Drehmoment schaffte.

Kraft von unten

Wie bei modernen "Downsizing"-Motoren üblich – im technischen Sinne ist der Begriff angebracht – liegt das maximale Drehmoment früh an, nämlich bei 1250 U/min anstatt bei 2600 U/min wie beim Sechszylinder. Trotz der geringeren Leistung beschleunigt der X1 xDrive28i mit den Vierzylindermotor in sämtlichen Konfigurationen besser als der Vorgänger: 6,1 Sekunden mit Handschaltgetriebe, 6,5 Sekunden mit Achtgang-Automatik – der ausschließlich mit Sechsgang-Automatik gelieferte Vorgänger brauchte 6,8 Sekunden auf 100 km/h.

"Sparsame" Automatik

Weil gerade davon die Rede ist, ein paar Worte zu der Achtgang-Automatik: Laut BMW ist die kaum größer als die Vorgänger-Schaltbox und zeichnet sich durch eine außergewöhnlich geringe innere Reibung aus. Die zusätzlichen zwei Gänge erlauben zudem eine größere Spreizung, die einem geringeren Verbrauch ebenfalls zugute kommt. Im Schnitt genehmigt sich der der X1 xDrive28i mit beiden Getriebevarianten 7,9 Liter auf 100 km, mit Unterschieden im Detail: In der Stadt braucht der Automat 10,4 statt 9,9 Liter (Handschalter) – überland dreht sich das Bild, hier benötigt das Fahrzeug mit Automatik 6,4 statt 6,7 Liter Sprit. Den Vorteil in der Stadt dürfte der Handschalter zum Teil dem serienmäßigen Start-Stopp-System verdanken, für die Automatik gibt es bisher keines – die ZF-Automatik ist zwar technisch darauf ausgelegt [1], BMW verzichtet aber im X1 darauf, diese Möglichkeit zu nutzen.

Twinscroll-Turbo

Zurück zum neuen Vierzylindermotor mit 1997 cm3 Hubraum, der für manche BMW-Fans noch etwas gewöhnungsbedürftig sein mag. Mit seinen vier Zylindern und einem Vollaluminium-Kurbelgehäuse ist er besonders kompakt und leicht, was laut BMW auch einer geringeren Achslast und somit dem Fahrverhalten zugute kommen soll. Die Turboaufladung arbeitet nach dem Twinscroll-Prinzip, bei dem sowohl im Abgaskrümmer als auch im Turbolader selbst die Kanäle von jeweils zwei Zylindern voneinander getrennt sind. So wird die Dynamik der pulsierenden Gasströme besser genutzt, um die Laderschaufeln in Bewegung zu versetzen, was wiederum das Ansprechverhalten bei niedrigen Drehzahlen verbessert.

Valvetronic, Doppel-Vanos und Direkteinspritzung

Die variable Ventilsteuerung Valvetronic sowie die variable Nockenwellenverstellung für die Einlass- und Auslassseite (Doppel-Vanos) sorgen zudem für einen besseren Ladungswechsel [2]. Bei der Valvetronic wird der Hub der Einlassventile stufenlos geregelt – dies macht die Drosselklappe überflüssig und vermeidet somit die durch sie verursachten Drosselverluste. Dank Doppel-Vanos lässt sich zudem auf der Ein- und Auslassseite der Öffnungszeitpunkt der Ventile verschieben, wodurch sich je nach Lastzustand der Gaswechsel positiv beeinflussen lässt. Durch eine lange Überschneidung der Öffnung auf Ein- und Auslassseite lässt sich zum Beispiel erreichen, dass durch den Sog auf der Abgasseite mehr Frischgas angesaugt wird, was bei niedrigen Drehzahlen von Vorteil ist.

Direkteinspritzung

Wie bei fast allen Downsizing-Konzepten üblich, setzt BMW eine Direkteinspritzung ein, deren Magnetventil-Injektoren einen Druck von 200 bar erzeugen können. Dieser Wert ist angesichts der homogenen Gemischbildung wohl eher zweitrangig, entscheidend ist die kühlende Wirkung der Drekteinspritzung, die gerade in Verbindung mit einer Turboaufladung von Vorteil ist: Die Verdichtung kann höher ausgelegt werden, der Wirkungsgrad steigt.

Der erste seiner Generation

Obwohl BMW mit seinem "Downsizing"-Vierzylinder später kommt als etwa Audi, ist die Absicht nicht zu übersehen, fast sämtliche technische Maßnahmen in ein Paket zu packen, die aus heutiger Sicht einen Ottomotor sparsamer und kräftiger machen können. Billig kann dieser Motor nicht sein, dafür sind der Turbolader und die Ventilsteuerung zu aufwendig, die aus dem Rennsport inspirierte Materialwahl für das Kurbelgehäuse zu kostspielig. Doch immerhin gilt es, eine anspruchsvolle Kundschaft zu überzeugen, die vor noch nicht allzu langer Zeit Reihen-Sechszylindermotoren von BMW ganz selbstverständlich erwartete.

BMW läutet mit dem neuen Vierzylinder-Turbo den Generationswechsel bei den 2,0 Liter-Ottomotoren ein. Was der BMW X1 xDrive28i kostet, hat das Unternehmen noch nicht mitgeteilt. Noch mehr als das interessiert uns im Grunde, welche Leistungs- und Verbrauchswerte der Motor in Modellen wie dem 3er oder 1er wird bieten können. Dass er dort zum Einsatz kommt, bestätigen BMW-Sprecher natürlich nicht, so ist das eben.


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https://www.heise.de/-1171498

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Schnellstart-mit-dem-ZF-8-Gang-Automatikgetriebe-449963.html
[2] http://motorlexikon.de/?I=2014