Meisterhaft – JavaOne 4/5

Sicher hat es jeder von uns schon einmal erlebt, dass er sich, weil begeistert über ein bestimmtes Thema, mit seinem Gegenüber verquatscht und darüber die Zeit vergessen hat. Aber kaum einer von uns wird es bei dieser Gelegenheit geschafft haben, mehrere (zehn-?)tausend zahlende Kunden warten zu lassen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Michael Wiedeking

Irgendwie ist eine Konferenz doch ein bisschen anstrengend. Den ganzen Tag programmierend am Rechner zu sitzen, bereitet einem da vergleichsweise wenige Probleme, aber bei Vorträgen – insbesondere mit einem neuen Thema – kann es dann doch mal passieren, dass man schwächelt. Wenn man dann nicht aufpasst, kann man auch den Anschluss verlieren, und so muss man deutlich aufmerksamer sein als beim Programmieren.

Da ist es relativ entspannend, wenn wieder mal eine Keynote kommt. Wenn man sich nämlich für die Technik interessiert, dann sind die Keynotes ein bisschen wie Liebesschnulzen im Vergleich zu Thrillern: Es gibt nichts, was man verstehen muss, nichts was nicht offensichtlich ist, und es geht immer nur darum, wie gut man zusammenpasst oder was man alles für tolle Dinge zusammenmachen kann, wenn man endlich zusammenkommt. Leichte Kost sozusagen, bei der man nebenbei eine Spezifikation lesen oder E-Mails beantworten kann.

Nachdem dieses Jahr sozusagen drei Konferenzen zeitgleich stattfinden, gibt es also alle Nase lang eine Keynote. Auch heute blieb uns das nicht erspart, es gab sogar gleich vier Stück, zwei ganz früh und zwei am Nachmittag. Wenigstens gab es bei der ersten Nachmittags-Keynote parallel noch einen technischen Vortrag. Da fiel die Wahl nicht schwer, was man sich lieber anhört.

Bei der zweiten Keynote am Nachmittag war es aber schon schwieriger, eine Alternative zu finden, denn der Meister sprach persönlich. Mit anderen Worten, es gab keinen parallelen Vortrag. In der Keynote ging es zunächst nicht – wie man vielleicht glauben könnte – um Technik oder wenigstens Oracle-Produkte –, sondern (schon wieder mal) nur um diesen America's Cup. Den hat nämlich des Meisters Boot gewonnen.

Zu Beginn der Keynote wurde denn auch ein Film zum Thema gezeigt. Das mit dem Sieg muss den Meister ja nachhaltig beeindruckt haben (er fand das auch mehr als "awesome"), hatte er doch schon am Sonntag einen solchen gezeigt und im Anschluss die Mannschaft mitgebracht, vorgestellt und dankend ge- und verehrt. Offensichtlich wollte er durch diese Maßnahme erreichen, dass auch wirklich jeder auf der Konferenz mitbekommt, dass sein Team gewonnen hat. Wahrscheinlich kann man sich deshalb in einem der Eingänge zum Moscone Center auch Bootsmodelle, Fotos, Filme und ein großes kannenähnliches Ding ansehen.

Den America's Cup zu gewinnen muss dann ja doch verhältnismäßig beeindruckend sein, gibt es den schließlich schon seit 1851. Mit Amerika hat der Cup wenig zu tun, denn eigentlich hieß er "Royal Yacht Squadron Cup", wurde aber zu Ehren des ersten siegenden Schoners "America" umbenannt. Der New York Yacht Club konnte den Titel dann bis 1983 erfolgreich verteidigen und damit die längste Gewinnserie der Sportgeschichte verbuchen.

Der Meister versucht mit dem 2000 gegründeten "Syndicate" schon seit 2003 diesen Cup zu gewinnen. Das Team, das ursprünglich nur Oracle hieß, wurde 2004 in Oracle BMW Racing und später in BMW Oracle Racing umbenannt, um die Teilnahme und schließlich die Bedeutung von BMW im Team zu betonen.

Diesem kleinen Exkurs in der Keynote folgte eine enthusiastischen Rede über die "Kiste", die Oracle neuerdings anbietet. Man munkelt, dass auch Oracle jetzt endlich seinen Mainframe hat. Er heißt dort nur nicht so, sondern sinngemäß Cloud-"Kiste". Der Meister betonte dann auch immer wieder, dass es so etwas wie diese "Kiste" und das, was man damit machen kann, noch nie zuvor gegeben hat.

Ob er damit recht hatte oder nicht, er hat seinen Vortrag schwer überzogen. Ich hatte mir die Keynote von dem Vortragsraum, der zufällig "meinen" letzten und nächsten Vortrag beherbergte, als Live-Stream angesehen. Der Raum begann sich langsam zu füllen und der Meister kam zu keinem Ende. Als es endlich so weit zu sein schien – es war ein ausgesprochen guter Moment –, rief er einige Kollegen für eine Demonstration auf die Bühne.

"Mein" Referent, der davon nichts mitbekommen hatte, fing dann auch pünktlich an. Er hatte gerade losgelegt und war immerhin schon bei der obligatorischen Disclaimer-Folie angekommen, die sinngemäß sagt, dass die Vorträge nur Ideen und keine Verpflichtung seitens Oracle darstellen, die nicht notwendig zu Produkten werden, als er rüde unterbrochen wurde. Er möge doch bitte einige Minuten warten, denn die Keynote würde wohl länger als geplant dauern.

Die Keynote nahm aber immer noch kein Ende und nach einigen Minuten fing der Referent wieder mit seinem Vortrag an. Er hatte die Disclaimer-Folie gerade übersprungen, da kam auch schon wieder der Kerl herein, um zu sagen, dass sich der Beginn des Vortrags um eine weitere halbe Stunde verzögern würde. Das Publikum äußerte sich diesbezüglich ein bisschen ungehalten, aber der Übermittler der schlechten Nachrichten bat nur darum, deswegen bitte nicht erschossen zu werden. Für den Fall, dass es ernsthafte Klagen gäbe, habe er aber den richtigen Ansprechpartner parat: Larry Ellison.

Wir mussten dann doch nicht mehr so lange warten; offensichtlich hatte man ein Einsehen, dass sich dann doch nicht alle für die Keynote interessiert müssen. Verspätet oder nicht, eins muss man dem Meister lassen, er weiß, wie man die Dinge an den Mann bringt. ()