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Das luftige Wägelchen ist 40 cm kürzer als ein Smart Fortwo

Renault Twizy: Proberunden im elektrischen Zweisitzer

Fahrberichte sle

Mit dem Renault Twizy sollen ab 2012 zwei Personen elektrisch vorwärts­kommen und das zu einem Preis ab 7000 Euro. Wir konnten einen Proto­typen des 232 cm kurzen Wägelchens ausprobieren

Mortefontaine bei Paris, 15. April 2011 – Der Elektromobilität wird eine große Zukunft vorausgesagt, und so hat Renault sich zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2020 ein Zehntel seiner Neuwagen elektrisch angetrieben sind. Doch noch sind E-Mobile auch in Frankreich eine seltene Erscheinung. Richtig loslegen wird die Marke mit dem Rhombus auf dem Grill wohl erst im kommenden Jahr – zum Beispiel mit dem Kleinwagen Zoe. Und es geht noch eine Nummer kleiner bei Renault – sowohl was die Größe als auch den Preis des E-Mobils angeht: Ab Anfang 2012 wollen die Franzosen den Twizy verkaufen, dessen Platzbedarf auf dem Niveau eines Kabinenrollers aus den Fünfzigern liegt. Bei unserem Ausflug mit einem Twizy-Prototypen fanden wir noch weitere Parallelen zu den Vehikeln aus der Zeit des Wirtschaftswunders.

Scherentüren auf Wunsch

Der Twizy ist ein vierrädriges, halboffenes Gefährt mit zwei Sitzen. Es gibt ein Dach mit integrierter Front- und Dachscheibe, zur Seite hin ist der Wagen aber offen. Gegen Aufpreis kann man Türen bestellen, die sich im Lambo-Stil scherenartig nach oben öffnen lassen und sonst zumindest die unteren Seitenhälften verschließen. So soll man auch bei der Fahrt über nasse Straßen trocken bleiben. An der Ampel allerdings, zumal bei Seitenwind, finden Regentropfen den Weg ins Fahrzeuginnere.

40 cm kürzer als ein Smart

Mit 2,32 Metern ist der Twizy etwa 40 Zentimeter kürzer als ein Smart Fortwo. Einparken ist ein Klacks, zumal mit den optionalen Parkpiepsern fürs Heck. Die beiden Insassen sitzen hintereinander, man kann sich vorne wie hinten angurten, und es gibt sogar einen Fahrer-Frontairbag. Gepäck wird in Fächern um Armaturenbrett und hinter dem Beifahrersitz verstaut. Als Zubehör gibt es eine Art Rucksack mit 50 Litern Fassungsvermögen, der auf dem hinteren Sitz Platz findet. Mit dem Wocheneinkauf für die ganze Familie bleibt es aber auch damit schwierig, zumindest wenn eine Getränkekiste dazugehört.

Zwei Leistungsstufen

Der kleine Wagen ist in zwei Leistungsstufen erhältlich: Der Twizy 45 hat gerade 4 kW (5 PS), seine Höchstgeschwindigkeit ist auf 45 km/h begrenzt. Dadurch darf er mit dem Führerschein der Klasse S gefahren werden – den darf man schon mit 16 Jahren machen. Der Twizy ohne Zusatzbezeichnung hat immerhin 15 kW (20 PS) und schafft 80 km/h. Zur Sprintfähigkeit gibt es noch keine Angaben. Doch die von uns gefahrene, stärkere Variante macht Spaß – langsam kam uns der Prototyp jedenfalls nicht vor. Allerdings hat das Auto weder Bremskraftunterstützung noch Servolenkung, von ABS oder ESP ganz zu schweigen. Man sollte also lieber etwas mehr Abstand zum Vordermann halten, dessen Auto womöglich einen kürzeren Bremsweg hat als der kleine Twizy. In enge Kurven fährt man besser mit mäßigem Tempo, sonst kommt man mit dem Lenkradkurbeln kaum hinterher.

100 Kilometer Reichweite

Ansonsten fährt sich der Twizy problemlos. Mit zwei Knöpfen werden die Fahrmodi D oder R für rückwärts eingelegt, schalten muss man nicht. Das Lenkrad inklusive Hebeln für Blinker und Scheibenwischer sieht aus wie bei einem normalen Auto. Man dreht den Zündschlüssel, löst die Handbremse, tritt aufs Pedal, und los geht's. Instabil, wie wir vorab angesichts der schmalen Spur fürchteten, ist das Gefährt nicht: Die 100 kg schwere Batterie unter dem Fahrersitz sorgt für einen tiefen Schwerpunkt. Die Lithium-Ionen-Akkus haben einen Energiegehalt von 7 kWh. Renault zufolge reicht das für 100 Kilometer. Die Ladezeit an einer Haushaltssteckdose gibt der Hersteller mit dreieinhalb Stunden an.

Batterie wird vermietet

Für die starke Version des Twizy wurde noch kein Preis festgelegt – zuletzt war die Rede von rund 10.000 Euro [1]. Der Twizy 45 soll ab 6990 Euro zu haben sein. Zum Anschaffungspreis kommt eine Leasingrate für die Batterie hinzu, die bei einer Laufleistung von 7500 Kilometern pro Jahr 45 Euro monatlich beträgt. Dass Renault die Batterie nicht verkauft sondern vermietet, halten wir für eine vertrauensbildende Maßnahme: So müssen sich Interessenten nicht darum sorgen, ob die Batterie ein Autoleben lang durchhält oder als teures Ersatzteil nachgekauft werden muss. Was die "Spritkosten" angeht, hat der Twizy das Zeug dazu, viele benzingetriebene City-Flitzer zu unterbieten. Bei einem Strompreis von 25 Cent pro kWh kostet eine volle Akkuladung theoretisch gerade einmal 1,75 Euro – und die soll ja für 100 km reichen. In der Praxis wird sich dieser Wert nicht erzielen lassen: Wegen der Verlustleistung beim Ladevorgang muss sich in der Praxis erweisen, wie viele Kilowattstunden am Stromzähler abgerechnet werden, bis in der Autobatterie 7 kWh elektrischer Energie landen. Außerdem bleibt abzuwarten, wie weit man im Alltag mit einer Akkuladung tatsächlich kommt.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Renault-Twizy-kommt-in-zwei-Versionen-1222729.html