Klartext: Alte Freunde

Eine Abendrunde im Jaguar F-Type SVR Coupé

Mit viel Aufwand hat Jaguars F-Type im SVR 25 kg verloren auf jetzt 1705 kg. Dazu kommt eine Mehrleistung von 25 PS. Schön dass auch der F-Type nicht mehr Erfolg im Fitnessstudio hat als wir alle

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 49 Kommentare lesen
Klartext 11 Bilder
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Mit Freunden soll man nicht über Politik reden, sagt man. Meistens denkt man da von allein daran. Das Bedürfnis nach Politisierung gräbt sich dann wie das Alien aus dem Bauchraum, wenn man mit Bekannten spricht, und dort entfaltet es auch das größte Potenzial, denn der Bekannte ist ja, anders als sein Name es vermuten ließe, nicht so bekannt wie, sagen wir: der Freund. Ich redete mich also letztens wieder in Rage gegenüber der Frau eines Bekannten, einer völlig Unbekannten also, und das Gute daran war nur, dass uns der Jaguar F-Type SVR erstens stark ablenkte und zweitens, wie immer in dieser Modellreihe, ohrenzerfetzend ballerte.

Meine erste Begegnung mit dem F-Type war bereits mit dem V8, damals im Cabrio. Alle sagten mir vorher, dass der V6 dicke ausreiche und so weiter, aber meine Erfahrungen mit dem, was alle sagen, ließen mich direkt den V8 ausleihen. Es war ein merk-würdiges Erlebnis. Im F-Type gipfelt Jaguars moderne Design-Linie, die mir von Anfang an gefallen hat. Mittlerweile bieten die Briten auch ein Update des Infotainment-Systems an: gleichmäßigere Hintergrundbeleuchtung, sattere Farben, kleinere Pixel. Aber kaufen wird man ihn weiterhin nicht wegen solcher Details, nicht wegen seiner Fertigkeiten, sondern für seine konkurrenzlose Coolness. Porsche baut bessere Fahrwerke. Aber niemand baut mehr liebenswerten Charakter in eine Karosserie. Und so politisch ambivalent das Thema auch sein mag: Keiner kracht lauter.

Ambition und Gewicht

Und jetzt das Coupé gleich als SVR-Version: 575 PS aus dem kompressoraufgeladenen Fünfliter-V8, 700 Nm, Allradantrieb, größerer Heckspoiler, breitere Schmiedefelgen, CMC-Bremsscheiben, Titan-Auspuffanlange plus die szeneübliche Dekoration aus klarlackierten CFK-Teilen. In diesem F-Type kommen treffen hohe Sportambitionen auf noch höheres Gewicht: 1705 kg Leergewicht. Das ganze Titan, die ganze Kohlefaser, das geschmiedete Alu, die Carbon-Keramik-Bremsen, das läppert sich insgesamt zu gerade einmal 25 kg Mindergewicht gegenüber der normalen Allradversion zusammen. Der SVR erinnert an diesen Kumpel, der ins teuerste Fitnessstudio rennt und nach drei Jahren stolz verkündet, er habe das Äquivalent eines Sonntagsstuhlgangs an Masse verloren. Doch in diesem einen Sonderfall ist mir das egal.

Der F-Type gehört zu den Fahrzeugen, deren numerische Werte praktisch keine Kaufrelevanz haben, wie viele Motorräder oder fast alle Sportwagen aus Italien. Wenn ich innere Werte will, kaufe ich einen Skoda. Die Leute, die einen Sportwagen fahren, wollen ja außer Fahrdynamik auch ein bisschen Extravaganz in ihrem Leben, etwas Besonderes, woran sich das Herz immer erfreut. Der Nachbar die Straße runter bei mir hat einen Allrad-F-Type. Dessen Garage steht häufig offen. Der Besitzer sagt, das sei zum Auslüften des noch neuen Gemäuers. Ich glaube aber, es ist auch, um sich an seinem Spielzeug selbst im Stand zu erfreuen.