zurück zum Artikel

Hoch drei

Vorstellung: BMW X3

Autos Martin Franz
BMW X3

Der neue BMW X3 bringt zahlreiche Innovationen mit, die so aktuell nur in 5er und 7er zu haben sind. Damit dürfte es ihm nicht nur leichter fallen, sich vom X1 stärker abzugrenzen. Vielmehr gibt er einen konkreten Ausblick auf den kommenden BMW 3er

BMW hatte Anfang der 2000er-Jahre ein gutes Gespür: X5, X3 und später auch der X1 erschienen zum Teil Jahre vor der direkten Konkurrenz von Audi und Mercedes. Für die Erfolge der Erstauflagen kann sich BMW heute nichts kaufen, denn eine langfristige Dankbarkeit der Kunden resultiert daraus natürlich nicht. Zuletzt ließ gerade das Interesse am X3 spürbar nach. Der nur sanft veränderte Audi Q5 und der überzeugende Mercedes GLC [1] verkauften sich im vergangenen Jahr hierzulande jeweils rund doppelt so gut wie der X3. Doch BMW dürfte gute Chancen haben, diesen Rückstand kurzfristig wettzumachen. Der neue X3 bringt zahlreiche Innovationen mit, die so aktuell nur in 5er und 7er zu haben sind. Damit dürfte es ihm nicht nur leichter fallen, sich vom X1 [2] stärker abzugrenzen. Vielmehr gibt er einen konkreten Ausblick auf den kommenden BMW 3er.

Optisch hat BMW auf die ganz große Revolution verzichtet. Die Gestalter waren eher im Detail aktiv, dort allerdings zum Teil so heftig, dass neu und alt ohne Probleme zu unterscheiden sind. Allein die Seitenlinie wirkt nur wie ein Facelift. Insgesamt geht BMW in dieser Hinsicht also einen anderen Weg als beispielsweise Audi bei A4 und Q5. Ob der X3 nun schöner geworden ist, mag der jeder für sich allein festlegen. Falls es doch jemanden gibt, den meine Ansicht dazu interessiert: Mir sind die Nieren viel zu klobig, die Front mit viel Platz nach unten lässt den X3 hochbeinig wirken. Das Heck erinnert mich zu sehr an den X1. Das alles muss BMW nicht bekümmern, denn ich gehöre in vielerlei Hinsicht nicht in das klassische SUV-Beuteschema.

Zugelegt

Zugelegt hat der neue X3 gegenüber seinem Vorgänger in fast allen Dimensionen. Abgesehen von der Höhe (neu: 1,67 m; minus 2 mm) wuchs das SUV in alle Richtungen. Es ist mit 4,71 m nun rund 5 cm länger, der Radstand wuchs von 2,81 m auf 2,86 m. Selbst in der Breite legt der schon zuvor gewiss nicht schmale X3 nochmals um einen Zentimeter zu – sofern man die Außenspiegel nicht mit berücksichtigt. Wer dies tut, muss feststellen, dass der Zuwachs fast 5 cm beträgt, was die Frage aufwirft, ob die bisherigen Rückspiegel nicht mächtig genug dimensioniert waren. Für Nostalgiker: Der erste BMW X5 war zierlicher – ein Umstand, der Kritikern dieses Fahrzeug-Formates weiteres Futter gibt. Sie bemängeln unter anderem, dass der Parkraum mit dem stetigen Wachstum schon lange nicht mehr mithalten kann. SUV stehen im Fokus dieser Kritiker, obwohl auch Autos wie der neue Opel Insignia Sports Tourer [3] das Problem nicht minder deutlich aufzeigen.

Im Innenraum geht mit dem neuen X3 eine Ära zu Ende – nämlich die der integrierten Displays. Der bisherige X3 war das letzte verbliebene Modell im BMW-Programm, in dem noch kein freistehender Bildschirm die Ansicht störte. Bei der Bedienung lässt BMW inzwischen die Wahl zwischen vier Wegen: Zum gewohnten iDrive-Controller kommt die Eingabe via Touchscreen, Sprach- und Gestensteuerung. Nie versuchte ein X3 auf so vielen Wegen, die Wünsche seiner Fahrer zu erahnen. Spannend wird mittelfristig sein, ob BMW all diese Wege mit dem gleichen Engagement weiter pflegt. Nach meinen, bisher allerdings sehr spärlichen Erfahrungen, wäre ausgerechnet der neueste Weg der erste, den ich verlassen würde: die Gestensteuerung.

