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Prinzip Baukasten

Test: Skoda Karoq 2.0 TDI

Fahrberichte Martin Franz
Skoda Karoq

(Bild: Florian Pillau)

Der neue Skoda Karoq ist eine Mixtur bekannter Zutaten, die einigen Konkurrenten schwer zu schaffen machen wird. Das Kompakt-SUV überrascht an keiner Stelle und wird vielleicht gerade deshalb gefragt sein. Im Test die sicher beliebte Kombination 2.0 TDI, DSG und Allradantrieb

Erfahrene Propheten warten die Ereignisse ab, stellte Horace Walpole einst weise fest. Ich durchbreche diese kluge Erkenntnis an dieser Stelle einmal und sage voraus, dass der Volkswagen-Konzern in diesem und im kommenden Jahr den SUV-Markt aufrollen wird. Dabei hilft ihm seine Plattform-Strategie, also ähnliche Technik-Zutaten unter verschiedene Hüllen und Marken zu stecken, ganz enorm. Heraus kommen dabei zwar nicht unbedingt sonderlich kreative oder spannende Fahrzeuge, aber erfolgreiche - und das ist das, was für den Konzern letztlich zählt.

So wird es schlussendlich von allen großen Volkswagen-Marken, also Skoda, VW, Seat und Audi SUV-Setzlinge in verschiedenen Größen zwischen etwa 4,15 bis 4,7 Metern Außenlänge geben. Leichte Unterschiede bei Machart und Motoren verdecken dabei etwas den Umstand, dass sie alle auf dem Modularen Querbaukasten basieren. Im Fokus der Kunden stehen dabei aktuell besonders die kleinen Modelle bis etwa 4,2 Metern Länge und die Mittelklasse mit rund 4,4 Metern. Ein typischer Ableger der zweiten Kategorie ist der Skoda Karoq, der etwa so groß ist wie der Seat Ateca [1]. Wir holten uns den Karoq mit dem bekannten Zweiliter-Diesel, Allradantrieb und DSG für einen Test in die Redaktion. Eine Kombination aus bekannten Zutaten, die sicher gefragt sein wird.

Kein Nachfolger für den Yeti

Vielfach ist inzwischen zu lesen, der Karoq sei der Nachfolger des Yeti. Doch ganz so einfach ist es nicht: Es ist ein SUV von Skoda auf dem Weg in die Serienfertigung [2], was den Abmessungen des Yeti viel näher ist als der deutlich größere Karoq. Der spielt mit 4,38 Metern Länge eine Klasse oberhalb des Yeti. Abgesehen davon wirkt vieles am Karoq wie eine Kleinausgabe des voluminösen Skoda Kodiaq [3] - innen wie außen. Ob man das nun mag oder nicht: Viel einfallsloser geht es in gestalterischer Hinsicht nicht. Als einen Lichtblick haben alle in der Redaktion die Farbe des Testwagens empfunden, was auch an der grau-schwarzen Bestückung unseres Büroparkplatzes liegen könnte. Das kräftige Rot hätte es verdient, öfter bestellt zu werden. Aktuell nicht mehr lieferbar sind die Alcantara-Bezüge der sehr bequemen Sitze. Hier gibt es aktuell offenbar einen Lieferengpass.

Interne Konkurrenz

In meinem dörflich geprägten Wohnumfeld steht, zumindest gefühlt, in jeder zweiten Auffahrt ein Octavia [4]. Seine Argumente ziehen noch immer: Auf rund 4,67 Metern Außenlänge bringt er ein hervorragendes Platzangebot unter und ist, trotz eines in den vergangenen Jahren deutlich angehobenen Preisniveaus, noch halbwegs bezahlbar. Der Karoq dürfte ihm Konkurrenz machen, nicht nur wegen seines modischen Formats. Sein Radstand ist 48 mm kürzer, doch im Alltag muss sich eine Familie mit zwei Kindern kaum einschränken - dabei ist der Karoq fast 30 cm kürzer als ein Octavia. Das ähnlich gute Platzangebot liegt auch daran, dass der Abstand zwischen Fahrzeugboden und Sitzfläche im SUV etwas größer ist. Eine prinzipiell nette Idee sind die längs verstellbaren Rücksitze.

Variabel

Das Kofferraumvolumen gibt Skoda mit 521 Litern an, sofern die verschiebbaren Rücksitze nicht eingebaut sind. Andernfalls variiert das Volumen je nach Position der Sitze im Fond zwischen 479 und 588 Litern. Gemessen haben wir zwischen den Radhäusern 101 cm, in der Höhe 50 cm und in der Länge zwischen 85 und 100 cm.

