Städtetag warnt vor Verkehrskollaps

Der Deutsche Städtetag warnt vor Fahrverboten in Städten und fordert zusätzliche Mittel des Bundes. „2019 muss ein Jahr der Verkehrswende werden, in dem die Verkehrspolitik viel stärker auf zukunftsgerechte und nachhaltige Mobilität ausgerichtet wird“, sagte Hauptgeschäftsführer Dedy

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(Bild: ADFC)

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  • dpa

Noch dominiert in deutschen Städten der motorisierte Individualverkehr. Das muss nicht zwangsläufig so bleiben.

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Das bundesweit erste großflächige Fahrverbot gilt seit Jahresbeginn in Stuttgart. Diesel, die maximal die Abgasnorm Euro 4 schaffen, dürfen dort nicht mehr in die Umweltzone fahren. Für Anwohner gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. April 2019. Es gibt Ausnahmen, etwa für Handwerker und kommunale Fahrzeuge. Die Stadt und die Polizei planen aber erst einmal keine gezielten Kontrollen. Zumindest bis Ende Januar soll es bei Verstößen nur Ermahnungen geben, wenn diese etwa bei den üblichen Parkraumüberwachungen oder Verkehrskontrollen auffallen. Später wird dann ein Bußgeld von 80 Euro plus Gebühren und Auslagen fällig.

Das Land Baden-Württemberg hatte vergeblich versucht, die Fahrverbote vor Gericht abzuwenden. Von den jetzt geltenden Einschränkungen sind nach Angaben eine Stadtsprecherin rund 72.000 Autos in Stuttgart und dem Umland betroffen. Später könnten weitere Fahrverbote für Diesel der Abgasnorm Euro 5 hinzukommen – diese will die Landesregierung von der Wirkung eines Luftreinhaltepaketes abhängig machen.

Der Deutsche Städtetag warnt mit Blick auf weitere drohende Fahrverbote auch in anderen Städten vor einem Verkehrskollaps und fordert zusätzliche Milliarden des Bundes. „2019 muss ein Jahr der Verkehrswende werden, in dem die Verkehrspolitik viel stärker auf zukunftsgerechte und nachhaltige Mobilität ausgerichtet wird“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der dpa. „Es muss vor allem mehr attraktive Angebote geben, vom Auto auf die Bahn, auf ÖPNV und Fahrrad umzusteigen. Ohne eine Verkehrswende werden wir bald in Teilen unseres Landes einen Verkehrskollaps erleben.“

Bund und Länder müssten im neuen Jahr ein Gesamtkonzept für nachhaltige Mobilität vorlegen. „Wir leiten bereits die Verkehrswende in den Städten ein und wollen unseren Sachverstand in das Gesamtkonzept einbringen“, sagte Dedy. „Allerdings erwarten wir auch, dass Bund und Länder dafür über bisherige Programme hinaus Mittel in Milliardenhöhe einsetzen, zum Beispiel für Investitionen in den ÖPNV und die Verkehrsinfrastruktur insgesamt.“ Außerdem müssten die Anstrengungen für „saubere Luft in den Städten“ fortgesetzt werden, sagte Dedy. „Es muss gelingen, die Gesundheit der Menschen zu schützen und die Städte mobil zu halten.“ Fahrverbote dürften auch 2019 nur das letzte Mittel bleiben, wenn nicht auf anderem Wege die Grenzwerte eingehalten werden könnten.

Gerichte haben für mehrere Städte Fahrverbote für ältere Diesel angeordnet, etwa für Berlin, Köln, Essen oder Frankfurt. Hier liegen die Werte bei Stickstoffdioxid über dem vorgeschriebenen Grenzwert. Quellen für Stickstoffdioxid sind unter anderem Autos mit Dieselmotor. Viele Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig. Anderswo, etwa in Hamburg, sind einzelne Straßen betroffen.

„Wir müssen in weiteren Städten mit Verboten rechnen, die Gerichte anordnen“, so Dedy. Derzeit überarbeiteten die Länder in Abstimmung mit den Städten eine Reihe von Luftreinhalteplänen. Dabei würden die Maßnahmen aus dem „Sofortprogramm saubere Luft“ und den Koalitionsbeschlüssen zu einem Maßnahmenpaket mit einbezogen. Dieses sieht etwa Nachrüstungen bei Handwerker- und Lieferfahrzeugen vor. Im Januar 2019 startet hier ein Förderprogramm. Dagegen dürfte es noch Monate dauern, bis die geplanten Umbauten bei Pkw beginnen können. „Der Deutsche Städtetag hat rechtzeitig darauf hingewiesen, dass die Gerichte das Heft des Handelns in die Hand nehmen, wenn Automobilindustrie und Bund untätig bleiben oder lange zögern“, so Dedy. Dagegen könnten auch die Städte mit ihren Maßnahmen wenig ausrichten. (mfz)