Wie niedlich: Du programmierst ernsthaft in dieser Programmiersprache?
Wer in Visual Basic programmiert, wird gerne belächelt, immerhin sei Basic eine "schlechte" Programmiersprache. Warum ist das eigentlich so und was ist da dran?

(Bild: Erstellt mit KI (Midjourney) durch iX-Redaktion)
- Golo Roden
Vor ein paar Tagen habe ich einen Entwickler kennengelernt, und natürlich (wie das unter Entwicklern eben so ist) kam relativ schnell die Frage auf, mit welcher Programmiersprache man denn jeweils unterwegs sei. Ich habe dann ein bisschen erzählt, was wir bei the native web so machen, womit wir uns beschäftigen und womit wir arbeiten.
Und natürlich habe ich ihn dann gefragt, wie das denn bei ihm sei. Da kam dann ein leicht verschämtes:
"Naja, ich arbeite nur mit Visual Basic."
Diese Antwort war ihm sichtlich unangenehm, und ich habe ihn dann gefragt, warum das so sei. Er erzählte mir, dass er schon oft die Erfahrung gemacht hätte, dass andere Entwicklerinnen und Entwickler ihn nach dieser Antwort nicht mehr so ganz ernst nehmen, sondern ihn eher belächeln würden. So nach dem Motto:
"Ach guck mal, wie niedlich, da arbeitet jemand tatsächlich noch mit Visual Basic!"
Zugegeben: Visual Basic hat keinen besonders guten Ruf. Eher im Gegenteil: Die Sprache gilt als veraltet, als minderwertig, kurzum als "schlecht". Doch da stellt sich natürlich die Frage: Was ist da dran? Ist Visual Basic wirklich so eine katastrophal schlechte Sprache? Um das beantworten zu können, muss man die Frage etwas allgemeiner stellen, nämlich: Was zeichnet eine gute oder eine schlechte Programmiersprache überhaupt aus?
Objektive Kriterien versus subjektive Meinung
Bevor wir loslegen, möchte ich noch ein paar Hinweise geben. Zuallererst: Auf diese Frage gibt es nicht die eine wissenschaftlich fundierte und absolut objektive Antwort. Schon die Definition von "gut" und "schlecht" ist eine Frage der Interpretation. Ich werde mir daher zwar große Mühe geben, das Ganze objektiv anzugehen, nicht emotional zu argumentieren und meine Behauptungen an Fakten festzumachen. Dennoch ist das, was hier steht, meine persönliche Sicht der Dinge. Bevor Du also in den Kommentaren mit Kritik um Dich wirfst, wäre es nett, wenn Du das berücksichtigen könntest.
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Zweitens: Es geht mir in diesem Blogpost nicht speziell um Visual Basic. Vielmehr versuche ich, zu erklären, woran ich festmache, ob ich eine Sprache als gut oder schlecht empfinde. Dabei liefere ich die Kriterien, die ich für wichtig halte, und erkläre, aus welchen Gründen ich sie für wichtig erachte. Es ist völlig in Ordnung, wenn Du sagst, dass diese Kriterien für Dich nicht greifen oder Du sie anders bewertest. Denn immer da, wo es um Qualität geht, spielt auch das eigene Wertesystem eine Rolle. Und das sieht bei Dir sicher anders aus als bei mir, allein schon deshalb, weil wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben.
Drittens: Generell möchte ich darum bitten, in den Kommentaren nett zueinander zu sein und konstruktiv miteinander umzugehen. Auch wenn Dir die Sprache, die jemand anderes bevorzugt, nicht gefällt, macht das die entsprechende Person nicht zu einem schlechten Menschen. Es ist völlig in Ordnung, Technologien kritisch zu hinterfragen. Anderen Menschen sollten wir trotz Kritik respektvoll begegnen.
Geeignete und ungeeignete Sprachen
Damit kommen wir nun endlich zum eigentlichen Thema: Was macht eine Programmiersprache gut oder schlecht?
Eine häufig genannte Antwort lautet: Eine Sprache ist dann gut, wenn man mit ihr das jeweils gesteckte Ziel erreichen kann. Nach dem Motto: Wenn eine Sprache den Zweck erfüllt, dann kann sie nicht schlecht sein. Für mich persönlich ist das allerdings kein besonders überzeugendes Argument. Denn bloß, weil ein Werkzeug eine Aufgabe erfüllt, ist es noch lange kein gutes Werkzeug – es ist dann zunächst einmal nur ein für diese Aufgabe passendes oder geeignetes Werkzeug.
Ob es auch gut ist, steht auf einem anderen Blatt. Das merkt man spätestens dann, wenn es mehrere Werkzeuge für dieselbe Aufgabe gibt. Denn dann gibt es oft Unterschiede. Insofern gilt für mich, dass "gut" und "geeignet" zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Umgekehrt ist eine Sprache nicht per se schlecht, nur weil sie für ein Problem ungeeignet ist. Sie ist dann einfach nur für dieses Problem ungeeignet. "Gut" oder "schlecht" sind für mich Begriffe, die sich auf eine qualitative Bewertung der Sprache an sich beziehen, unabhängig von ihrer Tauglichkeit für ein bestimmtes Problem.
Sprache vs Implementierung
Ein ähnlicher Punkt ist das Feature-Set einer konkreten Implementierung einer Sprache. Es hieß früher zum Beispiel oft, dass C# eine schlechte Sprache sei, weil sie nur unter Windows lauffähig war. Das ist falsch. Die Sprache an sich ist zunächst nur eine Syntax mit einer Semantik, wie man sich ausdrücken kann. Ob es dafür eine passende Laufzeitumgebung oder einen passenden Compiler für eine konkrete Plattform gibt, ist unabhängig von der Idee der Sprache. Heute ist es ja problemlos möglich, C# auch auf macOS oder Linux auszuführen. Insofern sind auch das keine Kriterien dafür, ob eine Sprache gut oder schlecht gestaltet wurde. Es sagt nur etwas über die Verfügbarkeit von Implementierungen aus.
Ein weiterer Punkt: Eine Sprache ist nicht dasselbe wie ihre Funktions- oder Klassenbibliothek. Auch das ist ein Implementierungsdetail. Es kann für ein und dieselbe Sprache unterschiedliche Umgebungen geben, die unterschiedlich viel an "Drumherum" zur Verfügung stellen. Das kennt man zum Beispiel aus .NET oder Java mit unterschiedlich umfangreichen Runtimes. Es geht mir also wirklich nur um das, was direkt zur Sprache an sich gehört.
Allein darüber könnte man nun lange diskutieren, ob diese Abgrenzung sinnvoll ist oder nicht. Für heute möchte ich sie so machen, weil es in meinen Augen die sinnvollste Definition ist, wenn man über das Design einer Sprache sprechen will.