zurück zum Artikel

BMWs 4er hat die Qualität, den Fahrer ganz für den fahrdynamischen Moment einzunehmen

Ganz im Vier und Jetzt

Fahrberichte Florian Pillau

Der neue BMW 4er ist nicht nur schön, er macht auch richtig Spaß. Das neue Coupé bezieht einen ein ins Hier und Jetzt des Fahrens: Mit hoher Präzision geht das Coupé um die Kurven, die Bedienung macht Spaß. Motor, Lenkung, Straßenlage können überzeugen

Lissabon, 22. Juli 2013 – Die Vier ist wohlverdient, denn mit dem 4er hat BMW nicht etwa einfach nur eine Coupé- und Cabrioversion des 3er auf die Straße gebracht. Das Auto nutzt zwar dessen Basis in großen Teilen, wurde technisch aber mindestens genauso dynamisiert wie optisch. Das kann man auf der Probefahrt gut spüren: Das neue Coupé bezieht einen ein ins Hier und Jetzt des Fahrens.

Technisch und optisch anders

An die Optik des 4ers gewöhnt man sich gern. Die Proportionen sind elegant, Front und Interieur in ähnlicher Form vom 3er bekannt. Das Coupé ist ab Oktober dieses Jahres erhältlich, das Cabrio folgt Anfang 2014. BMW begründet die Namensänderung mit einer stärkeren technischen Differenzierung zum 3er, die neue Zahl darf wohl aber auch der Übersichtlichkeit dienen, wenn die Modellpalette in den kommenden Jahren um völlig neue Karosserievarianten erweitert wird.

Die technische und optische Differenzierung lässt sich BMW mit gut 2000 Euro Aufpreis gegenüber der 3er Limousine vergüten. Das erscheint wenig angesichts der tiefgreifenden Umbauarbeiten: Adrian van Hooydonk, Chefzeichner bei BMW, sagt, er musste sich mit seinem Entwurf erst einmal gegen die Ingenieure durchsetzen, weil die von ihm verlangten kürzeren Überhänge und breiteren Flanken eine Streckung des Radstands erforderten. Er hat sie bekommen. Der 4er hat einen 50 Millimeter längeren Radstand, ist aber nur 26 Millimeter länger als das auslaufende 3er Coupé. Damit erreichte van Hooydonk einen besonders kurzen vorderen Überhang. In der Breite kamen 43 Millimeter hinzu. Erstmals markiert der Radlauf hinten die breiteste Stelle des Fahrzeugs, die hintere Spur wuchs um satte 80 Millimeter an. Derart proportioniert steht der 4er betont sportlich auf dem Asphalt. Dazu trägt die im Sinne des Coupégedankens abgesenkte Dachlinie bei.

Nicht gerade ein Fernreisemobil

Ergonomisch sehr gelungene Sportsitze sind beim von uns gefahrenen 435i Serie. Das Platzangebot ähnelt dem der Limousine, man sitzt jedoch deutlich näher am Asphalt. Etwas beengter geht es im Fond zu. Doch selbst wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag, die Kopffreiheit ist akzeptabel und auch die Knie passen hinter die Lehnen der Vordersitze – auf langen Strecken dürften sich zumindest größer gewachsene Personen trotzdem recht eingeengt fühlen. Macht nichts, wer ein Reisemobil wünscht, möge zum 3er GT greifen.

Auf Wunsch ist jede Menge Assistenz- und Unterhaltungssysteme erhältlich. Ein Head-up-Display lässt den Fahrer seltener den Blick von der Straße abwenden. Der Driving Assistant Plus warnt vor Kollisionen mit Fußgängern. Internet und Diktierfunktion machen das Fahrzeug zum mobilen Büro. Serienmäßig ist der 4er mit einer Start-Stopp-Automatik ausgestattet, als erstes BMW-Modell in diesem Segment gibt es das Coupé mit LED-Scheinwerfern.

Elastisch

Der von uns gefahrene 435i beweist die Vorteile eine niedrigen Schwerpunkts auf beeindruckende Weise: Zehn Millimeter tiefer als die Limousine liegt das Coupé nochmal spürbar satter auf der Straße und nimmt jede Kurve völlig unbeeindruckt. Die Souveränität wird weiter gesteigert durch die breitere Spur der Hinterachse. Das Fahrwerk ist merklich straffer, aber keineswegs ohne Komfort, die Lenkung reagiert unmittelbar und sensibel auf Befehle. Insgesamt macht der 1600 Kilo schwere BMW einen unglaublich agilen und fein ausbalancierten Eindruck. Dazu passt der Sechszylinder. Seine 400 Nm liegen bereits bei 1250 Umdrehungen an – also früher als bei vielen Dieselmotoren – die höchste Leistung liefert er aber erst bei 5800/min. Elastischer geht es kaum und der Fahrpaß ist entsprechend. Die Automatik ergänzt den Motor kongenial und legt – meist unmerklich – die richtigen Stufen vor.

Die Bandbreite des Antriebs ist hoch und lässt zwei einstellbare Extreme zu: "Eco-Pro" und "Sport". Der Eco-Pro-Modus unterstützt den Fahrer beim sparsamen Fahren. Je nach Fahrsituation liefert die Elektronik Tipps für eine möglichst verbrauchsfreundliche Fahrweise, in Verbindung mit dem optionalen Automatikgetriebe steht ein Segelmodus zur Verfügung. Bei Geschwindigkeiten zwischen 50 und 160 km/h wird dabei der Antriebsstrang abgekoppelt, sobald der Fahrer den Fuß vom Gas nimmt. Dann gleitet das Fahrzeug mit minimalem Spritverbrauch über die Straße.

Auch, wenn der Modus "Eco-Pro" heißt, kann in ihm sportlicher Ehrgeiz im Spritsparen aufkommen. Die "echte" Sport-Einstellung ist gewissermaßen das Gegenteil des Eco-Pro-Modus: In ihr setzt das Coupé die Gasbefehle des Piloten noch spontaner in Vortrieb um, die Lenkung wird direkter, die Schaltpunkte der Achtgang-Automatik sind deutlich sportlicher ausgeprägt.

Start im Oktober 2013

Zum Marktstart im Oktober 2013 kommen die 4er zunächst mit den vom 3er bekannten, kräftigeren Motoren heraus: Der Vierzylinder-Turbo mit 245 PS im 428i und ein 306 PS starker Reihensechszylinder im 435i. Dazu kommt der Einstiegsdiesel 420d, der 184 PS leistet und mit durchschnittlich 4,7 Liter das sparsamste Aggregat ist. Voraussichtlich ab November gesellen sich dazu der ebenfalls 184 PS starke kleine Ottomotor im 420i und zwei größere Selbstzünder mit 258 PS (430d) und 313 PS (435d xDrive). Letzterer verfügt serienmäßig über Allradantrieb. Die Preisliste beginnt mit 35.750 Euro für den später erhältlichen Einstiegsbenziner, für den von uns getesteten 435i müssen mindestens 47.800 Euro auf den Tisch gelegt werden.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1920704