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Märklin Digital

Was Sie schon immer über die Digitalsteuerung Ihrer Modellbahn wissen wollten,

aber bisher nicht zu fragen wagten

Aktualisiert am 18.05.1999

 

Datenübertragung Adressen Lokdekoder Weichendekoder Rückmeldemodul

Booster Tips&Tricks Datenblätter

 

Vorwort

Mit dem Märklin-Digital-System begann 1986 eine echte Revolution auf dem Modellbahnsektor: Wer konsequent auf die Digitalisierung setzt, kann komplizierte und fehleranfällige Steuerungen, den üblichen Verdrahtungsverhau, durch den oftmals selbst der Erbauer nicht mehr durchsteigt, aufwendige Strom kreistrennungen und -planungen vergessen. So revolutionär dieses System ist, so undurchsichtig erscheint es dem interessierten Praktiker; die diversen, zumeist oberflächlichen Publikationen in diversen Modellbahn-Zeitschriften helfen leider auch nicht viel weiter. Wenn Sie mehr über das System wissen wollen und durch Eigenbau von Decodern, Boostern, Netzteilen und anderem Zubehör Geld sparen möchten, ist dieser Beitrag genau das richtige für Sie.

 

Der Digitalstromkreis

Von der technischen Seite her müssen Sie bei digitalen Steuerungen fast alles vergessen, was sie bisher über Modellbahn-Stromkreise, Fahrtrichtungsschalter und Elektromotoren kannten. In konventionellen Märklin-Anlagen wird den in den Lokomotiven eingebauten Allstrommotoren (sie heißen so, weil sie mit Wechselstrom und Gleichstrom gleich gut betrieben werden können) eine mit dem Transformator regelbarer Wechselpannung zugeführt. Je höher diese Spannung ist, desto schneller läuft der Motor. Der Fahrtrichtungsschalter; (dessen Funktionsweise man schon bei äußerlicher Betrachtung enträtseln kann) kehrt bei einem Überspannungsimpuls die Feldrichtung im Feldmagnet und damit die Drehrichtung des Motors um. Der nutzbare Fahrbereich erstreckt sich je nach Modell von etwa 4 bis 16 V, umgeschaltet wird mit rund 24 V.

Im Digitalstromkreis jedoch liegt eine konstante Impulsspannung an, die unabhängig von der eingestellten Geschwindigkeit der angesteuerten Lokomotiven effektiv &endash; das heißt im zeitlichen Mittel &endash; gleichbleibt. Sie können sich davon einfach überzeugen, in dem Sie eine 16-Volt-Glühlampe an die Anschlüsse B und O der central unit anschließen. Sie leuchtet immer gleich hell, egal wie schnell der Fahrtregler am control80 eingestellt ist. Die gleichbleibende Effektivspannung wurde von Märklin auf folgende Weise erreicht:

Im Ruhezustand liegt der B-Anschluß auf etwa -15 V Gleichspannung. Während eines Steuerimpulses wechselt die Polarität der Bahnspannung von -15 V auf +15 V. Ohmsche Verbraucher wie die Glühlampen in der Zugbeleuchtung merken davon überhaupt nichts, denn ihnen kann es egal sein, in welcher Richtung der Strom durch sie fließt. Daher kann der Bahnstrom auf einfache Weise für Beleuchtungszwecke herangezogen werden. In der Praxis möchte ich, zumindest für stationäre Beleuchtungen, dringend davon abgeraten, denn sonst ist die Leistungseserve der central unit bald erschöpft. Die Abbildung zeigt den zeitlichen Verlauf der Impulsspannung am Ausgang der central unit anhand eines Beispielbefehls.

