Häuptling roter Kopf

Ferrari Testarossa: Häuptling roter Kopf

Der Ferrari Testarossa verkörpert die 1980er Jahre wie nur wenige andere Autos. Hätte sich Ferrari auf diesem Ruhm nicht ausgeruht, hätten sie heute noch die Namensrechte. Doch es kam anders

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Ferrari Testarossa 8 Bilder

(Bild: Ferrari)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn
Inhaltsverzeichnis

Insignie des Problems ist, dass jeder bei der Nennung des Autos „Ferrari Testarossa“ an Miami Vice denkt. Diese Serie ist, bei allem nötigen Respekt, mittlerweile 34 Jahre alt und gilt dennoch als Image-Höhepunkt des Ferrari Testarossa. Es täte Sportwagen gut, wären sie für Motorsporterfolge, Innovationen oder wenigstens exzentrische Entgleisungen ihrer Erfinder oder Besitzer bekannt. Am letzten Punkt gibt es nichts zu diskutieren – es waren die Beaus und Playboys, die Sportwagen berühmt und zu einem Geschäftsmodell machten. Doch einen solchen Glücksfall wirft das Schicksal nicht jedem Modell aufs Dach.

Beim Ferrari Testarossa war es die schiere Not, die den Wagen ins Fernsehen brachte. Ferrari hatte – mal wieder – Probleme an allen Fronten (Motorsport, Finanzen, Sicherheits- und Abgasbestimmungen...) und brauchte dringend einen Erfolg. Miami Vice war so ein Erfolg. Doch in der Serie fuhr Sonny Crockett zunächst die Replika eines 365 GTS/4 Daytona Spider (Chevrolet Corvette Basis). Diese in den USA sehr beliebten Replikas waren Ferrari ein Dorn im Auge. Und so bekam das Filmstudio einen weißen Ferrari Testarossa vor die Tür gestellt. Die Replika sprengten sie dafür am Ende der zweiten Staffel in die Luft. Fortan fuhr Crockett ein Original.

Ferrari Testarossa und die Popkultur

Der Hype, der schon vorher um den Ferrari Testarossa eingesetzt hatte, nahm damit Fahrt auf. Endete aber abrupt, als 1996 die Produktion eingestellt wurde. Fortan war es halt das Auto aus Miami Vice – Sammler und Fans zahlen viel Geld, Ferrari war das Fahrzeug aber egal.

Dabei hätte es genug Anlässe gegeben, den Namen aufleben zu lassen. Die Serie Red Oaks (2014-2017) mag keine Wurst vom Teller ziehen, ist aber eine liebevolle Hommage an die 1980er-Jahre und wird dafür von Kritikern sehr gelobt. Hier wird ein Ferrari Testarossa bewegt. Genauso wie in „The Wolf of Wall Street“ (2013) und „Straight outta Compton“ (2015) – eine mit Preisen überhäufte und kommerziell sehr erfolgreiche Filmbiografie über die Hip-Hop-Crew N.W.A. („Niggas Wit’ Attitudes“). Der Vollständigkeit halber: Auch in „Dieter“ (2006), ein Zeichentrickfilm über Dieter Bohlen, fährt der Musiker einen Testarossa.

Doch anders als bei Miami Vice hatte Ferrari mit diesen Einflüssen in der Popkultur nichts zu tun. Die Marke hat im Sommer 2017 die Namensrechte für „Testarossa“ aufgrund eines Urteils des Düsseldorfer Landgerichtes verloren. Der Grund dafür, laut Gerichtssprecherin: „Eine Marke muss genutzt werden, damit sie geschützt bleibt. Das hat das Unternehmen hier nicht getan.“ Das Urteil fiel nicht einfach so, sondern weil Kurt Hesse, ein Spielzeugfabrikant, geklagt hatte. Ihm gehört die Produktion der Carrera-Rennbahnen. Für die Verwendung des Namens „Testarossa“ musste er bislang Lizenzgebühren zahlen. Die entfallen seitdem. Außerdem sollen Fahrräder, E-Bikes und Rasierer unter diesem Namen entstehen.

Anfang und Ende des Kultnamens

Es ist das vorerst traurige Ende dieses Kultnamens in der Hand der italienischen Marke. Ein Name, der seine Wurzeln im Jahr 1955 hat. Damals steckte den Italienern die Niederlage gegen Mercedes in der Sportwagen-Weltmeisterschaft in den Knochen und ein Nachfolger für den Ferrari 500 Mondial musste her. Dessen Schwachpunkt war der Motor. So gab es einen neuen. Einen Reihenvierzylinder mit rot lackierten Zylinderköpfen. Die brachten ihm den Namen Testa Rossa ein – damals noch korrekt geschrieben, nämlich auseinander – und der Wagen hieß fortan Ferrari 500TR.

Lieber erinnern sich Fans allerdings an den Ferrari 250 Testa Rossa. Der wurde 1957 nötig, weil eine Regeländerung in der Sportwagenweltmeisterschaft eine Hubraumobergrenze von drei Litern vorsah. Ferrari nahm den Reihenvierzylinder vom 500TR und machte daraus einen Dreiliter-V12. Das letzte Fahrzeug dieser Baureihe, ein verlängerter 330TR/LM, gewann 1962 Le Mans. Wegen derartiger Erfolge und der Zylinderzahl wird oft lieber auf den 250er als Urahn des „Testarossa“ verwiesen.