Klartext: Mehr durch mehr

Inhaltsverzeichnis

Schüler sprachen über die Ninja, fragten, ob sie sich draufsetzen dürfen, machten Führerscheine. Heute, nach einigen Jahren, steht die Ninja bei gutem Wetter in einem Dutzend-starken Rudel von Motorrädern: 125er, Supersportler, Retromaschinen, kein einziger Roller. Hier findet sich alles, was sich Hersteller von Influencer-Werbung versprechen – wahrscheinlich, weil es eben keine Influencer-Werbung war, sondern echt.

Wenn ich das gut gemeinte Gelaber der Motorradszeneretter höre oder lese, möchte ich ihnen stets am liebsten ein Time-Lapse dieses Schulhofs zeigen. Jungs und Mädels, wenn ihr wirklich etwas dafür tun wollt, dass mehr Leute fahren, dann fahrt einfach selber mehr! Menschen sind soziale Wesen. Sie lassen sich inspirieren vom Umfeld. Deshalb führt im sozialen Umfeld mehr immer zu mehr.

Von mehr zu noch mehr

Das Phänomen zeigt sich doch überall: Je mehr ich Leute zum Grillen einlade, umso mehr Einladungen zum Grillen kann ich erwarten. Je mehr Geld ich habe (eine soziale Konvention), umso mehr Gelegenheiten kann ich erwarten, mehr Geld daraus zu machen. Je mehr Terror oder Selbstmord in den Medien gezeigt wird, umso mehr Menschen denken sich: „Jetzt mach ich das auch!“ Und je mehr Motorräder fahren, umso mehr kann ich neue Motorradfahrer erwarten. Umgekehrt gilt die Regel genauso: Je weniger die Menschen jetzt von X wahrnehmen, umso weniger können wir in der nächsten Zeit von X erwarten. Den Niedergang der Neulingszahlen im Motorradbereich konnte man stets gut an den Jahresfahrleistungen der Alteingesessenen ablesen.

Wenn es dir also am Herzen liegt, dass mehr Leute die Freuden des Einspur-KFZ entdecken, dann fahr Motorrad – die Hausrunde, die Sommer-Alpen-Tour, die Mittelgebirgsrunde, vor allem aber: im Alltag! Das inzestuöse Herumgedröhne an den Treff-Strecken interessiert keine Sau, im Gegenteil nervt es Unbeteiligte. Fahre sozial zu deinen Terminen auf dem Motorrad und du wirst feststellen, wie faszinierend dieses Thema auch für andere ist. Kaum jemand hat gar keine Meinung dazu.

Die Wenigerfahrerei liegt an vielen Einflüssen, die meisten davon sozial, gesellschaftlich, nicht finanziell. Motorradfahren war noch nie besonders billig. Millennials kaufen sich trotz ihrer Schulden das neue iPhone, ein iPad, eine Apple Watch, ein Macbook und ein Highend-Fahrrad. Mehr als genug Luft für ein gebrauchtes Motorrad. Dass sie nicht auf die Idee kommen, ihr Geld auf einem Kraftrad zu verbrennen, liegt hauptsächlich an uns. Denn wenn Motorradfahren so geil wäre, wie wir gern daherlabern, warum fahren wir dann nicht mehr? (cgl)