Stefan schrieb bereits während des Studiums Spieletests für ein Printmagazin im Ruhrgebiet. Durch einen glücklichen Zufall landete er in Berlin und arbeitete fast 15 Jahre bei Areamobile, zuletzt als leitender Testredakteur. Für Heise Bestenlisten testet er Smartphones, Saug- und Mähroboter, Lautsprecher, Modellflugzeuge und andere Technik-Gadgets.
Bifaziale PV-Module wandeln nicht nur Sonnenlicht in Strom um, das direkt auf die Solarzellen scheint, sondern auch Streulicht, das „von hinten“ kommt. Wir erklären, was das bringt.
Herkömmliche monofaziale PV-Module generieren Strom aus Sonnenlicht – allerdings nur, wenn es von vorn auf die Solarzellen scheint. Bifaziale PV-Module nehmen zusätzlich auch Streulicht auf, das von hinten auf die Zellen fällt. Daher erklärt sich auch der Name: Die lateinische Vorsilbe „bi“ bedeutet „zwei“, „facies“ übersetzt „Gesicht“ – gemeint ist also ein zweigesichtiges oder zweiseitiges PV-Modul. Wie so oft bedient sich der Mensch hier Vorbildern aus der Natur, so gibt es bestimmte Pflanzenarten, deren Blätter ebenfalls zweiseitig Sonnenenergie aufnehmen können.
Wie erwähnt, generieren bifaziale Solarmodule nicht nur durch von vorn auftreffendes Licht Strom, sondern auch auf der Rückseite durch Streulicht. Die tatsächliche Ausbeute kann dann bis zu 30 Prozent höher ausfallen, ein 400-Watt-Modul produziert so bis zu 520 Watt. Außerdem verwenden bifaziale PV-Module normalerweise einen Glas-Glas-Aufbau und sind dadurch widerstandsfähiger und verlieren langsamer als einfache Glas-Folien-Module an Leistung. Hersteller geben nicht selten 30 Jahre auf Haltbarkeit und Leistung der Panels, wie wir etwa im Test des Yuma Flat Bifazial Pro (Testbericht) feststellen durften. Bei Glas-Folien-Panels liegt die Garantie eher bei 10 bis 25 Jahren. Glas-Glas-Module benötigen zudem nicht zwingend einen Alurahmen, was zusätzliche Verwendungsmöglichkeiten erschließt.
Folgende Bifazial-Sets bietet Yuma, der Anbieter unseres ersten Testgeräts:
Bifaziale PV-Module sind wegen des Glas-Glas-Aufbaus im Schnitt rund 20 Prozent schwerer als Glas-Folien-Module. Das kann theoretisch etwa auf dem Flachdach einer Garage zu statischen Problemen führen. Außerdem sind bifaziale Solarplatten rund 10 Prozent teurer als monofaziale Panels.
Bei monofazialen Modulen ist die der Sonne zugewandte Seite, also die mit den sichtbaren Solarzellen, normalerweise durch Glas geschützt. Bifaziale Module müssen auch die Rückseite schützen, daher bestehen sie meistens auf beiden Seiten aus Glas. Außerdem sind sie stellenweise durchsichtig, da sich zwischen den typischen 6-Zoll-Solarzellen aus sechs Reihen und 10 Spalten an Einzelzellen, die normalerweise je 156 x 156 mm groß sind, klares Glas befindet. Entsprechend sind sie teilweise lichtdurchlässig. Von hinten sind die gleichen Solarzellen-Blöcke wie von vorn zu sehen. Monofaziale Module haben hier meist eine weiße Folie und sind undurchsichtig.
Neben der typischen Angabe der Peak-Leistung in Watt kommt für eine grobe Einschätzbarkeit der bifazialen PV-Module noch der Bifazialfaktor hinzu. Er gibt das Verhältnis der Leistung von Vorderseite zu Rückseite an und liegt je nach verwendeter Solarztellentechnik zwischen 50 (PERC - Passivated Emitter and Rear Cell) und über 95 Prozent (HJT – Hetero Junction). Vereinfacht bedeutet die Prozentzahl des Bifazialfaktors, wie viel Strom die Rückseite eines entsprechenden Solarpanels im Optimalfall produzieren kann.
