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Studie: Die emotionale Bindung zum Automobil lässt nach

Was junge Menschen von Autos erwarten

Ratgeber ggo

Nach einer neuen Studie ist bei Autokäufern zwischen 18 und 25 eine "neue Rationalität" zu beobachten. Junge Leute legen demnach zwar Wert auf gutes Image, bevorzugen aber günstige und praktische Autos

Hannover, 17. März 2010 – Das FHDW Center of Automotive hat eine Hitparade ermittelt, die einigen Autoherstellern nicht behagen wird. In der Studie "Jugend und Automobil 2010" befragte das Team um Professor Stefan Bratzel rund 1100 Personen im Alter von 18 bis 25, um ihr Verhältnis zum Auto zu ermitteln. Denn aus dieser Altersgruppe kommen die Autokäufer von morgen, an deren Haltung und Vorlieben die Industrie natürlich großes Interesse haben muss.

Imageproblem

Die Top Ten der uninteressantesten Marken führt mit großem Abstand Opel an, gefolgt von Dacia und Fiat. Als Grund nennt die Studie das Image und Design der Marke, die Kritik an der Qualität wie noch vor zwei Jahren habe allerdings abgenommen. Während Opel schon seit langem gegen ein etwas dröges Image ankämpfen muss, ist das Ergebnis für Mercedes fast schon alarmierend: Die junge Generation sieht sie auf Platz 6 der Negativ-Top-Ten, ein Ergebnis, das vor einigen Jahrzehnten sicher nicht zu erwarten gewesen wäre. Als Grund nennen die jungen Leute in erster Linie das unattraktive Design – vor allem der A-Klasse – und das als schlecht empfundene Preis-Leistungs-Verhältnis.

Preisfragen

Bei der Umfrage zeigte sich erwartungsgemäß, dass der Preis für die Neuanschaffung in dieser Altersgruppe eine große Rolle spielt, auch die Abwrackprämie hätten junge Erwachsene intensiv genutzt. Junge Männer, die nach wie vor "autoverliebter" sind, geben im Durchschnitt 30 Prozent mehr aus, wenn sie ein Auto kaufen, es darf aber auch ein Gebrauchter sein, zumal ihnen das Design und eine ordentliche Leistung wichtiger ist. Junge Frauen bevorzugen laut Studie meist einen Neuwagen, der dafür aber kleiner und schwächer ausfallen darf.

Was junge Menschen von Autos erwarten

Beim Thema "Auto und Umwelt" unterscheiden sich die jungen Menschen offenbar nicht allzu sehr von anderen Altersgruppen: Das Thema wird zwar wahrgenommen, aber vor allem als Kostenfaktor gesehen. Mehrkosten für ein umweltfreundliches Auto lehnt die Mehrheit der Befragten ab. Allerdings wären 32 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen bereit, mehr Geld für ein umwelt­freundliches Auto zu investieren, eine Mehrheit würde dabei sogar einen Mehrpreis von 10 Prozent akzeptieren.

Neue Rationalität

Zwar hat das Automobil laut Studie noch immer eine hohe Bedeutung für die junge Generation, doch die Befragung deute darauf hin, dass die emotionale Bindung an das "Statussymbol Auto" deutlich nachlässt. Bei etwa 20 bis 30 Prozent der jungen Frauen und Männer mache sich eine "neue Rationalität" breit – es stehe die Funktionalität des Autos als Fortbewegungsmittel im Vordergrund denn der "automobile Mehrwert". Für jeden dritten hat die Urlaubsreise und für jeden vierten die eigene Wohnung höhere Priorität als ein Auto.

Audi und VW vorne

Und was sind die beliebtesten Autos? Laut Studie stehen bei den jungen Erwachsenen Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns hoch im Kurs. Fast jeder Vierte der Befragten (42,2 %) fährt derzeit VW, Audi, Seat oder Škoda, gefolgt von Opel (16,6 %) und Ford (12,2 %). Das am meisten gefahrene Modell ist der Golf, interessanterweise gefolgt vom Opel Corsa und dem VW Polo. In der Realität steht Opel demnach gar nicht so schlecht da. Erfreulich für den gebeutelten Autobauer ist auch, dass 82 Prozent der Befragten die derzeit gefahrene Marke wieder kaufen würden. Die begehrteste Marke für einen Neukauf ist allerdings mit deutlichem Abstand Audi (31 %), danach folgen VW (19 %) und BMW (16,5 %).

Was junge Menschen von Autos erwarten

Insofern hat die unerfreuliche Pole Position für Opel auch ihr Gutes: Wenn die Autokäufer sich zunehmend von praktischen Erwägungen leiten lassen, sind mäßiges Image und Aussehen nicht einmal unbedingt von Nachteil. Sorgen muss sich eher die gesamte Auto­mobilindustrie machen, sollten die Ergebnisse und Einschätzungen der Studie stimmen. Denn wenn ein Statussymbol erst einmal an Bedeutung verliert, kann schnell eine Sogwirkung entstehen.

Günstig, praktisch, gut

Das wirft Fragen auf: Wie lassen sich teurere Autos noch schmackhaft machen, wenn sie nicht mehr als Statussymbol taugen? Und wie sollen Autos praktischer, umweltfreundlicher und dabei noch preisgünstiger werden?

Obwohl ein Audi nicht gerade billig ist, scheint das Unternehmen besonderen Anklang zu finden. Vielleicht liegt das auch daran, dass Audi im Design eine Sachlichkeit kultiviert hat, die den heutigen Vorlieben entgegen kommt. Die Studie ergab aber auch, dass das Geld nach wie vor etwas lockerer sitzt, wenn das Image der Marke gut ist. Wie der Konflikt aus gutem Design, Praxisnutzen und günstigem Preis aufzulösen ist, könnte ein Auto wie der zukünftige VW Up! [1] zeigen. Doch das ist vorläufig Spekulation. Die Studie deutet darauf hin, dass zumindest hierzulande "Premium" zum Problem werden könnte. Es einfach einige Klassen niedriger mit Luxus zu probieren wird schwierig, wenn die Menschen ihr Geld lieber in andere schöne Dinge stecken.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/VW-E-Up-3-19-Meter-kurze-Elektro-Studie-auf-der-IAA-747741.html