Fahr-Zeuge

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Es war ein Leser, obendrein ein Kunde bei MO-Renntrainings, persönlich mit den Redakteuren und dieser MV bekannt. Bis heute erstrahlt mir seine Silhouette jesusgleich, wenn ich an ihn denke, denn er kaufte die F4 nicht nur, sondern er fuhr sie auch. Es ist schwer, aus nüchterner Logik eine Erklärung zu zimmern, warum mir das so wichtig war. Ich meine: Die F4 ist eigentlich nur eine Maschine, aber Sie werden kaum glauben, wie viel Überwindung es mich kostete, das zu schreiben. Kalte Schauer verleugneter Ahnen liefen meinen Rücken herunter, denn in der Wahrnehmung eines jeden echten Kradisten ist eine MV selbstverständlich niemals "nur eine Maschine", da liegt doch der ganze Hund begraben. Wenn wir ein zum Laufen geborenes Pferd sehen, das krankhaft webend nur noch in seiner Box steht, dann weht uns Tragik an und Mitgefühl hängt sich ans Herz. Da wir dem Motorrad ein über die Konstruktion hinausgehendes Wesen zuschreiben, eine Seele gar, muss es dasselbe bei ihm sein.

Pferd und Motorrad

Meine Aprilia RSV Mille habe ich deshalb damals direkt jemandem verkauft, der sie fahren wollte. Sie ist zwischenzeitlich zwei Mal wiederauferstanden aus ihrer eigenen Asche wie ein Phönix, was mich mehr freut als jeder mögliche Stand-Ort für sie. Und deshalb hat es mich auch gefreut, als zwei Kumpels in den Zwanzigern ihrer Lebensjahre bei mir aufschlugen, auf der KTM die kurvige Waldfriedhof-Strecke hoch und runter knatterten und dann grinsend mitnahmen. Denn der neue Besitzer sah so aus, als wolle er erstens viel mehr fahren als jemals zuvor und als wisse er zweitens, dass zwischen einem Pferd und einem Motorrad in der menschlichen Emotion weniger Unterschied besteht, als der Kradist es einem Pferdezüchter gegenüber zugeben möchte. (cgl)