Das Ende der Drecksäue

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Der erste Streetfighter war sofort ausverkauft an die heiß sehnenden Fans. Doch die Sorge, dass diese Zielgruppe erstens gesättigt und zweitens am Aussterben sein könnte, hat offensichtlich auch Ducati gepackt. Ich könnte genau auf dieser Frequenz nüchtern weiter senden vom demographischen Wandel, von der Gesellschaftsentwicklung. Aber ich glaube, dass bei aller Liebe zur sanften Funktion, zum Fortschritt an sich doch sehr Vielen sehr viel fehlt, wenn erst die letzten Drecksäue aus den Neufahrzeugofferten verschwunden sind.

Das zeigt zum einen die Probefahrt auf den neuen Sanften. Die Aussage danach ist immer: "Fährt ganz erstaunlich. Aber ..." Aber was? Der Sagende weiß es oft genug selber nicht. Oft behilft er sich mit "... aber fährt fast schon zu gut". Denn irgendetwas fehlt. Natürlich fehlt in einem Golf nichts, wenn die neue Modellgeneration eine Schwäche der alten ausbügelt, wenn sie noch glattgeschliffener wird. Das gehört so, bei allen Nutzfahrzeugen. Bei Spaßfahrzeugen dagegen fühlen wir diese Leere so betont, weil das Erlebnis nicht irgendeine egale Kante ist, sondern ihre zentrale Existenzberechtigung. Wenn dort im aktuellen Tempo abgebaut wird, wie viel bleibt uns dann auf lange Sicht?

Bisher hielt ich dieses Gefühl für die Wehmut einer irrelevant kleinen Gruppe ohne nennenswerten ökonomischen Einfluss. Bye-bye, Drecksäue, war schön mit euch! Keiner will euch hier mehr haben. Doch dann stand ich dieser Tage an der Ampel im nächtlichen Stuttgart, als ein lautes, angenehm sonores Brummen ertönte. Ein Kollege fuhr vor mir über die Kreuzung, auf einer BMW S 1000 R. Diese Maschine ist laut, hart, zuckig und brutal. Sie verkauft sich wie geschnittene Semmelknödel. Wir sind nicht allein. Wir sind nicht ökonomisch irrelevant. Wir sind der treibende Kern jeder Spaßfahrzeugkundschaft. Baut also wieder mehr Drecksäue. Sie sind gut für alle. (cgl)