Es lebe der Sport (Button)

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Oder der alte BMW M6 mit dem Zehnzylinder: Beim ersten Losfahren standen maximal 400 PS zur Verfügung, obwohl die Nennleistung des V10 bei 507 PS lag. Um die zu haben, musste man entweder den Hooligan-Knopf "M" drücken, der alles auf aggro schaltete, oder sich mit den Einstellungen im iDrive so intim beschäftigen, wie es sich das iDrive-Team von BMW wünscht, aber kein normaler Mensch aushält. Beides waren keine realistischen Optionen für die Kundschaft des M6 auf der Autobahn. Wenn ich von meinen 507 PS am Ende doch nur 400 möchte, habe ich dazu ein sogenanntes "Gaspedal". Ich brauche kein hierarchisches Menü vom Umfang eines zehn Jahre alten Windows-Startmenüs. Ebenso weigere ich mich prinzipiell, Wenigdrehmomentmodi bei 600-ccm-Hochdrehzahl-Motoren zu testen, die meistens auch "Rain" heißen. Diese Dinger haben eh wenig Drehmoment. Die Leistung kommt aus hoher Drehzahl. Es kann dem 600er-Fahrer also gar nicht passieren, dass ihn ein brutaler Leistungseinsatz überrascht, weil er die Leistung sehr bewusst durch einen Stepptanz auf dem Schalthebel abrufen muss.

Eigentlich bin ich ja dafür, Einstellungen am Fahrzeug vornehmen zu können. Noch wichtiger finde ich allerdings, vor allem im Hinblick auf die von Featureitis überforderte Kundschaft, dass es für diese Einstellungen ein vernünftiges Grund-Setup gibt und keine verwirrenden Knöpfe, deren Funktion bei nüchterner Betrachtung nur Marketing ist. Apple hat vorgeführt, dass uns Käufern eine einfach zugängliche Benutzerschnittstelle eminent wichtig ist. Ein 600er-Supersport-Motorrad braucht keinen Knopf für "Rain". Ein riesiger V10 braucht keinen Menüpunkt für "ja, ich möchte die bezahlte Nennleistung bitte auch abrufen können". Ein Peugeot braucht keinen Sport-Button.

Bei näherer Betrachtung gibt es überhaupt nur sehr wenige sinnvoll ausgeführte Sportknöpfe. Als Top Gear zum Beispiel die Rundenzeiten des aktuellen Golf GTI maß, kamen auf Sport, Normal und Komfort die gleichen Werte heraus. Die schnellste Zeit fiel um ein (vernachlässigbares) Zehntel ausgerechnet im Komfort-Modus, und das auf einer topfebenen Strecke, auf der das "Sport"-gehärtete Fahrwerk hätte punkten können sollen. Welch Potenzial zur Vereinfachung! Die Fahrwerkseinstellungsservos des DCC einfach weglassen, den Modus-Wahlschalter genauso, und stattdessen, VW, wie wäre das denn?, ein ESP-Aus-Knopf im GTI, der das ESP wirklich ausschaltet, anstatt nur so zu tun. Meinetwegen können wir den dann "Sport-Button" nennen. (cgl)