Die Verarbeitung ist insgesamt sehr gut, nur zwei Kleinigkeiten sind uns aufgefallen. Zum einen schlug die mit Kunstleder bezogene Sitzwange auf der Fahrerseite leichte Falten. Zum anderen gab es auf der Beifahrerseite zwischen Polster und Verkleidung einen hässlichen Spalt - nicht ganz so dramatisch wie in der E-Klasse, aber es kostet sicher nicht viel mehr, das bündig abschließen zu lassen. Die unverkleidete Platte auf der Unterseite des Einlegebodens im Kofferraum sieht nicht gerade elegant aus. Der glänzende Kunststoff in der Mittelkonsole hatte im noch jungen Testwagen schon feine Kratzer. Etwas funzelig fand ich die Beleuchtung hinter den Sonnenblenden, und ein bißchen knauserig, dass es kein Stückchen Stoff an die Türverkleidung geschafft hat.

Gut gefällt mir insgesamt die durchdachte Funktionalität: Viele Ablagen, einfache Bedienung, alles da, wo man es vermutet. Auch an Kleinigkeiten wurde gedacht. So wird hier, anders als im Mazda CX-5 [5], der ganze Lenkradkranz beheizt - wobei sogar noch zwischen drei Stufen gewählt werden kann. Der Bordcomputer verrät seine Daten auch ohne Lektüre der Anleitung. Allerdings lag er bei der Berechnung des Durchschnittsverbrauchs immer etwas zu optimistisch.

Teures System ohne Drehregler

Etwas getrübt wird der grundsätzlich gute Eindruck auch durch das teure Infotainmentsystem, dem eine schnelle Regulierung der Lautstärke und des Kartenzooms via Drehregler fehlt. Das ist beim etwas weniger überteuerten Navigationssystem “Amundsen” meines Erachtens besser gelöst. Auch das Soundsystem von Canton hat hier keinen ganz so guten Eindruck hinterlassen wie im Octavia. Ihm fehlt im Karoq etwas Kraft untenrum. Angesichts eines Aufpreises von vergleichsweise bescheidenen 470 Euro ist das aber mäkeln auf wirklich sehr hohem Niveau.

Bekannte Maschine

Die Maschine ist aus diversen Konzernmodellen hinlänglich bekannt. Sie leistet 150 PS und bietet zwischen 1750 und 3000/min 340 Nm Drehmoment. Im Testwagen war der Motor mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe verbunden. Seit dem vergangenen Jahr ersetzt Volkswagen auf breiter Front das zuverlässige, inzwischen aber auch betagte Sechsgang-DSG (DQ 250) durch einen modernen Nachfolger (DQ381). Auch hier laufen die Kupplungen in einem Ölbad. Alle 60.000 Kilometer ist ein Ölwechsel fällig. In der Vergangenheit war waren die DSG mit nassen Kupplungen zuverlässiger als jene mit trockenen.

In der Praxis hat der Motor mit den knapp 1,6 Tonnen durchaus spürbar zu tun. Jene Leichtigkeit, die einen ähnlich starken Kombi wie den Peugeot 308 [6] auszeichnet, ist dem Karoq fremd. Besonders deutlich wird das, wenn es aus dem Stand hurtig losgehen soll. Das fühlt sich zäher an, als es ist. Für sich betrachtet bietet der Karoq natürlich mehr als nur ausreichende Fahrleistungen, zumal ein SUV zumindest mich nicht dazu animiert, möglichst flink mein Ziel zu erreichen. Im vergangenen Juli hatten wir einen Ateca mit dem Dreizylinder-Benziner in der Redaktion, der objektiv natürlich langsamer war, insgesamt aber leichtfüßiger wirkte.

Vielmehr entschleunigt diese Bauform meine Fahrweise, was dann auch die Verbrauchsnachteile eines SUV zumindest in Teilen kompensiert. Im Test kamen wir auf minimal 5,5 Liter bei winterlichen Temperaturen, im Schnitt waren es 6,3 Liter - bei überwiegen gelassener Fahrweise. Unterschiedliche Angabe gibt es zum Adblue-Tank: Die Bedienungsanleitung nennt 12 Liter, in den technischen Daten ist von 13,35 Litern die Rede.

