Bauernproteste: Tata stoppt Bau der Nano-Fabrik

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Von
  • ggo

Tata Motors hat den Bau einer Fabrik für das Billigauto Nano im indischen Bundesstaat West Bengalen gestoppt. Grund seien anhaltende Proteste und „Agitation“ der Bevölkerung vor Ort. Tata prüft nun die Produktion des Nano in anderen Werken des Unternehmens und die Suche nach einem anderen Standort für die neue Fabrik. Nachdem das Unternehmen die Arbeit an der Fabrik fünf Tage lang ruhen lassen musste, glaubt es nach eigenen Angaben nicht mehr an eine Verbesserung der unkalkulierbaren Lage um das Gelände.

„Herausforderungen“ am vorgesehen Standort Singur habe es zu verschiedenen Zeitpunkten gegeben, doch seit 24. August seien viel Arbeiter nicht mehr auf der Baustelle erschienen und einige Berater aus dem Ausland abgereist. Seit 28. August sind die Arbeiten zum Stillstand gekommen Behinderungen, Einschüchterung und Konfrontation im Umfeld der Baustelle hätten dazu geführt, dass man einige erfahrene Manager nicht mehr überzeugen konnte, vor Ort zu wohnen und zu arbeiten. Auch einige Techniker, die bereits in der Region wohnten, hätte sich aus Angst davongemacht. Tata hat nach eigenen Angaben 762 Mitarbeiter aus der Region ausgebildet, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Mit den Arbeiten an der neuen Fabrik in Singur hatte Tata Anfang 2007 begonnen und seitdem umgerechnet rund 230 Millionen Euro investiert. Auf dem Höhepunkt der Arbeiten waren rund 4000 Mitarbeiter angestellt, davon einige hundert junge Leute aus der Region. Bei den Protestierenden handelte es sich vor allem um Bauern, die ihr Land zurückforderten oder eine höhere Entschädigung verlangten. Nach indischen Medienberichten hätten sie geklagt, unrechtmäßig enteignet worden zu sein, schrieb am 26. August die Financial Times Deutschland. Die Politikerin Mamata Banerjee hatte die Unzufriedenheit der Bauern offenbar früh als eine Chance für ihre Partei entdeckt. Die Gründerin der Trinamool Congress Party organisiert einen Protest gegen das Tata-Werk, der am 24. August „für unbestimmte Zeit“ begann. „Wir sind für die Industrialisierung, aber nicht auf Kosten der Bauern“

Teuer wird es nun auch für rund 60 Zulieferer, die sich nach Angaben von Tata um das geplante Werk herum angesiedelt haben. Auch deutsche Zulieferer wie Continental und Bosch sind erheblich mit Zulieferkomponenten am Nano beteiligt. Beiden kommt allerdings zugute, dass sie sich regional nicht an den Standort Singur gebunden haben. Sie können daher die weitere Entwicklung relativ gelassen abwarten. Ob Tata seinen Abzug aus Singur tatsächlich wahrmacht, wird sich indes zeigen müssen. Das Unternehmen hatte schon vor zwei Wochen mit dem Abzug gedroht, doch manchmal sind ja selbst endgültige Entscheidungen noch verhandelbar. Denn die Kosten eines Umzugs und Neuaufbaus wären gewaltig, zumal die Erschließungs- und Lohnkosten gerade bei einem Billigauto entscheidende Faktoren sind. Eines ist schon jetzt klar: Den geplanten Preis von 1750 Euro für den Nano wird Tata nicht annähernd halten können. (ggo)