Eigene Wege II

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Seit 1967 hat man auch alle Bremsschläuche durch feste Bremsleitungen ersetzt, an der Hinterachse waren sie dazu mehrfach gewendelt geschützt im Hinterachsträger untergebracht worden, um die weiten Bewegungen der Schwingen mitmachen zu können, ohne zu brechen. Damit erreichte man ein direktes Bremsgefühl wie es sonst nur Rennwagen mit ihren Stahlflexleitungen bieten. Weiterer Vorteil: Gummibremsleitungen lassen im Gegensatz zu Leitungen mit der Zeit Wasser in die hygroskopische Bremsflüssigkeit übertreten und müssen nach ein paar Jahren getauscht werden – Bremsleitungen nur nach Beschädigung oder Korrosion (letzteres war das eigentliche Thema beim 2CV).

Die Zahnstangenlenkung ist ein anderes Beispiel für konstruktive Robustheit. Ihre Zahnstange ist nicht, wie seinerzeit üblich, an Spritzwand oder Rahmen angeschraubt. Ihr Gehäuse ist das massiv dicke Rohr, um das sich die vorderen Schwingen bewegen. Zahnstange und Lenk-Ritzel sind im quer über den Rahmen verschraubten Rohr gelagert, die Lenksäule ragt direkt und ohne ein Gelenk direkt daraus hervor. In Fahrtrichtung aus dem Rohr zeigen die Kugelköpfe der beiden Lenkspurstangen, welche die beiden Achsschenkel drehen, der Schlitz im Rohr, in dem sie sich bewegen, wird von einem Blech und einer Filz- oder Gummiauflage dahinter abgedichtet, fertig. Die sonst üblichen Gummimanschetten, die mit den Jahren porös werden, konnte man sich so sparen, die Zahnstange bleibt immer gut geschützt.

Heute im Toyota Land Cruiser HZJ

Wie in Lkw waren die Spurstangengelenke selbstnachstellend und konnten im Verschleißfall durch das Wechseln der Gleitsteine repariert werden. Solche Robust-Lösungen aus dem Landmaschinenbau gab es aus guten Gründen zuletzt nur noch in den Heavy-Duty-Ausführungen des Geländewagens Toyota Land Cruiser HZJ. Hier zeigte sich wieder die unbedingte Maxime der Robustheit und Reparierbarkeit.

Die Achsschenkel drehten sich, ebenfalls wie im Lkw-Bau üblich, in Gleitlagern um in die Schwingen eingepresste Achsschenkelbolzen. Eindeutig ein konstruktiver Schwachpunkt, weil unterdimensioniert: Wer sie nicht penibel alle 3000 Kilometer abschmierte, konnte ihrem Verschleiß förmlich zusehen. Gut, dass ihr Ersatz für jeden Dorfschmied mit Gefühl fürs Material ganz einfach zu bewältigen war – schlecht, dass viele normale Autowerkstätten damit oft überfordert waren.

Der Nachlaufwinkel ist mit ca. 14 Grad (modellabhängig) unbeladen extrem und erst in den 80er-Jahren gab es ähnlich große Winkel wieder bei Mercedes-Modellen wie dem 190er „Baby-Benz“ mit rund zehn Grad. Eingeschlagene Räder wirkten im Stand dadurch bei 2CV und Mercedes-Benz immer abenteuerlich gekippt. Im Falle des 2CV ging es aber nicht anders, denn sonst hätte seine Radaufhängung bei hängendem Heck, etwa durch eine hohe Hinterachslast, keine ausreichenden Rückstellkräfte mehr in die Lenkung gebracht. Der Grund: Wegen des Schwingendrehpunkts quer zur Fahrbahn variierte der Nachlauf, aufgrund der weiten Federwege tat er das sehr ausgeprägt. Der Fahrer empfand Rückstellkraft und Geradeauslauf generell als recht ausgeprägt bei leerem Auto – und war dann erst mal überrascht, wie „leicht“ die Lenkung bei vollem Auto wurde.

„Große Räder – kleine Hindernisse“

Galt schon für die ersten Baujahre mit ihren 400-Millimeter-Felgen (entsprechend 16 Zoll) der damalige Marketingspruch: „große Räder – kleine Hindernisse“, so wurde die spätere Ausrüstung mit 15-Zoll-Felgen dann durch die spätere Sonderausstattung mit 135R15-Reifen auch argen Geländepisten einigermaßen gerecht. Das Problem der 125er war weniger ihre Schlankheit, sondern vielmehr ihre verletzliche Flanke. Als eines der allerersten Autos überhaupt kam der 2CV mit Gürtelreifen heraus, deren Aufbau naturgemäß die Robustheit in der Lauffläche konzentriert. Das Auto zwar für Kolonien und Landwirtschaft gedacht, rollte aber mit ausgerechnet dafür nur mäßig geeigneten Reifen aus dem Werk. Der Grund soll die damalige Mehrheitsmacht bei Citroën von Michelin gewesen sein, wo man mit dem kleinen Massenauto den Gürtelreifen in großen Stückzahlen in den Markt drücken wollte – was letzlich ja auch gelang.

Fortgesetzt wird diese Geschichte mit einem Kapitel über die Antriebstechnik in einer weiteren Folge. (fpi)