Abseits dessen bringt der neue X3 fast alle Segnungen mit, mit denen auch die teureren BMW-Modelle ausgestattet werden können. Ob nun teilautonomes Fahren, ein Navi, welches einem sagt, wann man losfahren muss, um einen Termin rechtzeitig zu erreichen oder auch Display anstelle eines normalen Kombiinstrumentes: Die Möglichkeiten sind für Zahlungswillige nochmals größer geworden als sie es bisher schon waren. Die knapp 90.000 Euro, die ein X3 35d bisher inklusive aller verfügbaren Extras kostet, wird der Neue aus mehreren Gründen locker übertreffen. Zum einen ist nicht damit zu rechnen, dass BMW in seinem Streben nach Rendite nachlassen wird. Solange die Kundschaft mitzieht, gibt es dafür aus unternehmerischer Sicht keinen Anlass.

Zum anderen wird BMW bei den Motoren nachlegen. Heftig spekuliert wird derzeit, ob der dritte X3 der erste wird, der auch als M-Modell angeboten werden soll. Angesichts vergleichbarer Konkurrenz-Offerten ist die Frage, ob die Welt nun auf ein weiteres SUV mit überreichlichem Kraftangebot gewartet hat, falsch gestellt. Es gibt eine globale Nachfrage nach solchen Modellen – und BMW bedient sie. Was das künftige Spitzenmodell leisten und kosten wird, ist BMW eine Extra-Nachricht wert. Aktuell wird noch nichts verraten. Mit etwas Ausstattung sollte es der anvisierten Klientel aber so endlich möglich sein, mehr als 100.000 Euro für einen X3 anzulegen.

Ein Benziner, zwei Diesel

Der Start kurz nach der IAA wird allerdings in jeglicher Hinsicht deutlich verhaltener. Zunächst gibt es nur einen Benziner im X3 M40i mit 360 PS und 500 Nm. Sie beschleunigen das SUV in minimal 4,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, bei 250 km/h ist Schluss. Im NEFZ verspricht BMW je nach Reifenformat Werte zwischen 8,2 und 8,4 Liter. Ein Partikelfilter dürfte rasch folgen, zumindest hat BMW kürzlich angekündigt, noch in diesem Jahr mit dem Einbau zu beginnen. Für alle ab September 2017 homologierten Modelle wird er ab diesem Zeitpunkt Pflicht, für alle anderen ein Jahr später. Der X3 wurde vor September 2017 homologiert.

Weitere Benziner mit rund 260 und 190 PS werden vermutlich noch in diesem Jahr folgen. Übersichtlich bleibt es zunächst bei den Dieselmotoren. Den Anfang machen der Zweiliter-Vierzylinder mit 190 PS aus der Baureihe B47 und der Dreiliter-Sechszylinder mit 265 PS (intern B57). Bisher hatte der X3 nur einen Speicherkat zur Reduzierung von Stickoxiden eingebaut. Wir rechnen damit, dass dies künftig anders sein wird. Wie im 5er wird vermutlich eine Kombination aus Speicher- und SCR-Kat mit Adblue-Einspritzung verbaut. Damit lässt sich flexibel auf den Stickoxideintrag im Abgas reagieren.

Reagieren wird BMW auch auf die veränderte Situation auf dem Markt. So ist noch nicht hundertprozentig geklärt, ob der X3 18d und der 35d angeboten werden. Vermutlich wird BMW genau beobachten, wie sich das Diesel-Interesse entwickelt. Beide Motoren könnten wohl relativ zügig nachgeschoben werden, wenn der Markt es denn fordern sollte.

Noch verrät BMW auch nichts über alternative Antriebe. Doch ziemlich fest darf mit dem Plug-in-Hybrid-Antriebsstrang aus 530e und 330e [4] gerechnet werden. Alles andere wäre eine faustdicke Überraschung, ebenso wie die Vorstellung, BMW hätte keine Elektroversion in Vorbereitung. Andernfalls müsste man den Verantwortlichen im Münchener Vierzylinderturm unterstellen, sie hätten ihr gutes Gespür verloren. Darauf deutet die Entwicklung der Marke in den vergangenen Jahren nicht hin.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3755964

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Mercedes-GLC-250-3239842.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-BMW-X1-xDrive-20d-3130148.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Vorstellung-Opel-Insignia-Sports-Tourer-3618165.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-BMW-330e-3625680.html