Arbeiten könnte Skoda aus meiner Sicht noch an zwei Punkten: Zum einen ist die Dämmung eher sparsam. Der Karoq ist zwar nicht wirklich laut, doch für meinen Geschmack dürfte es gern noch etwas weniger sein. Der zweite Punkt betrifft das Fahrwerk, genauer gesagt den Abrollkomfort bei geringem Tempo. Unebenheiten wie Kanaldeckel werden dann schon ziemlich unsanft weitergereicht. Je weiter man sich von Schrittgeschwindigkeit entfernt, umso unauffälliger wird die Abstimmung. Ein besonders sanftes Ansprechen auf kleine Unebenheiten wird dem Auto aber niemand unterstellen. Allgemein ist der Karoq straff abgestimmt, was ihn unter Seinesgleichen handlich erscheinen lässt, woran die exakte Lenkung ihren Anteil hat - kein Vergleich zum Kodiaq, der behäbiger als der Karoq ist. Doch wenn ich joggen gehe, ziehe ich ohnehin eher keine Absatzschuhe an.

Kaiser-Sein

Ein Könner ist, wer einen Trend erkennt und König, wer ihn erfolgreich bedienen kann. Kaiser ist aber wohl derjenige, der sich Attribute, die eine Mode ausmachen, auch noch extra bezahlen lassen kann. Skoda stellt die unlackierten Plastikränder um die Radhäuser mit 140 Euro extra in Rechnung - ein kleiner Beitrag, gewiss, aber der Anfang zum Kaiser-Sein ist gemacht. Der Karoq-Käufer muss ohnehin eine gewissen Aufschlag gegenüber dem Octavia akzeptieren. Das Basismodell mit einer schon recht umfangreichen Ausstattung kostet 24.290 Euro. Ein Octavia Combi ist auf den ersten Blick deutlich günstiger, allerdings auch etwas schlechter ausgestattet. Ähnlich ausstaffiert, liegen zwischen beiden keine Distanzen mehr, die in dieser Preisklasse einen ausschlaggebenden Unterschied machen.

Viel mehr als 40.000 geht derzeit nicht

Der von uns gefahrene 2.0 TDI mit DSG in der teuren von zwei Ausstattungslinien liegt erwartungsgemäß deutlich darüber. 34.690 Euro kostet diese Variante ohne weitere Extras. Mit ein paar Zutaten wie dem großen Navigationssystem, LED-Scheinwerfern, Metalliclack, Leder und ein paar Assistenten werden daraus etwas mehr als 40.000 Euro. Sehr viel teurer kann ein Karoq derzeit nicht werden. Im Laufe des Jahres dürften aber noch ein Diesel mit 190 PS und ein Benziner mit mehr als 200 PS hinzukommen. Interessenten für die Benziner tun möglicherweise gut daran, noch etwas zu warten. Wir rechnen damit, dass die Karoq-Benziner ab Ende Mai einen Partikelfilter bekommen. Im überarbeiteten Fabia [7] gehört er von Anfang mit dazu, doch der startet auch erst im Herbst.

Das Umfeld

Skoda hatte lange den Ruf, preiswerte Autos zu bauen. Dem werden sie noch immer gerecht - was freilich niemand mit billig verwechseln sollte. Der dem Karoq sehr ähnliche Seat Ateca kostet mit dem 150-PS-TDI und Allradantrieb 33.180 Euro, ist allerdings nur mit Schaltgetriebe zu haben. Bei Opel kostet der umfangreich ausgestattete Grandland X Innovation mit einem 177-PS-Diesel und Automatik 37.320 Euro. Er ist allerdings nicht mit Allradantrieb zu bekommen. Mazda berechnet für den sympathischen CX-5 mit 150-PS-Diesel, Automatik, Allrad und umfangreicher Ausstattung 36.390 Euro. Allerdings lässt er sich nicht ganz so frei zusammenstellen wie die Konkurrenz. Natürlich geht es auch wesentlich teurer: Wer einen vergleichbar großen BMW [8] oder Volvo [9] bevorzugt, muss bei ähnlicher Ausstattung wesentlich mehr bezahlen. Auch das trägt zu der eingangs geäußerten Vermutung bei, dass der Karoq viele Käufer finden wird.

Die Kosten für die Überführung hat Skoda übernommen, jene für Kraftstoff der Autor.


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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Seat-Ateca-1-0-TSI-3813139.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Vorstellung-Skoda-Vision-X-3957744.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Skoda-Kodiaq-2-0-TDI-3891046.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Skoda-Octavia-RS-3878107.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mazda-CX-5-Skyactiv-G-194-3955529.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Peugeot-308-SW-BlueHDi-3924797.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Vorstellung-Skoda-Fabia-Facelift-3962945.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-BMW-X1-xDrive-20d-3130148.html
[9] https://www.heise.de/autos/artikel/Winter-Fahrbericht-Volvo-XC40-3964028.html