Wozu noch Staat?

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Seit Freitag, den 23. Oktober wird der TÜV-Prüfstandsbericht "zur Stunde fertiggestellt". Opel sagte mir auf Nachfrage, man lasse noch die Behörden draufschauen. Wenn jetzt eine Wolke von Fragezeigen über Ihrem Kopf aufstieg, geht es Ihnen wie mir. Welche Behörden wollen warum auf Opels TÜV-Bericht schauen, und wieso steht das einer Veröffentlichung von Seiten Rüsselsheim im Weg, wenn die doch Opels Aussagen bezeugt?

... und die Regierung schaut nur zu.

Und da stehen wir jetzt, wir armen Toren, und schreiben dumm in uns're Foren. Hat Herr Resch einen Fehler gemacht? Hat er gar getrickst? Er hat ja auch eine Agenda. Oder hat Opel einen Zafira mit fix genulltem Schummelbit gemessen? Steckt gar der TÜV Hessen mit Rüsselsheim unter einer Decke? Ich meine: Wenn ich zu meinem Haus-TÜV gehe, dann regeln wir da auch ein paar Dinge auf die italienische Auspuffart. Jeder Politiker und jeder Nichtpolitiker musste zur Hochzeit des Abgasbetrugs in der Presse etwas fordern, aber wirklich getan wurde gar nichts. Dass der Staat unabhängig schlichtend die Werte der Autoindustrie nachmisst, ist sowas von überfällig. Denn der Staat sollte ermitteln, wie es die Kripo im Idealfall nach Regelbuch tut: Stets allen Spuren folgen und alle Seiten hören.

Dass nichts passiert, wäre besser verkraftbar vor einem Hintergrund, vor dem auch nichts versprochen wurde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Politiker überschlugen sich anlässlich Volkswagen regelrecht mit Maßnahmenvorschlägen unterschiedlichster Realitätsferne, die jetzt "schnellstmöglich" umgesetzt werden müssen. Manchmal hat man als Bürger den Eindruck, dass je mehr vorher gesprochen wird, umso weniger später passiert. Bei den autonomen Autos wurde von Politikern kaum über die Rechtslage gesprochen, aber es wurden Schritt für Schritt Barrikaden aus dem Weg geräumt. Dabei ging es halt auch um die Autoindustrie, das liebste Kind der Politik. Jetzt geht es darum, dem liebsten Kind auf die Finger zu schauen und gegebenenfalls zu schlagen. Da fahren Wolfsburg und Berlin identische Taktiken: Mit maximaler Wörterzahl gar nichts sagen und genausoviel tun. Das "Vertrauen der Verbraucher" wird zitiert, um es sogleich zu bespucken. Wenn ich Matthias Müller höre, diese wandelnde Nebelkerze, dann wünsche ich mir jetzt schon den Winterkorn zurück.

Warum messen die Umweltbehörden nicht öfter selber nach? Messungen wie des Umweltamtes B-W zeigen, dass das kein so großes Problem ist. Das Land B-W wollte messen, ob Tempo 30 in Städten die Luftqualität verbessern könnte, auch in Sachen Stickoxide. Antwort übrigens: nein. Aber es wurden Stickoxide mobil gemessen, und es wäre ein Leichtes, das im Hinblick darauf zu tun, ob der Prüfstandsmodus des Fahrzeugs grundsätzlich anders arbeitet als der reale Teillastbetrieb auf der Straße. Wenn ein Bundesland sich so einen Test leisten kann, könnte es der Bund schon lange. Er tut es nur nicht. Lieber Staat: Wisst ihr, warum so viele Bürger denken: Staat, Autoindustrie, TÜV, alles eine Mischpoke? Weil euer Verhalten eigentlich nur diesen Schluss zulässt. (cgl)