Meine Waschmaschine hat doch auch keinen Sportknopf

Es lebe der Sport (Button)

Das mit dem Sportknopf ist eine ungesunde Wucherung geworden. Ich möchte eine Welt, in der ich eine Autobroschüre lesen kann, ohne Ausschlag ... ich meine: ohne "Sport-Button" lesen zu müssen

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Von
  • Clemens Gleich
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Boxengasse Cartagena, ein Mietwagen mit Rennfahrer am Steuer. "Ich drücke jetzt den SPORT-Button, und dann wird es voll abgehen!", brüllt er. Dann steigt er aufs Gas. Nach fünf Metern noch auf dem Parkplatz ein Nothalt, weil die Insassen vor Lachtränen alle nichts mehr sehen. Das Auto piept empört und riecht sehr ungekühlt. Es gebärdet sich wie eine alte Katholin, die zum Casting einer Koch-Show wollte, aber irgendwie auf der Casting-Couch von "Gangbang am Ballermann XXIV" gelandet ist. Die Autoindustrie hat die prinzipiell interessante Idee "Sport-Button" mit der Zeit zuschind geritten. Wieso hat so eine adipöse Kuh von Auto einen "Sport"-Knopf – gerade im Hinblick auf den Fakt, dass im konkreten Fall ja "Peugeot" außen drauf stand? Meine Waschmaschine hat doch auch keinen Sportknopf, und ich würde dort auch keinen wollen, nicht mal für Sportsachen.

Vielleicht hat BMW deshalb in einer Sondersitzung der Marketing-Vollversammlung in deren Plenarsaal "Olympiahalle" den Sportknopf in "Fahrerlebnisschalter" umgetauft. Das lässt ja aufmerken beim Lesen: Huch! Fahrerlebnis! Was passiert denn, wenn ich diesen Schalter drücke? Gibt sich mein Einser dann in Zahlung und kauft mir eine Ducati? Doch so weit sind wir offenbar noch nicht. Die Schalterwippe wählt bei den Standardausstattungen nur zwischen normalem Motor-Ansprechen und einem NEFZ-Ansprechverhalten auf Valium, das mehr Tankreichweite herausholen soll. Weil Tankreichweite zuerst am Fahrer liegt, bräuchte ich persönlich diese Wippe nicht auf meiner Mittelkonsole, aber zumindest folgt der Ansatz seiner eigenen, arbiträren Logik, ohne jemandem wirklich wehzutun. Das ist aber nicht immer so.

Dazu muss man gar nicht das Eingangsbeispiel Peugeot erwähnen, sondern kann im Hause BMW bleiben. Als mir damals das Superbike S 1000 RR ausgehändigt wurde, regnete es. Ein wohlmeinender Mitarbeiter der BMW AG hatte deshalb das Setting "Rain" eingestellt, das so gut gemeint war, dass es gefährlich werden konnte. Es beschnitt das ohnehin nicht brachiale Drehmoment des Kurzhubers im unteren Drehzahlbereich derart krass, dass man an jedem Ampelstart mit dem Abwürgen kämpfte und an jedem Fahrzustandswechsel so ausholend am trägen Gasgriff drehte, als wäre es eine Pfeffermühle. Paradoxerweise war im späteren Test aus eben diesem Grund ausgerechnet der Modus "Race" der beste auch im Regen, weil der das exakteste Ansprechverhalten mit dem Wunsch verschiedener Tester nach vorhandenem Anfahrdrehmoment kombinierte.