Ferrari: Luca di Montezemolo muss gehen

Die dauerhafte Ferrari-Krise in der Formel 1 hat Luca di Montezemolo den Präsidenten-Job gekostet. Alle Rettungsversuche für den Rennstall nützten dem 67-Jährigen nichts mehr. Am Mittwoch kündigte er seinen Rücktritt an

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Luca di Montezemolo, seit 1973 für Ferrari tätig, muss gehen. Fiat-Chef Sergio Marchionne macht ihn für die mäßigen Erfolge der jüngeren Vergangenheit verantwortlich. 4 Bilder
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Von
  • Martin Franz

Die dauerhafte Ferrari-Krise in der Motorsport-Königsklasse hat Luca di Montezemolo den Präsidenten-Job gekostet. Alle Rettungsversuche für den Rennstall, der als einziger seit WM-Beginn 1950 am Start steht, nützten dem 67-Jährigen nichts mehr, der den Posten seit 1991 innehatte. Am Mittwoch kündigte er – entgegen allen Beteuerungen und Bekenntnissen vom vergangenen Wochenende – seinen Rücktritt für den 13. Oktober 2014 an. Vorausgegangen waren Meinungsverschiedenheiten mit Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne. Der werde den Sportwagenbauer selbst leiten, um ihn in der Formel-1-Rennserie wieder in die Erfolgsspur zu führen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Ob die Rückkehr von Kimi Räikkönen, dem bis dato letzten Weltmeister am Steuer der legendären Roten Göttinnen, oder das Aus des im Fahrerlager ebenso beliebten wie angesehenen Teamchefs Stefano Domenicali oder von Motorenchef Luca Marmorini – Montezemolo versuchte alles, dem Mythos Ferrari in der Formel 1 mit Erfolgen neues Leben einzuhauchen. Ausgerechnet im Jahr der größten technischen Revolution der Formel 1 versagte Ferrari aber gemessen an seinen Ansprüchen. Nie war die Chance für die Hersteller größer: Motor bzw. die komplette hochkomplexe und hoch komplizierte Antriebseinheit sowie das Chassis konnten erstmals zusammen entwickelt und perfekt aufeinander abgestimmt werden – alles unter einem Dach. Mercedes gelang das mit Auszeichnung, Ferrari nicht.

In der Konstrukteurswertung rutschte Ferrari nach dem Auftritt beim Heimrennen in Monza mit dem vorzeitigen Aus für Fernando Alonso wegen eines technischen Defekts und dem neunten Rang für Räikkönen auf Platz vier ab. Überholt von Williams, dem britischen Privatteam, bei dem der einstige Ferrari-Fahrer Felipe Massa mit 33 Jahren noch einmal aufblüht.

In der Fahrerwertung ist Alonso Fünfter – mit 117 Punkten Rückstand auf WM-Spitzenreiter Nico Rosberg im Silberpfeil. Räikkönen hat unglaubliche 197 Zähler weniger als der Deutsche und ist Zehnter. „Seit sechs Jahren gewinnen wir nicht mehr, wir haben die besten Piloten der Welt und es kann nicht sein, dass wir zwischen dem 7. und 13. Platz starten“, hatte Fiat-Chef Marchionne am Rande des Großen Preises von Italien verlauten lassen und damit die Entlassung von di Montezemolo schon mal vorbereitet. Auch wenn der zuletzt erst einen Dreijahresvertrag unterschrieben hatte und Kampfgeist zeigte.

Montezemolos wirtschaftliche Ergebnisse seien sehr gut, „aber im Fall von Ferrari muss man auch die sportlichen Ergebnisse berücksichtigen“, hatte Marchionne betont. Noch mehr als bei allen anderen Teams ist die Formel 1 für die Edel-Sportwagenschmiede die große Marketing- und PR-Plattform. Umso ruhmreicher bleibt für Montezemolo die Zeit mit Michael Schumacher in Erinnerung. Er hatte den Kerpener nach dessen zwei WM-Titeln im Benetton zur Saison 1996 zur Scuderia geholt. Montezemolo formierte zudem mit Jean Todt als Teamchef und Ross Brawn als Technischer Direktor eine bis heute unerreicht erfolgreiche Mannschaft. 87 Rennsiege – von insgesamt 221 Grand-Prix-Erfolgen – holte Ferrari von 1996 bis einschließlich 2006, ehe Schumacher erstmals zurücktrat. Von 2000 bis Ende 2004 gewann Schumacher fünf Mal in Serie im Ferrari den WM-Titel. Es war die absolute Hochzeit von Ferrari.

Montezemolo, der 1990 Cheforganisator der Fußball-WM in Italien war, hatte auch schon 1975 und 1977 an Niki Laudas beiden Titeln im Ferrari einen maßgeblichen Anteil. Der rhetorisch grandiose Jurist, Studium in Rom und New York, war damals der jüngste Rennleiter in der Formel-1-Geschichte. 1973 hatte seine Karriere beim italienischen Autobauer als Assistent von Enzo Ferrari begonnen. Montezemolo gefiel sich stets auch öffentlich in der Rolle des Gegenspielers von Bernie Ecclestone – meist im Sinne des Geschäfts. 41 Jahre nach seinem Einstieg bei Ferrari ist die Ära des stets mit Stolz und Leidenschaft für die Marke aus Maranello kämpfenden Luca di Montezemolo vorbei. „Ferrari ist das wundervollste Unternehmen auf der Welt“, schrieb er zum Abschied.

(dpa) (mfz)