Fahrzeuge sollten gefahren werden

Fahr-Zeuge

Ich habe meine KTM 690 Duke verkauft. Aus irgendeinem irrationalen Grund war ich sehr froh, dass sie an einen Käufer ging, der wahrscheinlich viel damit fahren wird. Warum ist das so?

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Die Tage habe ich meine KTM 690 Duke verkauft. Es stellte sich heraus, dass es doch ein besseres Kraftrad für die kleinen Pisten im Schwarzwald, auf der Alb oder in den Vogesen gibt. Es heißt: "KTM 690 Duke R" und kommt am Montag. Wir werden das Gerät hier dann noch einmal diskutieren. Jetzt geht es um die alte Duke. Aus irgendwelchen irrationalen Gründen war mir nämlich wichtig, dass sie auch künftig gefahren wird statt herumzustehen.

Es war bestimmt keine neue Emotion. Eins der interessantesten Motorräder überhaupt gab mir (zusammen mit Stunt-Vorführungen) den Anlass, selbst den Führerschein zu bestehen: die Buell XB9R Firebolt. Der verrückte Erik Buell musste ein Sportmotorrad mit einem Traktormotor bauen, denn er lebte zu dieser Zeit unter den Fittichen von Harley-Davidson, einem großen Hersteller von Bekleidung, der auch Motorräder fertigt. Damit das trotz eines Motors, dessen Kurbelwellenwangen messbare Gravitationswellen aussenden, handlich einlenkte, verstieg er sich auf eine so kurze, radikale Geometrie, dass sie die Gyro-Stabilisierung des Traktormotors dringend brauchte, damit sie nicht herumzuckte. Es war ein wunderbares Stückchen Steampunk, das man einfach so kaufen und fahren konnte, und dieses wunderbare Stück stand bei meinem damals neuen Arbeitgeber, dem Motorradmagazin MO, im Foyer. Das machte irgendwie traurig.

Irgendeine technische Zicke hatte sie wohl, und wie die Besitzverhältnisse liegen, habe ich bis heute nicht verstanden. Nur eins ist sicher: Sie steht noch immer. Kürzlich konnte ich sie wieder einmal bewegen, weil sie im Weg stand vor der Reifenmontiermaschine. Ein Motorrad macht noch viel deutlicher klar als jedes Auto, dass es nicht dazu gebaut wurde, herumzustehen. Es braucht diese Stütze oder einen Ständer – Dinge also, die in Fahrt nur stören. Man kann sehen, wie der alte Erich diese Maschine erdacht hat: Als Methode, dir in der Bremszone Schrecken vor dem Überschlag nach vorne einzuflößen, am Scheitelpunkt ein seliges Gefühl von "das ist ja interessant", und kurvenausgangs eine herrliche Mélange aus Schrecken und "interessant", und das alles nur, um der schnellsten Traktor von allen zu werden. Den Ständer hat Erik nur eingebaut, weil er musste.

Mein schwarzes Patenkind

Mein erstes Dauertest-Patenkind bei der MO war ausgerechnet eine MV Agusta F4 1000 in mattschwarz. Ich liebte sie heiß und innig und fuhr mit ihr Tagesdistanzen, die Andere als physikalisch unmöglich anzweifelten und ihr Fahrtenbuch mit unqualifizierten Schmähungen wie "Folterbank" verschandelten. Die F4 war und ist ein Kunstwerk.