Gewaltlösung

Ferrari F40: Posterboy der Schulterpolster-Ära

Den Ferrari F40 gab es aus zwei Gründen. Zum einen, weil Ferrari sich erst eingebildet hatte ein Gruppe B-Auto bauen zu müssen, es dann aber nicht zu nutzen und zum anderen, weil Porsche die Italiener mit dem 959 rasierte. Rache musste auf die Straße

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Ferrari F40 13 Bilder
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn
Inhaltsverzeichnis

Jemand in der Chefetage wurde vom Blitz getroffen. Anders lässt sich diese Entscheidung nicht erklären. Naja, vielleicht noch über die Formel eins. Denn die 1980er Jahre waren nicht unbedingt das Jahrzehnt, das die Scuderia Ferrari nach vorne gebracht hat. Zwar konnte das Team 1982 und 1983 den Konstrukteurstitel holen, hatte jedoch in der Fahrerwertung mit Unglücken und Unvermögen zu kämpfen. Gilles Villeneuve starb 1982 bei einem Unfall mit Jochen Maas. Mitten im Kampf um die Meisterschaft musste außerdem Didier Pironi, der in der Gesamtwertung vorne lag, nach einem schweren Unfall mit Alain Prost seine Karriere beenden. In den kommenden Jahren sollte Ferrari seinen Ansprüchen hinterherfahren.

Auf jeden Fall kam in dieser Situation jemand bei Ferrari auf die Idee, den 288 GTO zu entwickeln. Der leistete 400 PS und kam auf eine Höchstgeschwindigkeit von 305 Stundenkilometern. Das nur zur Einordnung. Der Wagen hätte in der Gruppe B antreten sollen. Und die Frage ist erlaubt: Wozu? Und vielleicht, aber nur vielleicht, hat sich auch jemand in Ferraris Führungsriege diese Frage gestellt. Denn trotz Überschreiten der Homologationsmenge von 200 Stück (in Summe wurden 272 gefertigt) ging der Wagen nie an den Start. Auch am Zeitplan lag es eher nicht. Der 288 GTO wurde 1984 in Genf präsentiert, die Gruppe B wurde erst mit dem Ende der Saison 1986 eingestellt.

Das Rallyeauto

Zwei Dinge passierten dann bei Ferrari. Zum einen beschloss der Hersteller, dass die Gruppe B auch ohne die Italiener auskommen beziehungsweise eingestellt werden könnte. Zum anderen blies man den 288 GTO zum GTO Evoluzione auf. Der wurde zwar nur fünf Mal gebaut (vier normale, eine brutalisierte Rallyeversion), auch weil er als unfahrbar galt, bereitete aber den Weg zum Ferrari F40.

1986, Auftritt Enzo Ferrari. Ein eher emotionaler und zielorientierter Mensch. Diplomatie und Rationalität konnte ihm nie jemand vorwerfen oder nachweisen. Zwei Spitznamen hatte er: „il Commendatore“ und „il Drago“, also der Drache. Und diesen Mann reizte Porsche. Die hatten nämlich mittlerweile den 959 auf der Straße. Der Windkanal fräste das Heck dieses Autos zu einem einzigen Spoiler um, die Rennsport-Ableger zersägten 1985 und 1986 auf der Rallye Dakar die Konkurrenz. Zur Gruppe B reichte es nie, weil die Homologationsmenge aufgrund technischer Probleme nicht erreicht wurde bevor dieser Wettkampf eingestellt wurde.

Nichtsdestotrotz hatte Porsche 1986 das schnellste straßenzugelassene Serienauto auf dem Markt: 317 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. Und Ferrari? Keine Ahnung. Niemand kennt den Zweitplatzierten. Zusammengefasst: Da hätte Helmuth Bott, der Chefingenieur hinter dem Porsche 959, Enzo Ferrari auch gleich direkt ins Essen spucken können. Das wäre weniger aufwendig gewesen.

Ferrari F40: Modenas Rache

Enzo Ferrari jedenfalls rief ein Wettrüsten aus und forderte ein Fahrzeug, dass es mit dem 959 aufnehmen konnte. In dieser Situation – Achtung, der dramaturgische Kreis schließt sich – erinnerte man sich an den GTO Evoluzione.

Der musste nur noch fahrbar gemacht werden. Aus den bestehenden 2,8 Litern Hubraum, die sich auf acht Zylinder verteilten, wurden 2,9 Liter. Der Druck der beiden IHI-Turbolader wurde auf 1,1 bar erhöht, was die Leistung auf 478 PS pushte, das Drehmoment auf 577 Nm. Die Werksangaben waren entsprechend beeindruckend. Auf Tempo hundert sollte es der Wagen in nur 4,1 Sekunden schaffen, erst bei 324 Stundenkilometer hätte mit dem Vortrieb Schluss sein sollen. Der Tacho ging sicherheitshalber bis 360 – man weiß ja nie.

Zumindest rechnerisch überlegen konnte der Wagen am 21. Juli 1987 auf die Weltöffentlichkeit losgelassen werden. Also in dem Jahr, in dem die Marke ihren 40. Geburtstag feierte. Darauf angesprochen, von Gino Rancati, einem italienischen Journalisten, änderte Enzo Ferrari den Namen des Fahrzeugs von „Le Mans“ auf „F40“.