Bifaziale PV-Panels sollen zusätzlich Streulicht auf der Rückseite einfangen, um mehr Strom als vergleichbare monofaziale Solarplatten mit gleicher Watt-Peak-Zahl generieren zu können. Wichtig ist dafür eine möglichst helle, glänzende Umgebung, da sie Licht besser reflektiert als dunkle, matte Oberflächen. Die Reflexionsfreudigkeit nicht spiegelnder Flächen wird im Albedo-Wert festgehalten. Je höher er ist, desto besser reflektieren Oberflächen Licht. Wasser verfügt über einen Albedo-Wert von rund 0,1 und reflektiert damit etwa 10 Prozent des auftreffenden Lichts. Gras liegt etwa bei 20 bis 25 Prozent, heller Wüstensand bei 40 Prozent. Am besten schneidet frischer Schnee mit einem Albedo-Wert von bis zu 0,9 ab, er reflektiert also bis zu 90 Prozent des auftreffenden Lichts.
Neben der Umgebung und dem Albedo-Wert ist die Art der Aufstellung wichtig bei bifazialen Modulen. So sollten sie nicht flach und nah auf einer Oberfläche montiert sein, da so nur sehr wenig Streulicht von hinten auf die Solarzellen treffen kann. Aus diesem Grund ist die Verwendung von bifazialen Modulen bei einer typischen Schrägdach-Installationen nur bedingt sinnvoll, da der Stromzugewinn hier nur im sehr niedrigen, einstelligen Prozentbereich liegt. Tendenziell sollten bifaziale Module etwa 20 Prozent steiler und am besten höher als monofaziale Module installiert werden. Sogar senkrechte Installation (mit ausreichendem Abstand zum Untergrund) ist denkbar und kann sinnvoll sein, auch wenn hier der Ertrag der Hauptseite sinkt. Gleichzeitig steigt dabei allerdings der Ertrag der Rückseite. Bifaziale Solar-Panels eignen sich besonders für eine Ost-West-Aufstellung, da sie so über den Tag verteilt am meisten Strom produzieren können.
Durch die Stromproduktion auf beiden Seiten eignen sich bifaziale Solarzellen für Anwendungsfälle, in denen monofaziale Panels ungeeignet wären. Das betrifft sowohl die Stromausbeute als auch die Optik der Module. So lassen sich bifaziale Panels auch senkrecht aufständern und dann wegen ihrer teilweisen Licht- und Blickdurchlässigkeit als Zaun verwenden. Das klappt auch nachträglich, wenn es sich wie bei einem Stabmattenzaun um einen sehr lichtdurchlässigen Zaun handelt. Optimal ist auch hier eine Ost-West-Ausrichtung. Diese Senkrecht-Aufstellung findet zudem immer mehr Anwendung in der Landwirtschaft, wo Flächen gleichzeitig Strom generieren und trotzdem mit wenig Einschränkung weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden können.
Ebenfalls wegen der teilweisen Lichtdurchlässigkeit und außerdem, weil Glas-Glas-Module keinen Alurahmen voraussetzen, werden entsprechende PV-Platten gern als Sonnenschutz für Carports oder Terrassen verwendet. Sie sehen modern aus, lassen je nach Ausführung noch ausreichend Licht durch, spenden aber gleichzeitig Schatten und generieren dabei auch noch Strom. Für solche Fälle gibt es bifaziale, rahmenlose Module, deren Anschlüsse nicht wie normal mitten auf dem Modul platziert wurden, sondern am Rand.
Der dritte Anwendungsfall sind Flachdach-Aufstellung und Balkonkraftwerke. In beiden Fällen werden Module normalerweise aufgeständert und bekommen so genug Streulicht von hinten mit. Das erhöht den Ertrag.
Die Anschaffungskosten liegen zwar im Schnitt etwa 10 Prozent höher im Vergleich zu monofazialen Panels, allerdings rechnet sich das schnell wegen höherer Leistung und Haltbarkeit.
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Eigentlich gibt es nur wenig Gründe gegen bifaziale PV-Module. Sie sind aktuell nur wenig teurer als monofaziale Panels, außerdem sind sie etwas schwerer. Die Vorteile überwiegen das aber locker. Denn bifaziale PV-Module liefern nicht nur bis zu 30 Prozent mehr Strom, sondern sind normalerweise zudem deutlich haltbarer und verlieren langsamer an Leistung. Außerdem erschließen sich durch die teilweise Lichtdurchlässigkeit ganz neue Anwendungsfälle, etwa als Sonnenschutz auf Carports und Terrassen. Auch Zäune sind damit realisierbar – zwar sinkt durch die senkrechte Aufstellung die Effizienz der Vorderseite, das wird aber durch den zusätzlichen Stromertrag durch die Rückseite mehr als ausgeglichen. Allerdings lohnen sich bifaziale Module für eine typische Aufdachanlage zumindest aus Strom-Erzeugungsgründen kaum.
Tests, Ratgeber und Bestenlisten rund um das Thema Photovoltaik haben wir auf unserer Themenseite Photovoltaik zusammengefasst. Hier finden sich etwa
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