Den alten Ford Mustang GT auf der Präsentationsstrecke des neuen gefahren

Kalifornien im Katzenkarton

Der neue Ford Mustang kommt mit Voodoo wie Mehrlenkerachse und Sperrdifferenzial nach Europa. Deshalb erfahre ich noch einmal den alten American Way of Cruising mit dem alten Ford Mustang GT

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Es fing mit einem Plan A an: Wenn man schonmal in Amerika ist, dann doch am besten zwei Tage dranhängen und einen amerikanischen Cruiser fahren, am besten diese neue Indian mit dem genialen Thunderstroke-Motor. Solche Geräte versteht man am besten in den Gebieten, in denen sie Menschen überhaupt erst eingefallen sind, was in Europa bei einer Indian Chieftain nie passiert wäre. Doch Plan A ist zumindest in meinem Leben niemals der, der ausgeführt wird.

Denn als wir auf dem Parkplatz der Eaglerider-Filiale warteten, bis der Kollege abgefertigt wurde, bog ein Mustang auf den Parkplatz ein. „Das fährt bestimmt scheiße“, sagte der anwesende 911-Fahrer sofort, und damit war Plan B beschlossene Sache: statt dem amerikanischen Cruiser Indian Chieftain den amerikanischen Cruiser Ford Mustang fahren. Denn ich glaube, dass man mit einem 911 Turbo einen vollkommen falschen Bezugsrahmen setzt. Der 911 Turbo kostet neu einen unmissverständlich sechsstelligen Betrag. Seine Kunden belohnen sich damit gern nach langen Jahren einer harten, aber ertragreichen Arbeit und freuen sich dann darüber, wie gut das Auto funktioniert. Der 911 ist damit viel zu arte. Der Mustang ist RTL – etwas für die Breite.

In den USA fängt ein neuer Mustang mit V8 traditionell bei rund 30.000 Dollar an; der V6 des 2015er-Modells fängt bei 23.600 Dollar an. Bei uns soll ab Sommer 2015 der neue Turbo-Vierzylinder rund 34.000 Euro kosten, die V8-Variante rund 39.000. Der direkte Vergleich ist also weniger der 911er als vielmehr, sagen wir: ein BMW 2er Coupé oder ein schöner 3er.

Kulturelle Gräben

Der Unterschied zwischen der europäischen Kultur und der amerikanischen tritt an dieser Stelle jedoch sehr deutlich hervor. BMW investiert das Geld ab der Einstiegsversion zum großten Teil in ein gutes Fahrwerk. Jedes Pony Car nicht nur von Ford investiert diese Ressourcen zum großen Teil in Leistung und Aussehen. Sicherlich fährt der 3er besser. Aber was ist cooler: Das Auto, mit dem Münchner Versicherungsangestellte pendeln oder das Auto, das in jedem Hollywood-Film die Coolness eines Protagonisten herausstreicht? Goldfinger. Bullit. Beide „Gone in Sixty Seconds“. Fast alle Autofanfilme. Und „I Am Legend“ belegt mit einem 2007er Shelby Mustang 500 GT, dass Fords Rückkehr zu einem gescheiten Design richtig war. Mustang III und IV sahen einfach zu Toyota aus.