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Zweitausfertigung

Erste Ausfahrt: Audi Q5

Fahrberichte Stefan Grundhoff, press-inform
Audi Q5

Eine erste kurze Ausfahrt mit dem neuen Audi Q5 offenbarte, dass er durchaus mehr als alter Wein in alten Schläuchen ist – denn technisch hat sich mehr getan, als es der zaghafte Fortschritt beim Design vermuten ließe

Ingolstadt, 6. Oktober 2016 – Zum „Zur Schautragen“ der aktuellen Automode taugt der neue Audi Q5 nur bedingt. Für Menschen, die ihre Nachbarn mit einem Neuwagen beeindrucken möchten, ist er nicht geeignet, denn der äußere Schein ist nahezu unverändert. Eine erste kurze Ausfahrt offenbarte jedoch, dass der zweite Q5 durchaus mehr als alter Wein in alten Schläuchen ist – denn technisch hat sich mehr getan, als es der zaghafte Fortschritt beim Design vermuten ließe.

A4 Cockpit

Deutliche Unterschiede zum erfolgreichen, zum Schluss aber arg ergrauten Vorgänger, werden vor allem im Innenraum deutlich. Eine ordentliche Verarbeitung und ein gewisses Gespür bei der Materialwahl zeichneten schon das alte Modell aus. Der Neue bekommt das Armaturenbrett aus dem A4, was erwartungsgemäß zeitgemäß wirkt. Wer mag und zahlt, bekommt nicht nur ein aufwendiges Navigationssystem mit einem bis zu 8,3 Zoll großen Bildschirm, sondern auch ein Head-up-Display und den schon bekannten Ersatz für ein klassisches Kombiinstrument in Form eines Displays. Das lässt sich in gewissen Grenzen konfigurieren, wobei die großflächige Anzeige der Navi-Karte dazu führt, dass Tacho und Drehzahlmesser sehr klein werden. Sehr weit nach außen gerückt sind auch die Anzeigen für die Temperatur des Kühlwassers und des Tankinhaltes. Sie sind nicht in das große Display eingebunden, sondern bleiben stets außen am Rand des Kombiinstrumentes.

Natürlich wurde die Infotainmentabteilung kräftig aufgestockt – der Kunde kann nun auch Dinge wie einen Wlan-Hotspot ordern, mit dem dann bis zu acht Geräte gleichzeitig online gehen können. In die Bedienung des teuersten Infotainmentsystems muss man sich etwas einarbeiten. Angesichts der heutigen Fülle an Funktionen geht es wohl nicht anders. Lautstärke, Telefon koppeln und Zieleingabe sollte meiner Ansicht in jedem modernen Auto ohne Anleitung klappen - der Q5 erfüllt zumindest diese Minimalanforderung.

Teures Komplettpaket

Neu im Q5 sind frei belegbare Favoritentasten – eine sehr gute Idee [1], die BMW vor geraumer Zeit hatte und nun endlich kopiert wurde. Vor dem Dreh-Drück-Steller ist ein vergleichsweise großes Touchfeld zu finden. Eine Preisliste gibt es für den Q5 noch nicht, eine Orientierung liefert aber jene für den A4: Wer das komplette Paket inklusive Soundsystem und zwei Tablets für die Hinterbänkler haben will, muss mehr als 8000 Euro zusätzlich einplanen.

Dagegen wirkt die Kombination „Assistenzpaket Stadt mit Assistenzpaket Parken“, das im A4 2340 Euro kostet, fast günstig. Darin enthalten sind allerlei Helfer, von denen manche tatsächlich hilfreich sein könnten. Wir werden diese Dinge bei einem folgenden Test näher beleuchten. Unser Testwagen hatte ein Luftfahrwerk – mit 2000 Euro eine ebenfalls nicht ganz billige Option. Der Q5 federt damit sehr komfortabel, selbst im Sportmodus ist das Ansprechverhalten der Federung ausgezeichnet. Der Audi Q5 erreicht damit erstmals ein ähnliches Niveau wie der Mercedes GLC [2]. Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben möchte: Adaptive Dämpfer wird es für rund die Hälfte geben.

Wandlerautomatik

Ebenfalls einen sehr guten Eindruck hinterließ der vorerst stärkste Dieselmotor. Im Q5 leistet der Dreiliter-V6 286 PS und bietet 620 Nm. Damit ist er minimal stärker als im A4, was keine Rolle spielt. Im Gegensatz zu den schwächeren Modellen gibt es hier einen permanenten Allradantrieb und eine Achtgang-Wandlerautomatik. Der große Selbstzünder dreht locker nach oben und hat mit der schon unbeladen rund 1,9 Tonnen schweren Fuhre kein Problem. Das Getriebe schaltete bei unserer Ausfahrt passend und unauffällig, ein Doppelkupplungsgetriebe haben wir nicht vermisst.

Leise geworden

Angetan waren wir von der Ruhe im Q5. Gegenüber dem bisherigen Modell fällt ein deutlich abgesenktes Geräuschniveau auf. Wie schon im A4 ist Audi hier ein großer Fortschritt gelungen – obwohl schon der Alte nicht wirklich laut war. Die Laufkultur des großen Dieselmotors dürfte im schwächeren Modell ähnlich gut sein. Mit 218 PS ist der schwere Q5 sicher ebenfalls gut ausgestattet – der starke Diesel dürfte daher wohl eher eine Randerscheinung bleiben. Im A4 haben alle Diesel einen SCR-Kat mit Adblue, im Q5 wird es kaum anders sein. Der Volkswagen-Konzern wird sich ein PR-Desaster wie beim Seat Ateca [3] sicher nur einmal leisten.

Fazit

Der zweite Audi Q5 ist leiser und federt mit dem teuren Luftfahrwerk angenehmer als sein erfolgreicher Vorgänger. Das Infotainmentsystem ist teuer und erfordert den Willen, sich in die Bedienung einzuarbeiten – ganz so, wie es bei der Konkurrenz eben auch ist. Der kräftige und leise V6-Diesel passt sehr gut zu dem Auto, wobei die Ausführung mit 218 PS sicher kaum schlechter sein wird. Sie dürfte dafür etwas günstiger sein. Wir würden das Aufgeld für den großen Motor eher in Extras investieren – Audi wird da wie gewohnt eine sehr große Spielwiese eröffnen. Die Preisliste für den A4 gibt einen ersten Vorgeschmack, was im Q5 möglich sein wird. Am Ende dürfte fast immer ein wahrlich teures Auto stehen, von dem nur die wenigsten Betrachter bemerken werden, dass es brandneu ist. Vielleicht wirkt genau das auf manche Interessenten besonders anziehend.


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[1] http://www.heise.de/autos/artikel/Intelligente-Loesungen-und-Ungereimtheiten-2762667.html?bild=3&view=bildergalerie
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Mercedes-GLC-250-3239842.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Produktion-gestoppt-Seat-Ateca-TDI-mit-zu-hohem-NOx-Wert-3329228.html