Prozessorgeflüster

Am 18. Juli feiert Intel seinen 40. Geburtstag – herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle dazu. Intel-Chef Paul Otellini und Intels Mann für alle Fälle, Pat Gelsinger, haben ihre Gedanken zu dem Jubiläum kundgetan – zur Einweihung der neuen 3,5 Milliarden Dollar teuren Fabrik 28 in Kiryat Gat, Israel, zu fliegen, hat indes keiner der beiden Zeit gehabt.

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Von
  • Andreas Stiller

Soweit man zurücksehen kann, hat Intel – bis auf 1986 – immer mit guten Bilanzen aufwarten können. Selbst im Chaosjahr 2001, wo die Umsätze auf breiter Front in der gesamten Halbleiterbranche einbrachen, blieb Intel noch im Schwarzen, wenn auch der Gewinn im dritten Quartal nur noch magere 100 Millionen Dollar betrug. Die Firma erholte sich aber schnell und Pat Gelsinger, damals noch Cheftechnologe (CTO) der Firma, sprach kurze Zeit später im Online-Chat mit c't-Lesern wieder vom hehren Ziel, bis zum Ende der Dekade eine 100-Milliarden-Dollar-Company zu werden. Darauf angesprochen, nahm er jetzt in einer Telefonkonferenz anlässlich des Jubiläums doch lieber von seiner früheren Einschätzung Abstand – das schafft Intel wohl kaum noch. Die Corporation liegt nach einem Schrumpfungsprozess eher „flat“ im Bereich zwischen 35 und 40 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Jetzt denke man wieder daran, Firmen zu akquirieren.

Der Techniker Gelsinger …

Gelsinger, der inzwischen die Digital Enterprise Group leitet, wird von vielen als Nachfolger des amtierenden Intel-Chefs Paul Otellini gesehen. Doch der hat erst mal gar nicht vor, seinen Stuhl zu räumen. Als Volkswirt hat er nur nicht das technische Verständnis wie die früheren Intel-Chefs und schon gar nicht wie der Ingenieur und Prozessorarchitekt Gelsinger, der auch als Business-Chef immer noch über viele technische Details genau Bescheid weiß. Dafür werden Otellinis wirtschaftliche Kenntnisse von den Aktionären und den Kollegen im Board of Directors – so eine Art Aufsichtsrat, in dem die Geschäftsführer aber Mitglied sein können – geschätzt. Der Unterschied der beiden zeigt sich auch in der Art der Zelebrierung. Otellini verkündete, dass Intel-Mitarbeiter zur Feier des Tages eine Millionen freiwillige Arbeitsstunden für die lokalen Gemeinden rund um die Intel-Niederlassungen weltweit leisten wollen (oder sollen … ), in Bereichen wie Ausbildung, Technikzugang und Umweltschutz.

Gelsinger nutzte die Gelegenheit, um seine vier General-Prognosen unters Volk zu bringen:

Das Mooresche Gesetz bleibt weiterhin gültig: Soweit wir vorausschauen können, bleibt es dabei, dass sich etwa alle zwei Jahre die Komplexität der Chips und letztlich auch die Performance verdoppelt. Neben neuen Fertigungstechniken hin zu einem 10-nm-Prozess wird man jedoch neue Programmiermodelle brauchen, um die Aufgaben auf viele, viele kleine Kerne verteilen zu können.

Kompatibilität (IA Compatibility) bleibt heilig, auch zukünftige Teraflops-Rechner sollen noch DOS booten können. Sollte das A20-Gate womöglich „unsterblich“ werden?

... und der Volkswirt Otellini.

Die im Basisbefehlssatz kompatible Intel-Architektur soll sich in alle Bereiche erstrecken, vom Supercomputer bis hin zum Handy (IA Everywhere), nur der Itanium bleibt in einer speziellen Schutzzone für „missionskritische“ Aufgaben. ARM, so Gelsinger, sei eine gute Architektur. Dennoch glaubt Intel, den ARM-Chips in Zukunft mit energiesparenden neuen Designs und vor allem mit dem Kompatibilitätsargument kräftig Konkurrenz machen zu können. Allerdings, das räumte Gelsinger ein, konnte Intel seinen Partner Apple noch nicht überreden, für die nächste iPhone-Generation zum Intel-Atom-Prozessor beziehungsweise zu dessen Nachfolger zu wechseln.

Für jedermann auf Erden soll es möglich sein, jederzeit und überall zu rechnen und online zu gehen. IA 7/24, so lautet Gelsingers Abkürzung dafür: 7 Tage, 24 Stunden und das natürlich mit und dank Intel-Architektur und Intel-Connectivity.

Zu den vielen, vielen Kernen, die Gelsinger erwähnte, ließ sich sein Nachfolger im Amte des Cheftechnologen, Justin Rattner, auf der Supercomputer-Konferenz in Dresden in seiner Begrüßungsrede etwas länger aus. In der Tick-Tock-Prozessorlinie soll im Herbst der Hexa-Core Dunnigton herauskommen und im nächsten Jahr ein nativer Octo-Core mit Nehalem-Kern. In den Testlabors, so verriet Rattner im Gespräch, experimentiert man zudem schon mit einem neuen Many-Core-Chip, der im Unterschied zum 80-Kerner Polaris, dessen Kerne sehr einfach gestrickt sind, die Intel-Architektur unterstützt. Handelt es sich bei den neuen Kernen vielleicht gar um gute alte Pentiums?

Für den Bereich „Visual Computing“ und in einer späteren Version auch fürs High Performance Computing ist Larrabee gedacht, ein Prozessor, der bisher mit 16 bis 24 Kernen gehandelt wurde, wahrscheinlich aber gleich mit 32 Kernen im nächsten Jahr debütieren wird – und zwar wie inzwischen durchdrang zur allgemeinen Überraschung wohl mit genau den gut bekannten Pentium-Kernen: dem Pentium P54C. Es wird sich wohl um die modernere Version mit den größeren Caches namens Pentium MMX handeln, natürlich geshrinkt auf 45 nm. Rattner gab allerdings auf die Frage, ob der Larrabee-Kern denn 32- oder 64-bittig sei, die Antwort, er unterstütze die volle Intel-Architektur – und die umfasst heutzutage ja eigentlich 64 Bit. Ob der Kern wohl „verbreitert“ wurde? Die namensgebende MMX-Einheit selber wird er aber wohl nicht brauchen, denn für die mehrfach parallelen Berechnungen (SIMD) besitzt jeder Kern die neue Vektoreinheit mit mutmaßlich 512 Bit Breite. Das ergibt mit Multiply-Add-Befehlen maximal 32 Flop/Takt in einfacher Genauigkeit (SP), die fürs Visual Computing völlig ausreicht. Bei 32 Kernen würden dann schon 2 GHz Takt reichen, um die 2-Teraflops-Marke zu erreichen, womit er etwa doppelt so schnell wäre, wie die ATI/Nvidia-Konkurrenz jetzt. Vermutlich wird die Larrabee-Karte aber auch doppelt so viel verbrauchen wie jene, also rund 300 Watt. Das lässt sich den bisherigen Veröffentlichungen entnehmen, wo man auf einer Larrabee-Karte zwei zusätzliche Spannungsanschlüsse für 150 und 75 Watt ausmachen konnte, was sich zusammen mit dem Strom via PCIe-Konnektor auf 300 Watt summiert. (as)