zurück zum Artikel

Ladybug

Klassiker: Subaru 360

Autos Stefan Grundhoff
Klassiker

Der knapp drei Meter kurze Subaru 360 war in Japan das Mittel zur preisgünstigen Mobilisierung der Familien. Gebaut von 1958 bis 1970 initiierte er den Trend zu den Kei-Cars, die aufgrund ihres geringeren Flächenverbrauchs sowie limitierter Motorgröße und Leistung steuerlich begünstigt sind

Der knapp drei Meter lange und nur 1,30 Meter schmale Viersitzer Subaru 360 war in Japan das Mittel zur preisgünstigen Mobilisierung der Familien. Gebaut von 1958 bis 1970 initiierte er den Trend zu den Kei-Cars, die aufgrund ihres geringeren Flächenverbrauchs sowie limitierter Motorgröße und Leistung steuerlich begünstigt sind. Das Konzept wurde ein Erfolg, Kei Cars dominieren bis heute [1] die Innenstädte von Tokio, Osaka oder Yokohama.

Leistungsdichte im Kleinstwagen

Liegt die Hubraumgrenze heute bei 660, so lag das Limit bis 1975 bei nur 360 Kubikzentimetern. Das erforderte damals allerdings fast zwingend einen Zweitakter, um überhaupt für ein Auto verwertbare Drehmoment- und Leistungswerte erreichen zu können. Die Leistungsdichte eines solchen Motors liegt prinzipbedingt dadurch höher, dass er jede Umdrehung einen Arbeitshub vollführt, im Gegensatz zu einem Viertakter, der ja jede zweite Umdrehung als Pumpe arbeiten muss. Die Nachteile waren sein damals noch viel schlechterer Wirkungsgrad und eine heftige Belastung der Stadtluft durch giftige unverbrannte Kohlenwasserstoffe wegen der Gemischschmierung. Sicher ein Hauptgrund für die spätere Anhebung der Hubraumgrenze.

Optisch erinnert der Winzling an einen Käfer auf vier kleinen Rädern. In Japan und den USA heißt er "Ladybug" und ist eine kleine Legende, die mit kaum mehr als 392.000 verkauften Fahrzeugen (Subaru 360 sowie 450) zwar nicht auf gigantische Stückzahlen [2] wie ein VW Käfer oder ein Toyota Corolla zurückblicken kann, aber die automobile Massenmobilisierung in Japan von Rad und Motorrad hin zum Auto auf den Weg brachte. Der Subaru 360 war ein Micro-Car der ersten Generation und traf in seinem Heimatland auf Konkurrenten wie den Daihatsu Fellow, den Mitsubishi 360 oder den ebenfalls knuffigen Suzuki Fronte. Alle boten viel Platz auf wenig Raum für kleines Geld.

Motorradmotor hinter Gittern

Vorn auf der rundlichen Haube trägt der Subaru das Banner von Fuji Heavy Industries, auf dem Lüftungsgitter am Heck das Signet "Subaru 360". Hinter Gitter und Motorklappe schnattert und rattert ein gebläsegekühlter Zweizylinder-Zweitakter mit einer Leistung von 16 PS, der gemäß der seinerzeit geltenden japanischen Norm gerade nicht einmal vier Liter Normalkraftstoff verbrauchen sollte. In der Realität war es leicht ein Drittel mehr. Die Leistung reichte, um den nicht einmal 500 Kilogramm leichten Wagen bis zu 90 km/h schnell werden zu lassen. Das Kei-Car verfügte, ähnlich wie seine europäischen Pendants, vorn wie hinten über eine Einzelradaufhängung sowie je nach Variante über eine manuelle Drei- oder Viergang-Handschaltung. Sogar eine Halbautomatik wurde angeboten.

Erstmals enthüllt wurde der Viersitzer im März 1958 als eines der ersten Kei-Cars in Tokio. Außer den Privilegien bei der KFZ-Steuer und dem Wegfall des Parkplatznachweises war das wichtigste Kaufargument der günstige Preis. Wie Europa befand sich Japan im Wiederaufbau nach heftiger Kriegszerstörung. Ähnlich den Kleinstwagen in Deutschland boten die japanischen Kei Cars [3] vielen Familien erstmals den Umstieg vom Krad auf ein kleines Auto, mit dem die Familie trocken und vergleichsweise sicher transportiert werden konnte.

Die beiden Türen waren – wie damals üblich – für das leichtere Ein- oder Aussteigen hinten angeschlagen. In den ersten Jahren mussten die Modelle mit einer Minimalausstattung auskommen, die unter anderem nur einen Scheibenwischer auf der Fahrerseite umfasste. Erst im Laufe der Jahre gab es für die Luxusmodelle einen zweiten Scheibenwischer sowie zwei Außenspiegel und weitere Komfortausstattungen.

Später auch als Frontlenker-Kleinbus und Pick-Up

Auf den viersitzigen Marienkäfer folgte eine fünfsitzige Limousine mit breiter Rückbank, eine nicht umgesetzte Roadsterstudie, ein Cabriolet mit Hardtop und Verdeck, die Kombiversion "Custom", sowie Nutzfahrzeugvarianten mit offener und geschlossener Ladefläche. Einige 360er drehten in den 1960er Jahren sogar röhrend Runden auf japanischen Rennstrecken.

Gegen Ende seiner Produktionszeit schaffte es der Subaru 360 dann tatsächlich noch über den Pazifik in die USA (als Linkslenker) und nach Australien. 1968 stand er zu Preisen von unter 1500 Dollar in einigen Schauräumen von amerikanischen Händlern – zumeist in der Exportversion Subaru Maia 450 mit dem 423 ccm großen EK-51 genannten Motor mit 23 PS. Eine Handvoll Subaru 360 wurden sogar nach Australien verschifft. Kurz vor dem Produktionsende 1970 legte Subaru Young-S (mit Rallyestreifen und Drehzahlmesser) und Young-SS-Modelle (mit Doppelvergaser) auf, mit kräftigeren 25 - bzw. 36-PS-Motoren.

Der Subaru 360 (K 111) markiert einen so wichtigen Beitrag zur Industriekultur Japans, dass die Japan Society of Mechanical Engineers (JSME) den Winzling als "industrielles Kulturerbe 2016" mit der laufenden Nummer 78 der wertvollsten Produkte auszeichnete.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3832715

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Die-Mikrovans-Toyota-Roomy-und-Tank-alias-Daihatsu-Thor-3463602.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Meister-der-Proliferation-1920051.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Kurz-anprobiert-Suzukis-Kei-Car-Flotte-2868631.html