In Deutschlands merkwürdigster Umweltzone klingeln die Alarme

Klartext: Alarm, Alarm!

Der Feinstaubalarm gehört mittlerweile zu Stuttgart wie das seltsame Bahnhofsprojekt. Er bimmelt vor sich hin, die Politiker reden viel und kommen zu Schlüssen wie "Moos", "feucht wischen" oder "Blaue Zone"

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Es ist wieder mal Feinstaubalarm in Benztown. Man solle bitte die Öffis nehmen, die zu diesem Anlass halb so viel kosten wie üblich. Irgendjemand faselt wieder was vom Elektroauto. Mir schwamm jetzt ein Artikel vors Visier, der fünf Jahre alt ist, aber genauso von gestern, morgen, übermorgen oder heute sein könnte. Darin steht, warum die Umweltzonen nichts bringen. Der arme Kassandrist, der das schrieb, hat sicherlich schon vor Gründung der Umweltzonen mit genau denselben Argumenten gewarnt, die genauso wegignoriert wurden wie ein peinlicher Furz einer Very Important Person. Man kann nichts dagegen sagen. Man sagt nichts dafür. Man schaut auf seine Schuhe und oxidiert still vor sich hin, bis die schlimmste Peinlichkeit vergangen ist. Was mit dem Umweltzonenkassandristen geht, funktioniert mit den Zonen selber leider nicht. Die sind hier, um zu bleiben. Obwohl sie wirklich nichts bringen außer Ärger.

Das Grundproblem ist schnell erklärt: Der fiese Feinstaub, der an diesen Stationen gemessen wird, taugt wenig als Messgröße zu Luftreinhaltungsmaßnahmen, die über Motorengesetzgebungen erreicht werden sollen – ganz einfach deshalb, weil Feinstaub zu über 80 Prozent aus der Bewegung der Räder entsteht, aus Gummiabrieb, Aufwirbelung, Bremsstaub. Da schreit wieder ein Politiker danach, dass Pendler sich doch den Kuchen des Elektrofahrzeugs kaufen sollen, wenn man ihnen das giftige Brot des Dieselmotors verbietet. Das zeugt einerseits von völliger Abgehobenheit von der Bevölkerung, andererseits von Hilflosigkeit, denn alle aktuellen Elektroautos rollen genauso auf Reifen wie die TDI-Armada.

Weniger Feinstaub, mehr Stickoxid

Zusätzlich hat die Politik mit den Umweltzonen maßgeblich zur Stickoxid-Problematik beigetragen. Der Dieselmotor früher rußte. Das wollte man in den Städten nicht mehr, also mussten die Heizölporsches einen Partikelfilter mitbringen zum Einkaufen in der Zone. Diese anders konstruierten Motoren stießen allerdings mehr NOx aus, und wie wir wissen, kriegte man damals noch Temperaturfenster zugelassen, bei denen der Hersteller die NOx-Nachbereitung teilweise schon bei unter 17° C einfach abschaltete. Die Feinstaubwerte gingen also nicht signifikant herunter (denn der moderne Diesel fährt genauso auf Gummi wie ein Elektroauto), dafür gingen die Stickoxidwerte hinauf. Den Minderstaub der Diesel glichen moderne Benziner aus. Die sollen in den nächsten Jahren daher auch mit Filter in die Stadt. Bringen wird auch das nichts.

Jetzt liegen wieder lauter Vorschläge vor. Man solle die Stadt mit mehr Moos verkleiden, denn Moos schluckt Staub. Klingt nach einem verzweifelten Feigenblatt. Lustig die typisch Stuttgarterische Idee, die Straßen öfter feucht zu wischen, wie es schon seit langer Zeit in den Fußgängerzonen passiert. Man könnte natürlich immer verbieten, dass Menschen in die Stadt fahren.