Die verlorene Ehre der Katharina Autoindustrie

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Volkswagen hat es damals nicht geschafft, ihren Diesel zu einem für sie vertretbaren Preis sauberzukriegen, ohne zu betrügen. Das gaben sie zu. Mehr noch: Volkswagen kriecht zu Kreuze, wie noch nie ein Autohersteller zu Kreuze kroch, aber die Ehre, ach, die ist dahin, denn wer ersetzt mir jetzt den Wertverlust meines VW? Niemand. Von meinen Aktien will ich gar nicht sprechen. Anzeige ist raus. Staatsanwaltschaft ermittelt.

Moralische Säuberungen

Sofort hat Wolfsburg moralische Säuberungsaktionen angekündigt, wie jedes Mal, wenn egal welche Firma bei egal was für einer Straftat ertappt wird. "Das war das alte GM", sagte Mary Barra immer, wenn es um Konzernkultur ging. Das Alte soll hinter uns im Dieselruß verblassen, denn wir gehen nach vorne, und das neue GM, der neue Volkswagen-Konzern, sie werden strahlen ob der Weißheit der kollektiven Mitarbeiterwesten! Das Böse wird mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Es wird keine Kostengrenzen im Pflichtenheft mehr geben. Das Beste oder nichts! Was technisch machbar ist, wird gemacht, schließlich arbeitet Volkswagen nur für das Wohl der Allgemeinheit und nicht etwa den Gewinn der Aktienanleger oder gar die Zufriedenheit der Endkunden. Das Elektroauto soll fürderhin in eine Zukunft entwickelt werden, die selbst noch entwickelt werden muss, damit es perfekt dasteht, sobald diese Zukunft zur Gegenwart wird. Die Verständigung mit allen Religionsoberhäuptern soll gesucht werden, auf dass sie die Götter gnädig stimmen für den nächsten Dieselgolf. Dirk Müller soll in den Vorstand berufen werden, aber erst nach einer Geschlechtsumwandlung, auf dass seine führende Hand weiblicher, weicher, weniger wirtschaftskriegerisch werde. Denn das Auto soll konstruiert werden, das selbst Jan Fleischhauer nicht verschmähen wird – in rosa-grün, mit Titten drauf.

Nichts davon wird passieren. Es wird ein bisschen ermittelt werden, es werden ein paar Leute auf die Finger bekommen ("Du, du! Aufhören."), und schließlich wird das Leben weitergehen, größtenteils wie vorher. Deutschland ist das Land der Realpolitik, und wenn man die römischen Geschichtsschreiber liest, erhält man den Eindruck, dass schon die Germanen vor 2000 Jahren dergestalt politisch pragmatisch agierten. Vielleicht liegt es am Wetter, das die Römer so gern beklagten, die klimatischen Weicheier, oder es hat sich als sinnvolles Verhalten bis heute durchgesetzt. Was folgte denn nach dem großen Krieg 1945? Es rollten ein paar Köpfe, damit etwas getan war, aber danach musste die Maschine weiterlaufen, also blieben die meisten Hebel- und Strippenzieher an den Plätzen, an denen sie schon für die NSDAP hebelten und zogen. Das war ja die große Kritik der 68er, aber sie hatten halt auch keine Antworten, nur Laberrunden und Bomben.