Konventionelle Lokomotiven reagieren auf die von der central unit stetig ausgesandte Impulsfolge im Digitalstromkreis höchst unterschiedlich: Je nach Modellfamilie (30xx, 33xx, 35xx) kriechen oder rasen sie, die von Märklin proklamierte "mittlere Geschwindigkeit" wird bestenfalls bei Triebfahrzeugen mit mechanischem Fahrtrichtungsschalter erreicht. Bei Kenntnis der Induktionsgesetze leuchtet das ein: Der Allstrommotor hat durch seine Induktivität bei der für ihn hochfrequenten Impulsspannung eine höhere Impedanz als bei der niedrigfrequen ten Wechselspannung. Dadurch "zieht" er weniger Strom und läuft entsprechend langsamer. Wie langsam, hängt von seinen elektrischen Kennwerten ab &endash; und die sind von Lok zu Lok verschieden. Anders dagegen bei Loks mit elektronischem oder elektronisch unterstützten Fahrtrichtungsschalter (33xx, 35xx): Hier wird die Wechselspannung und mithin auch die Impulsspannung des Digitalstromkreises vor dem Motor gleichgerichtet. Die Folge: 15V Impulsspannung gleichgerichtet ergibt 15V Gleichspannung und somit Volldampf.

 

Datenübertragung

In jeder Digital-Lok und in jedem Weichendecoder sitzt ein Empfängerschaltkreis, der die anliegende Impulsfolge auswertet und auf die ihm zugedachten Befehle wartet. Die Übertragung der neun Adress- und Befehlsbits im Digitalstromkreis erfolgt seriell, aber nicht nach irgendwelchen bekannten Normen wie etwa die der RS232-Schnittstelle am Märklin-interface, da die Decoder nicht mit intelligenten Schnittstellen ausgerüstet sind. Bit 1 wird zuerst, Bit 9 zuletzt übertragen, binär bzw. trinär (dazu später) kodiert als Impulsfolge. Logische Pegel in der hier verwendeten positiven Logik werden im allgemeinen wie folgt gekennzeichnet:

logisch 0 = low = L = Strom aus, Masse oder negatives Potential,

logisch 1 = high = H = Strom an, Betriebsspannung oder positives Potential

Bei dem bei Märklin benutzen Übertragungsprotokoll kommt bedingt durch die verwendteten Motorola-Schaltkreisfamilie MC145026 bis -29 bei der sog. Trinäradresse noch ein weiterer "Pegel" hinzu: der offene Eingang am Kodierungsschaltkreis, der also nicht mit Masse oder Betriebsspannung verbunden ist. Ein einzelnes "Trit" (=Trinär-Bit) sieht bei der Übertragung wie folgt aus:

log.0 = zwei kurze Impulse

log.1 = zwei lange Impulse

offen = ein langer und ein kurzer Impuls

Vier trinär kodierte Trits bilden die Adresse des gewünschten Decoders (1 bis 80, eigentlich 0 bis 81), fünf Bits (hier wieder binär kodiert) werden für die eigentliche Information (Fahrtrichtung, Geschwindigkeitsstufe, Sonderfunktion, Magnetartikel-Spule) benötigt. Durch die dreistufige Trit-Kodierung ergeben sich bei vier Adress-Trits statt (binär) 24 = 16 nun (trinär) 34 = 81 mögliche Adressen. Die fünf Datenbits werden dagegen wie in der Computertechnik üblich binär übertragen; ein offener Eingang am Kodierungsschaltkreis MC145026 gilt als log. "1". Die insgesamt neun Bits bilden einen kompletten Befehl zur Steuerung einer Lokomotive oder zum Schalten eines Magnetartikels. Die verwendeten Motorola-Schaltkreise übertragen jeden Befehl doppelt, um Übertragungsfehler aus zuschließen. Kommt beim Empfänger nicht zweimal derselbe Befehl an, weil bei der Übertragung Störungen überlagert waren, wird der Befehl ignoriert (siehe Abbildung). Ein kompletter Befehlssatz besteht also aus 2 * 9 = 18 Impulsen. Wird diese Impulswechselspannung (der Computer-Fachmann spricht in diesem Fall von NRZ-Kodierung, d.h. die Impulsspannung wird nie zu Null) über einen Gleichrichter geleitet, entsteht eine im Idealfall konstante Gleichspannung, die bei entsprechender Belastbarkeit zur Versorgung von Motoren und Elektromagneten benutzt werden kann.

