30 Jahre Java – Interview mit Adam Bien
Java wird im Jahr 2025 schon 30 Jahre alt. Das ist ein guter Zeitpunkt, zurĂĽck, aber auch nach vorn zu blicken.

(Bild: Erstellt mit KI (Midjourney) durch iX-Redaktion)
- Falk Sippach
Der Softwarearchitekt und -entwickler Adam Bien hat sich in der internationalen Java-Szene einen Namen gemacht. Er ist Java Champion und wurde 2010 zum Java Developer of the Year gekürt. Auf Konferenzen begeistert er seit Jahren sein Publikum und wurde für seine Vorträge unter anderem auf der Java One seit 2009 mehrmals zu den RockStars gewählt.
Adam wird bei der JavaLand 2025 eine Keynote zu 30 Jahren Java halten, und wir haben ihm vorab schon einige Fragen gestellt.
Falk Sippach: Adam, du bist eine SchlĂĽsselfigur in der Java-Community und hast die Evolution der Plattform und der Sprache schon relativ frĂĽh bis zur Gegenwart aktiv mitgestaltet. Wann und mit welcher Version bist du erstmals mit Java in BerĂĽhrung gekommen?
Adam Bien: Ich habe Java kurz vor der Veröffentlichung des JDK 1.0 evaluiert und war nicht begeistert. Ich war damals ein C++-Fan und hatte viel Spaß mit Operator Overloading und Include-Dateien. Beides fehlte mir in Java. Das war etwa 1995.
Falk Sippach: Wenn man sich deine bisherigen Veröffentlichungen (Bücher, Vorträge, Workshops, ...) anschaut, fallen dabei viele relevante Meilensteine des Java-Ökosystems ins Auge. Was waren für dich in deiner Laufbahn die bemerkenswertesten Sprachfeatures, Bibliotheken, Standards und Werkzeuge?
Adam Bien: Alles begann mit Applets. Mein erstes kommerzielles Projekt war ein Chat-Applet mit Remote Method Invocation (RMI) Backend. Aber ich konnte es kaum erwarten, bis Servlets verfĂĽgbar wurden. Ich sollte eine serverseitige CMS-Anwendung mit Common Gateway Interface (CGI) implementieren. Ich hatte keine Erfahrung mit CGI und wartete ungeduldig auf die erste Version des JavaWebServers von Sun Microsystems um 1997.
Das nächste Projekt, wieder mit JavaWebServer, war eine E-Commerce-Lösung. Hier haben wir das gesamte Backend mit JavaBeans und JDBC implementiert. Die Produktvielfalt war eine echte Herausforderung. Die Applikationsserver waren kaum vergleichbar und die Programmiererfahrung nicht übertragbar. Mit der Einführung von J2EE wurde dieses Problem durch die Standardisierung der APIs gelöst. Fortan konnte ich produktiv mit verschiedenen Produkten entwickeln.
Die Idee von Quarkus hat mich ebenfalls überrascht. Die APIs beizubehalten und gleichzeitig das Deployment zur Laufzeit zu eliminieren, war revolutionär. In den meisten Projekten haben mir die Patterns bei der "Don't Make Me Think"-Entwicklung geholfen und mir Hunderte von überflüssigen Meetings erspart. Wir haben uns auf die Patterns verlassen, um die Anwendung zu strukturieren und uns auf die Implementierung des Mehrwerts konzentriert.
Falk Sippach: Welche Rolle spielt Java deiner Meinung nach in der modernen Softwareentwicklung, insbesondere im Vergleich zu anderen Sprachen und Technologien?
Adam Bien: Java wird immer einfacher und die Entwicklung immer produktiver. Die Typsicherheit von Java wurde mit der wachsenden Popularität von Ruby on Rails um 2006 belächelt, "Duck Typing" mit zusätzlichen Unit Tests sollte die Produktivität und Lesbarkeit des Codes erhöhen. Daraufhin folgten einige schwer wartbare Projekte, die versuchten, zu Java zurückzukehren. Heute versuchen die meisten Programmiersprachen typsicher zu sein. Selbst JavaScript und Python wollen die Typsicherheit.
