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Jaguar XJ Serie 1: Linie Liebreiz

Der Jaguar XJ Serie 1 zeigt, dass Limousinen so viel mehr sein können als Nutzwert, Prestige, Luxus oder Bequemlichkeit. Zum Beispiel erhaben sein über das Skeptiker-Geschwafel, dass auch dieses Auto nur von A nach B fahre. Eine Liebeserklärung

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Jaguar XJ Serie 1 7 Bilder
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Von
  • Bernd Kirchhahn
Inhaltsverzeichnis

Der Jaguar XJ Serie 1 zeigt, dass Limousinen so viel mehr sein können als Nutzwert, Prestige, Luxus oder Bequemlichkeit. Zum Beispiel erhaben sein über das Skeptiker-Geschwafel, dass auch dieses Auto nur von A nach B fahre. Eine Liebeserklärung.

Für Schönheit braucht es kein sehendes Auge, weil Schönheit nicht allgemein gültig ist. Für Schönheit braucht der Schöpfer Empfinden. Schönheit lässt sich nicht auf Formenverständnis reduzieren, sie ist mehr als das bloße Zusammenspiel wilder Vokabeln wie Dynamik oder Wucht, Schwung und Ästhetik. Ließe sich Schönheit in Worte fassen, sie wäre nicht so erhaben über andere Kriterien, die sich im Gegensatz zu ihr in Werte und Worte wandeln lassen. Schönheit entschuldigt alles.

Und Sir William Lyons, der brachte uns Schönheit, die überdauert. Er entwarf den Jaguar XJ Serie 1. Vorweg: Lyons erschuf auch den Jaguar XK 120 und den E-Type – unbestrittene Meilensteine, zeitlose Legenden, ja automobile Gottheiten. Aber durch die Prahl-Stahl Attitüde heutiger Autobauer – egal ob aus Indien, Deutschland, Japan oder USA – blüht der erste Jaguar XJ derzeit neu auf.

Er verströmt gerade jetzt den Duft von Liebreiz und stellt sich damit in Opposition zum Macho-Gehabe und Testosteron-Gedünste der Schießschartenfenster-Fraktion. Dieser aktuelle Vergleich ist es, der ihm – und sei es nur für diesen Augenblick – den Ruhm zu Teil werden lassen soll der ihm gebührt und ihn kurz über E-Type und XK 120 erhebt. Als ganz subjektive Momentaufnahme versteht sich.

Lyons hatte keinen einfachen Job. 1933 hatte er die S.S. Cars Ltd. Gegründet – die Marke, aus der 1945 Jaguar werden sollte. Die Firma gab es, damit Lyons den S.S., seinen selbst entwickelten Wagen, vertreiben konnte. Sollte Ihnen beim Lesen dieser Zeilen unbehaglich werden, wird vielleicht deutlich wie dringend notwendig 1945 eine Namensänderung war.

Schon beim S.S. versuchte Lyons seine Idee von Schönheit umzusetzen. Er versuchte flache Chassis zu bekommen, die seinen Geschmack trafen, konnte sich aber keine Kleinserien leisten. Er verhandelte deswegen mit den Großserienherstellern, die jedoch keinen Markt sahen. Außer Lyons würde niemand diese Duckmäuschen-Bleche haben wollen, glaubten sie. Damals wie heute war Protz gefragt, er sah eben nur anders aus. Hochgestellter, kantiger, eckiger.

Das Schönste oder nichts

Für Lyons ein Unding. Aus dem S.S. machte er trotz der widrigen Umstände – mal abgesehen davon, dass ein Weltkrieg kurz bevorstand, fehlte es schlicht an finanziellen Mitteln – ein wunderschönes Auto. Der S.S. 1 Airline, also die luxuriöse Fließheck-Variante seiner Limousine, würde heute dem Gesamtbild jeder Autosammlung gut tun. Allein der Motor konnte die Leistung nicht liefern, die das Design versprach.

Wie muss sich das für Lyons angefühlt haben? Vielleicht wie eine zu kurze Decke, bei der die Füße kalt werden, wenn sie die Schultern wärmt. Vielleicht wie eine juckende Nase, wenn beide Arme im Gips sind. Er wusste was zu tun war, allein ihm fehlten die Mittel.

Bis 1948. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt. Schönheit zu Papier zu bringen war für ihn kein Problem. Doch diesmal stimmte auch der Motor. Der 3,4-Liter Sechszylinder für den XK 120 hatte halbkugelförmige Brennräume und zwei obenliegende Nockenwellen. Das Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt eines der schnellsten Serienfahrzeuge der Welt. Ein Aggregat auf das er Image, Ruf und Portfolio seiner Marke aufbauen konnte.

Für Jaguar folgten goldene Jahre. Mit Siegen in Le Mans, bei der Rallye Monte Carlo und den Tourenwagen. Und natürlich mit der Präsentation des E-Type. Jaguar hatte einen guten Ruf und musste sich, im Vergleich zu späteren Jahren, keine Sorgen machen, pleite zu gehen. Dass dies ein halbes Jahrhundert später erwähnenswert ist, auch, weil es sich schnell änderte, zeigt, wie „unerbittlich Geschichte“, vulgo „inkompetent das Management“, sein kann.

E-Type mit vier TĂĽren

1968 präsentierte Jaguar dann den XJ Serie 1. Es sollte das letzte Fahrzeug sein, das unter der Leitung von Lyons entstand – auch wenn er noch bis 1972 Aufsichtsratsvorsitzender sein sollte. Der XJ war die Verkörperung dessen, für was die Marke stand. Das autogewordene Vision-Statement. Hochwertige Limousinen zu einem guten Preis. Doch der XJ war mehr, er hob diesen Anspruch auf ein völlig neues Level.

Vom Start weg gab es den XJ in zwei Varianten. Entweder mit 2,8 (149 PS) oder 4,2 Liter Hubraum (185 PS). Derart motorisiert löste der Wagen eine Reihe von Modellen ab. Der 340, der S-Type und der 420 wurden fast umgehend eingestellt. Der 240 sowie die Daimler-Modelle 250 V8 und 420 G liefen noch kurz weiter, bevor auch sie dem XJ Platz machen mussten. Zu Recht.