MS Teams oder MS Chats? Kollaborationssoftware ist mehr als ein Chatprogramm

Wer MS Teams, Slack und ähnliche Werkzeuge nur für den Chat nutzt, verschenkt das Potenzial der Tools für die Teamarbeit.

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Welcome, please come in

(Bild: Aaron Burden/unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Stefan Mintert

Moin.

Escape the Feature Factory: Stefan Mintert

(Bild: 

Stefan Mintert

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Stefan Mintert arbeitet mit seinen Kunden daran, die Unternehmenskultur in der Softwareentwicklung zu verbessern. Das derzeit größte Potential sieht er im Leadership; unabhängig von einer Hierarchieebene. Die Aufgabe, dieses Potential zu heben, hat er sich nach einem beruflichen Weg mit einigen Kurswechseln gegeben. Ursprünglich aus der Informatik kommend, mit mehreren Jahren Consulting-Erfahrung, hatte er zunächst eine eigene Softwareentwicklungsfirma gegründet. Dabei stellte er fest, dass Führung gelernt sein will und gute Vorbilder selten sind. Es zeichnete sich ab, dass der größte Unterstützungsbedarf bei seinen Kunden in der Softwareentwicklung nicht im Produzieren von Code liegt, sondern in der Führung. So war es für ihn klar, wohin die Reise mit seiner Firma Kutura geht: Führung verbessern, damit die Menschen, die die Produkte entwickeln, sich selbst entwickeln und wachsen können. Für Heise schreibt Stefan als langjähriger, freier Mitarbeiter der iX seit 1994.

Ich schreibe in diesem Blog nicht sehr gern über einzelne Produkte. Und tatsächlich geht es heute auch nicht so sehr um die Software von Microsoft, die so prominent im Titel zu finden ist, sondern um Produkte dieser Art. Allerdings bringt der Produktname von Microsoft ziemlich gut auf den Punkt, worum es mir geht, nämlich um Teams.

Als ich zum ersten Mal mit MS Teams gearbeitet habe, habe ich, ohne nachzudenken, in der Software ein Team für jedes reale Team angelegt. Erst später habe ich bei anderen Kunden festgestellt, dass es in vielen Firmen üblich ist, in MS Teams nur den Chat zu nutzen. Jede Gruppe (jedes Team) legt einen Teamchat an und arbeitet damit. Hätte Microsoft sein Produkt nicht MS Teams, sondern MS Chats nennen sollen?

Ich finde, dass die Teams dabei viel verpassen. Sie schotten sich damit stark voneinander ab. In einen Chat kommt man nur durch explizite Einladung.

Bei der Arbeit im gemeinsamen Büro kann man einfach mal zum anderen Team hinübergehen. Diese Möglichkeit möchte ich unbedingt auch in der verteilten Arbeitswelt haben.

Deshalb stelle ich hier meine (vorläufige) Lieblingsvorgehensweise vor. Und nochmal: Das gilt auch für andere Tools wie Slack.

  1. Für jedes reale Team nutze ich gerne ein Team in MS Teams. Dieses Ding nenne ich im Folgenden Teamraum, um einen eindeutigen Namen zu haben und weil ich es wie einen Teamraum der physischen Welt verwenden möchte. Er gehört einem Team und andere Personen dürfen durchaus eintreten.
  2. Für wiederkehrende Themen richte ich jeweils einen Kanal ein. Wenn es nur einen einzigen Teamchat gibt, sind gleichzeitige Gespräche zu verschiedenen Themen eine Qual. Themengebiete/Kanäle, die ich oft verwende: Testing, Review, Daily und natürlich Allgemein, für alle Themen, die keinen eigenen Kanal haben. Der Allgemein-Kanal ist auch mein favorisierter Anlaufpunkt für Personen aus anderen Teams (siehe unten).
  3. In der Regel sind Kanäle öffentlich. Es gibt auch nicht öffentliche Kanäle, beispielsweise für Retrospektiven oder sonstige vertrauliche, teaminterne Kommunikation.
  4. Damit öffentlich/nicht öffentlich Sinn ergibt, ist es wichtig, dass Teamräume unternehmensweit für jede Person zugänglich sind.

Der letzte Punkt ist die digitale Analogie zu dem, was in der physischen Welt heißt: "Ich gehe mal zum anderen Team rüber." Wenn ich mich in einem anderen Teamraum oder einem anderen Team anmelden kann, bin ich in der Lage, spontan zu den öffentlichen Meetings zu gehen. MS Teams erlaubt es, aus einem Kanal heraus eine Besprechung zu planen. Die Besprechung findet dann in dem Kanal statt. Teamexterne Personen, die als Gäste in einem Teamraum angemeldet sind, können erkennen, ob in einem Kanal eine Besprechung stattfindet, und sich dazuschalten. Oft habe ich beobachten können, dass der Kanal Review und die dort stattfindenden Meetings für benachbarte Teams interessant waren. So kamen zu diesen Besprechungen bemerkenswert häufig Entwickler und Entwicklerinnen, die nicht explizit über eine Kalendereinladung eingeladen waren.

Die feingranulare Steuerung der Benachrichtigungen über Ereignisse in den Kanälen stellt sicher, dass man als potenziell interessierte, aber teamfremde Person nicht mit Informationen geflutet wird, die man selbst nicht in hoher Frequenz braucht.

Diese Vorgehensweise ist die beste Näherung an eine Offene-Tür-Politik, die ich bisher gefunden habe. Oft habe ich als Alternative gesehen, dass Teams unzählige Personen vorsorglich zu Terminen einladen. Eine positive Wirkung konnte ich dabei nicht beobachten.

Ich wĂĽrde mich freuen, wenn in den Kommentaren Erfahrungen aus vielen Unternehmen geteilt werden. Welche Vorgehensweise habt Ihr ausprobiert? Was funktioniert fĂĽr Euch gut? Was sollte man nicht versuchen?

(rme)