Auch ORMs wie JPA wurden als überflüssig abgestempelt – NoSQL sollte agiler und leichter verständlich sein. Heute sind ORMs in JavaScript-Frameworks sehr beliebt. Ich habe das Gefühl, dass alle Java-Hypes, die vor 10 Jahren populär waren, heute in anderen Programmiersprachen zu finden sind.
Es wurde sogar argumentiert, dass Java eine Low-Level-Programmiersprache ist, die unnötig schnell ist. Statt Java sollte man lieber höhere, aber weniger performante Programmiersprachen verwenden. Tatsächlich ist Java sehr schnell. Es ist um Faktoren schneller als JavaScript oder Python und vergleichbar mit C.
Java ist langweilig, gut lesbar und eine "No-Magic"-Programmiersprache mit einem sehr guten Tooling und Ă–kosystem. Daher eignet sich Java besonders fĂĽr groĂźe Projekte. Neue Java-Features wie die direkte AusfĂĽhrbarkeit von Quelldateien machen Java auch fĂĽr kleinere Anwendungen und Scripting interessant.
Falk Sippach: Was hat dich motiviert, Java nahezu 30 Jahre lang die Treue zu halten?
Adam Bien: Anfangs wollte ich möglichst viele Programmiersprachen verwenden. Aufgrund der großen Nachfrage nach Java musste ich diese Strategie schnell aufgeben. Sun Microsystems hat früh auf Standards und Herstellervielfalt gesetzt. Ich habe mich auf Standards konzentriert und konnte inkrementell lernen und Erfahrungen sammeln. Um mich herum wurden viele Frameworks gehypt, eingesetzt und wieder verworfen. Dann kam wieder ein ganz anderes Framework zum Einsatz. Man musste sich die Idiome neu aneignen, die Erfahrung war selten übertragbar.
Erst kürzlich habe ich ein etwa 15 Jahre altes Projekt modernisiert. Es war viel einfacher, als ich dachte. Mit Java konnte ich einfachen und langweiligen Produktionscode schreiben und in meiner Freizeit viel Spaß mit JINI, JavaSpaces, JXTA, RMI, JIRO, FreeTTS, Hazelcast und unzähligen anderen Frameworks haben. Java macht mir immer noch Spaß und meine Kunden sind zufrieden. Ich sehe keinen Grund, zu wechseln. Lediglich im Frontend verwende ich reine "Webstandards" und Web Components gepaart mit reinem JavaScript ohne Abhängigkeiten oder externe Bibliotheken. "The Java way". Auch dieser Ansatz wird übrigens immer populärer.
In den letzten Jahren konnten wir mit Java, Quarkus und serverlosen Architekturen einfache Anwendungen bauen, die im Betrieb sehr kostengünstig, in einigen Fällen sogar kostenlos waren. Sogar die Kommentare zu meinen (>800) YouTube-Shorts sind überraschend positiv – Java ist immer noch sehr populär und viele sind immer noch überrascht von den Java-Features.
Falk Sippach: Welche Tipps kannst du aktuellen Java-Entwicklern geben, um in der sich schnell verändernden Technologielandschaft am Ball zu bleiben und sich mit Java weiterzuentwickeln?
Adam Bien: Hypes wiederholen sich. Das Wichtigste ist, möglichst einfachen Code zu schreiben. Der Mehrwert für den Kunden sollte immer im Vordergrund stehen.
Falk Sippach: Zu guter Letzt wollen wir noch einen Blick in die Zukunft wagen. Welche Herausforderungen und Chancen siehst du für Java in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Adam Bien: In Java gibt es derzeit viele Innovationen. GraalVM ermöglicht die Ausführung von JavaScript, Python und sogar WebAssembly auf der JVM und mit optionaler Übersetzung in Maschinencode, Graal OS sieht aus wie ein "Pure Java"-Kubernetes, Project Babylon ermöglicht die Transformation von Code – auch für den Betrieb auf GPUs, Valhalla hilft mit Performancegewinnen bei der Model Inference, Leyden macht die Dauer von Kaltstarts konfigurierbar. Es sieht also ausgezeichnet aus - vielleicht gibt es bald einen neuen Java-Hype.
Wollt Ihr Adam Bien live erleben, dann kommt auf die JavaLand, die vom 1. bis 3. April am NĂĽrburgring stattfindet.
(rme)