Wie Sie sehen, hat der Digitalstrom zwei Aufgaben: Versorgung mit elektrischer Energie und Übertragung von Steuerimpulsen. Märklin spricht in Anlehnung an die Computer technik von einem Energie-Daten-Bus. Ein "Bus" ist in der Computertechnik ein Leitungssystem zur Datenübertragung, an das die verschiedenen Computerbausteine angeschlossen sind. Alle Daten, die im Computer verarbeitet werden sollen, werden &endash; zeitlich versetzt &endash; über diesen Bus geschickt. Jeder angeschlossene Baustein sucht sich, durch entsprechende Logiken gesteuert, die Informationen heraus, die für ihn wichtig sind. Analog verhält es sich hier: Die Lokomotiv- und Weichenempfänger fühlen sich erst dann angesprochen, wenn von der central unit ein entsprechender Code aus gesandt wurde, der sich mit dem am Empfänger eingestellten Code deckt. Tut er das nicht oder ist er fehlerhaft (siehe oben), wird die nachfolgende Information ignoriert, und der Empfänger bleibt bei der Ausführung der zuletzt gültigen Befehle.

Für Lok- und Weichendecoder wird, um mehr Befehle bzw. Adressen unterbringen zu können, eine unterschiedliche Übertragungsgeschwindigkeit benutzt. Märklin macht sich den Umstand zunutze, daß die verwendeten Motorola-Schaltkreise nur auf eine gewisse Bandbreite in der Übertragungsgeschwindigkeit reagieren und Befehle außerhalb dieser Bandbreite infolge ihrer Fehlererkennungsschaltungen ignorieren. Deshalb konnten der vorhandene Befehle (81 mögliche verschiedene Adressen und 32 mögliche verschiedene Daten) einerseits für die Übertragung der Lokbefehle (80 Lok-Adressen, 32 Daten) und andererseits für die Übertragung der Weichenbefehle (64 Decoder-Adressen, 16 Daten) benutzt werden, ohne daß zum Beispiel versehentlich Weichen beim Aufruf einer Lok schalten. Im laufenden Betrieb werden fortlaufend nacheinander die Befehle jedes angeschlossenen control80 übertragen. Ist kein control80 angeschlossen, bleibt die Ausgangsspannung bei -15V, ohne daß Befehle gesendet werden (ältere central units), oder es wird die Lokadresse 81 gesendet (neuere central units und central controls). Will man eine Weiche stellen, wird die laufende Übertragung nach einem vollständig gesendeten Befehl unterbrochen und der Weichenbefehl mit erhöhter Taktrate eingeschoben. Nachdem dieser vollständig gesendet wurde, beginnt wieder die fortlaufende Übertragung der control80-Befehle (so vorhanden).

 

Übertragungsgeschwindigkeit

Weichendekoder

Lokdekoder

Takt an Transmitter MC145026 Pin 11

38,480 kHz

19,230 kHz

Länge des Doppel-Impulspaketes

4,4 ms

8,8 ms

Übertragungsgeschwindigkeit:

4810 Bit/s

2405 Bit/s

Somit läßt sich auch das Phänomen deuten, das bisweilen bei einigen Lokadressen und älteren central units auftritt: die Lok macht einen kleinen Sprung, obwohl nur eine Weiche betätigt worden ist. Abhilfe ist konstruktionsbedingt leider nicht möglich. Besonders stark tritt dieser Effekt auf, wenn auf dem control80 noch keine Lok adresse eingetippt wurde und eine Taste auf dem keyboard gedrückt wird: Ohne Lokadresse liefert die central unit eine konstante Gleichspannung von etwa -15 V, da noch keine Lokbefehle übertragen werden müssen. Die Lokdecoder interpretieren dies als Anlagen-Einschaltzustand und lassen den Motor noch ausgeschaltet. Während eines Weichenstellbefehls wird ein einzelnes Impulspaket übertragen, mit dem die Lokdecoder aber nichts anfangen können. Vielmehr glaubt ihre Wechselspannungserkennung eine Einfahrt in einen konventionell betriebenen Gleisabschnitt zu erkennen (wechselnde Spannung am Schleifer) und schaltet kurz auf analoge Steuerung um, bis wie der Ruhe auf dem Energie-Datenbus herrscht. Erst wenn eine Lokadresse eingeben wurde, liefert die central unit fortlaufende Lokbefehle. Wie gesagt, gilt dies nur für ältere central units.

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