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Das schnellste Motorrad der Welt mit 300 PS kommt von Kawasaki

Luftpresshammer

Motorrad iga
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Kawasaki Heavy Industries verfügt neben der Motorradsparte unter anderem auch über eine für Turbinenbau und eine für Luftfahrttechnologie. Zusammen mit den Motorrad-Ingenieuren entwickelte man nun das stärkste Serienmotorrad der Welt

Köln, 7. Oktober 2014 – Manchmal ist es zweifellos von Vorteil, zu einem großen Konzern zu gehören. Kawasaki Heavy Industries verfügt neben der Motorradsparte unter anderem auch über eine für Turbinenbau und eine für Luftfahrttechnologie. Die Motorrad-Ingenieure haben dort angeklopft, ob man ihnen bei der Entwicklung des stärksten Serienmotorrads der Welt helfen könnte. Man konnte ...

Vier Flügel für das Blaue Band

Kawasaki wollte ein Ausrufezeichen setzen: Wir haben das schnellste Motorrad der Welt! Heraus kam die H2R, die aus einem 998-Kubik-Vierzylinder per Kompressoraufladung satte 300 PS presst. Die brachiale Leistung ist allerdings der reinen Rennstreckenversion vorbehalten, die auf der Intermot vorgestellt wurde. Der Serienableger wird mit rund 200 PS kommen und auf der EICMA Anfang November präsentiert werden.

Die Aufladung mit einem Kompressor ist bei einem Motorrad sinnvoll, weil er die Leistungs gutmütig quasi linear zur Drehzahl steigen lässt und im Gegensatz zu einem vom Abgas abhängigen Turbolader keine plötzliche Leistungseskalation erzeugt. Auch der Effekt einer verzögerten Gasannahme bei höherer Drehzahl ist einem Kompressormotor fremd. Derlei Eigenleben in der Motorcharakteristik kann ein Biker mit richtig viel Leistung am Gashahn bzw. Hinterrad noch weniger brauchen als ein Autofahrer. Im Extremfall legt es ihn in der Kurve durch unverhofft hohen oder unerwartet späten Leistungseinsatz am Hinterrad. Schon in den 30er Jahren waren Kompressormaschinen erfolgreich in der Rennszene [1].

Neue Wege bei der Steuerung lassen mittlerweile auch Turbolader ziemlich gut zähmen. Deshalb wagte sich nach vereinzelten Versuchen anderer Hersteller in den vergangenen Jahrzehnten, die Abgasverdichter in Serie zu bringen, erst kürzlich wieder Suzuki mit dem Turbo-Bike Recursion [2] an die Öffentlichkeit. Sie blieb allerdings eine Studie.

Auch die Aerodynamik wurde von Spezialisten des Konzerns mitgestaltet, um bei Topspeed den nötigen Abtrieb zu bekommen. Offenbar stammten die Aerodynamiker tatsächlich nicht aus der Motorradsparte, denn statt der gewohnten Spoiler verfügt sie über vier kleine Flügel aus CFK. Genauere Angaben über die Fahrleistungen machte Kawasaki noch nicht, aber das Blaue Band des schnellsten Bikes dürfte der H2R sicher sein.

Erstmals mit Einarmschwinge

Dabei weist sie die kompakten Ausmaße eines Supersportlers auf, man verzichtete bewusst auf die Pummeligkeit einer ZZR 1400. Interessanterweise verwendet Kawasaki bei der H2R keinen Aluminiumbrückenrahmen wie bei der ZX-10R, sondern einen Gitterrohrrahmen aus Stahl. Die Einarmschwinge verbaut Kawa zum ersten Mal an einem Sportbike. Zur Gewichtsreduzierung kam großzügig karbonfaserverstärkter Kunststoff zum Einsatz.

Die Namensgebung erfolgte in Angedenken an die legendäre Zweitakt-Kawasaki Mach IV H2, die bei ihrer Präsentation 1971 das stärkste Sportmotorrad war. Ihre Urahnin übertrifft sie in der Leistung um das Vierfache. Beim Preis hält sich Kawasaki bedeckt, er dürfte jedoch für die offene Variante sehr hoch sein.

Ob der Überflieger die Debatte über die Leistung von Motorrädern wieder anheizen wird? Darauf kann man wetten! Aber genau das hat die Kawasaki-Geschäftsführung auch bewusst in Kauf genommen. Auf jeden Fall wird so alle Welt erfahren, wer das stärkste Motorrad baut.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/BMWs-TT-Sieger-2217321.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Sauger-packt-ein-2065545.html