Klartext: Ode an die Ignoranz

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Das gilt letztendlich auch für Nachrichten. Ein Kollege klagte vor einiger Zeit, wie sehr ihn die Nachrichtenlage stresst. Mein Vorschlag "nicht lesen" war für ihn dennoch unvorstellbar. Man muss doch informiert sein! Wirklich? Ich lese keine täglichen Nachrichten. Ich lese Bücher. Ich lese ausgewählte Artikel, die mich interessieren. Ich schaue kein Rundfunk-Fernsehen. Ich schaue mir on demand Streaming-Inhalte an. Ich kann aus jahrzehntelanger Erfahrung sagen: Du verpasst da nichts Wichtiges. Das Wichtige kommt schon zu dir. Unser Problem liegt längst nicht mehr darin, dass wir Wichtiges verpassen, im Gegenteil: Wir können das Unwichtige nicht lassen. Da hilft nur radikale Ignoranz.

Superkraft: Ignoranz

Wenn ich inmitten meines Facebook-Streams sitzen und alles einfach ignorieren könnte, wäre ich ein Übermensch. Vielleicht gibt es die, die Datenlage spricht aber energisch dagegen. Wir bilden uns nur gern ein, dass wir der eine Übermensch sind, der all das kann, was "den Anderen" Schwierigkeiten bereitet, weil sie halt einfach nicht so toll sind wie wir. Nein, der erste Schritt, die dünne Haut nachwachsen zu lassen, liegt in der demütigen Erkenntnis, dass wir nicht besser sind als die Anderen und genau deshalb mit der Axt brachial alles zusammenstutzen müssen, was uns in die Haut piekt, bis sie überempfindlich wird.

Benachrichtigungen jeder Art: sofort abschalten. Ich verarbeite jeden Tag hunderte von Nachrichten jeder Art von Email bis Messenger-Anfragen. Ich habe mir eingeredet, das effizient neben der Arbeit zu können. Dann habe ich es einmal gemessen. Es war die übliche Selbstlüge. Benachrichtigungen können dir den ganzen Tag wegfressen, sie erzeugen Stress durch Aufregung und dann noch einmal dadurch, dass du deine eigentliche Arbeit nicht gemacht hast. Ich schalte jetzt ein bis drei Mal am Tag die Nachrichtenkanäle ein, den Rest der Zeit sind sie aus. Plötzlich habe ich Zeit.

Die Axt der Abschottung

Viele Forscher und Redaktionen haben sich damit befasst, wie moderne Ablenkungsmechanismen auf uns wirken: Tendenz stark negativ. Die Menschheit hat ihre eigene Aufmerksamkeit gehackt. Bis wir die Technik und unsere angeborenen Verhaltensweisen wieder in eine brauchbare Balance gebracht haben, hilft uns nur die Axt der Abschottung. Wenn wir einmal wieder zur Ruhe gefunden haben, können wir noch einmal über Schreiber und Leser sprechen. Wenn es dann noch nötig ist. Vielleicht stellen wir mit etwas Seelenruhe auch fest, dass der ruhige Mensch seltener Probleme mit Respekt hat, weder mit erhalten noch geben. (cgl)