Wenn du für ein Hobby werben willst, dann betreibe es

Klartext: Mehr durch mehr

Die Motorradszene betreibt unheimlich gern eine Bauchnabelschau: Wie cool sind wir? Wir können wir zeigen, dass das Spaß macht? Und so weiter. Dabei wird meistens vergessen, zu fahren, obwohl das die einzige Maßnahme ist, die wirklich zieht

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Es gibt wenige Websites, die mehr Liebe zum Zweirad vermitteln als die Amerikaner bei rideapart.com (früher: Hell for Leather). Ich halte diese Liebe für echt, denn das Team bringt häufig Themen, die sich mit der Rettung des Motorradhobbys beschäftigen oder zumindest damit, warum diese Rettung notwendig sei.

Weniger Ersteinsteiger

Als Bernstein Research sich also damit beschäftigte, wie wahrscheinlich jüngere Menschen zum Motorrad kommen, war das ein wichtiges Thema nicht nur dort: 30 bis 40 Prozent weniger Ersteinsteiger aus der Generation der „Millennials“! Die Statistiker finden nachvollziehbare Gründe: Menschen dieser Altersschicht sind besser gebildet als früher, haben aber damit auch mehr Studentenschulden (nicht nur ein US-Phänomen). Außerdem gebe es in dieser Altersschicht weniger Anlass zur Rebellion als zu den Boom-Zeiten des Motorradsports.

Als Lösung schlägt Bernstein vor, statt Finanzierungen mehr Einzelmieten anzubieten oder mit modernen Sharing-Methoden zu experimentieren. Aber das mag auch daran liegen, für wen Bernstein diese Studie auflegt. Die Redaktion verlinkt gleich weiter zu: „Wie man in 5 einfachen Schritten die Motorradindustrie richtet“, der wie jeder Artikel mit einfachen Schritten sehr grob mit den Bedeutungen von „einfach“ umgeht.

Das ist ja einfach

Bessere Händler wären schön. Das stimmt, ist aber weder einfach noch kriegsentscheidend. Irgendein Füllargument mit Motorrädern im Hype um autonome Autos. Schwer zu sagen, wen das für Motorräder begeistern soll. Man solle mehr auf Sicherheit achten, Leute zurechtweisen, als ob Zeigefingerei jemals irgendein Hobby interessant gemacht hätte. Mehr Frauen auf Motorräder! Das schrei(b)en wir seit vielen Jahren. In Deutschland liegt der Anteil weiblicher Motorradführerscheininhaber bei rund 30 Prozent. In der Leserschaft der Hefte findet sich davon etwa die Hälfte, also 15 Prozent. Preaching to the Choir, aber vor allem: Es gibt keinen grundsätzlichen Geschlechtsunterschied darin, wie Menschen sich um ein Hobby versammeln. Das umfasst alle 5 einfachen Schritte, vor allem aber den ersten der Begehrlichkeit. Wie kommen Menschen zu Tätigkeiten? Meistens, indem sie sie bei anderen Menschen sehen.

Kettenreaktion

Ich machte meinen Führerschein kurz zusammengefasst wegen meiner damaligen Freundin, die Motorrad fuhr. Meine Frau machte ihren Führerschein wegen mir, und ihr Vater wegen uns, obwohl er immer dagegen war. Die Kette geht weiter: Sie fährt jeden Tag bei jedem Wetter auf der Ninja zu ihrer Arbeit in einer Schule. Zu Anfang stand immer nur das grasgrüne Motorrad auf dem Hof. Kollegen sagten beharrlich, wie gefährlich diese Maschine sei. Manche davon hatten Führerscheine. Irgendwann fuhren sie plötzlich wieder. Die Ninja war nicht länger alleine. Eine Kollegin legte sogar eine Führerscheinprüfung ab, um selber fahren zu können.