Clarksons alte Unterhosen

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Letzten Sonntag lief die zweite Folge und zum Glück für die BBC und die Beteiligten macht sie alles besser. Evans entkrampft sich ein bisschen. Er zeigt im McLaren-Beitrag, dass er die Car-Porn-Beiträge auch kann. LeBlanc bringt mehr von seinem Stil ein. Das Produktionsteam hat gescheite Beiträge gescriptet, allen voran den herrlich gefilmten Hauptbeitrag mit SUVs in Südafrika. Die 23. Staffel von Top Gear zeigt also, dass das Konzept, das Andy Wilman und Jeremy Clarkson damals für den Relaunch von Top Gear (denn es gab ja schon damals ein "Old Top Gear") entwickelten, auch ohne die stilprägenden drei Moderatoren zieht: interessante Autos und interessante Menschen als Protagonisten einer aufwendig produzierten Unterhaltungssendung. Wer wissen will, ob sich Staffel 23 lohnt, sollte die scheußliche erste Folge skippen und die zweite anschauen. Da kratzt das Messer auch gelegentlich mal über den Teller, es unterhält aber insgesamt.

Chris Evans, Retter der Autounterhaltung

Auf etwas Neues darf man dort aber nicht hoffen. Viele Kommentatoren von der relativierenden Fraktion verglichen Evans' Top Gear mit Clarksons erster Folge 2002. Da quietschte es auch noch gehörig. Nur gab es einen riesigen Unterschied: Wilman und Clarkson versuchten etwas Neues, das unsere ganze Branche vitalisierte. Dieses Potenzial erkannten die Zuschauer schon in den ersten Folgen. Deshalb wurden es immer mehr. Bei Evans sahen viele Zuschauer am Anfang herein und wurden entäuscht vom Selben in Evans. Deshalb wurden es zur (ja besseren) zweiten Folge viel weniger. Es ist ja nicht so, als gäbs nix anderes Anzuschauen. In meinem Staffelpass liegt noch eine unsehene Folge Game of Thrones voll mit nackten Weibern, blutigen Schwertern und feuerspeienden Drachen. Mit solchen Krachern konkurriert Team Top Gear dieser Tage im Streaming, und Ausfälle wie der Staffelstart verfolgen einen in so einer Kultur lange.

Es wird schon laufen. Selbst die schwächer gezählte zweite Folge übertraf am Abend den BBC-Durchschnitt für diesen Slot. Top Gear als Marke und Show wird es noch lange geben. Die Formel läuft. Wenn sie gut läuft, finden Evans und die BBC vielleicht sogar den Mut, der Formel etwas Neues zu geben, sie abzuändern auf das neue Team. Frische Unterhosen für alle! Aber auch wenn nicht, gibt mir Evans Hoffnung: Da er das Format so vollständig und lückenlos übernommen hat, könnten sich Wilman, Clarkson, Hammond, May und wer da noch so alles zu Amazon mitging gezwungen fühlen, nicht auch noch einmal dasselbe zu produzieren. Vielleicht hat Chris Evans dafür gesorgt, dass es ein Top Gear wie immer (nur ohne Clarkson) gibt UND eine außergewöhnliche Alternative dazu. (cgl)