"Ich sehe KI als Herausforderung für die Menschheit" – Interview mit Christian J. Meier

Nach allgemeinverständlichen Sachbüchern über Nanotechnologie und Quantencomputer hat der promovierte Physiker Christian J. Meier nun seinen ersten Techno-Thriller "K.I. – Wer das Schicksal programmiert" vorgelegt.

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"Ich sehe KI als Herausforderung für die Menschheit" – Interview mit Christian J. Meier

(Bild: Polarise/dpunkt)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Christian J. Meier folgte nach einer Promotion in Physik seinem Traum und wurde Journalist und Autor. Neben Artikeln über Forschung, Technik und Digitalisierung hat er drei Sachbücher verfasst – unter anderen zu den Themen Nanotechnologie und Quantencomputer. Unter dem Titel "K.I. – Wer das Schicksal programmiert" legt er nun sein Debut eines Techno-Thrillers vor, der einen realistischen Plot und Dystopie in einer spannenden Mischung verbindet.

heise Developer: Herr Meier, Sie haben bereits drei allgemeinverständliche Sachbücher zu Themen wie Nanotechnologie und Quantencomputer geschrieben. Warum jetzt ein Thriller und kein Sachbuch über Künstliche Intelligenz und Digitalisierung?

Christian J. Meier: Ich wollte schon lange einen Thriller schreiben, da ich selbst gerne Storys und Thriller lese, die Zukunftsszenarien schildern. KI ist ein aktuelles und vielschichtiges Thema, nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich und ethisch. Eine breite Debatte darüber, welche KI wir wollen und welche nicht, findet kaum statt, obwohl es viele Sachbücher und journalistische Beiträge zum Thema gibt.

Ich glaube, mit einem Thriller erreicht man mehr Menschen. Ein lebendiges Zukunftsszenario schafft Unmittelbarkeit. Es unterhält den Leser und sensibilisiert ihn zugleich. Es macht ihn vielleicht neugierig auf die Fragen, die eine übermächtige KI aufwirft. Schon beim Schreiben meines Sachbuchs über Quantencomputer hatte ich das Gefühl, dass manche Aspekte besser mit einer fiktionalen Erzählung zu vermitteln wären. Da ich inzwischen einige Kurzgeschichten publiziert habe, sah ich mich gerüstet für einen KI-Thriller.

Mehr Infos

KI und Ethik auf der data2day 2019

Am 23. Oktober liest Christian J. Meier im Rahmen der data2day 2019 in Ludwigshafen aus seinem neuen Buch vor.
Künstliche Intelligenz und Ethik sowie die Frage der Nachvollziehbarkeit von algorithmischen Entscheidungen spielen außerdem in Keynotes und Vorträgen der Konferenz vom 22. bis 24.10. eine wichtige Rolle.

heise Developer: In Ihrem Thriller spielt die prognostische KI "Laplace", die mögliche Szenarien in der Zukunft nach Wahrscheinlichkeiten berechnet, eine wichtige Rolle. Wie weit haben Sie sich hier an realen Entwicklungen orientiert?

Meier: Eine Inspiration war das Computersystem "Aladdin" des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock. Es beobachtet ständig das Netz nach wirtschaftlich relevanter Information, etwa dem Erwähnen bestimmter Aktien in sozialen Medien. Aladdin kombiniert die Daten, um Risiken von Finanzgeschäften einzuschätzen. Die Maschine verschafft Blackrock einen Wissensvorsprung. Der Boss von Blackrock, Larry Fink, gilt als besessen von Risikoprognosen. Er selbst hatte sich in den 1980er-Jahren gigantisch verspekuliert. Das ist eine Parallele zu meinem Protagonisten Patrick Reinerts, der Laplace entwickelt hat: Er hat die Obsession, überraschende Katastrophen, sogenannte "Black Swans", zu verhüten. Laplace soll nicht nur wie Aladdin die Finanzwelt kennen, sondern möglichst alles unter der Sonne.

Eine weitere Anregung für Laplace gab mir das Buch "The Master Algorithm" von Pedro Domingos von der University of Washington. Darin beschreibt der Informatiker den Weg zu einer universellen Lernmaschine, also einen Algorithmus, der alle Aspekte des menschlichen Lernens umsetzt. Dieses Programm könnte die ganze Welt verstehen und dadurch verlässliche Prognosen erstellen. Die einzelnen Zutaten dafür seien schon da, schreibt Domingos. Verschiedene Verfahren des maschinellen Lernens imitieren unterschiedliche Facetten der Lernfähigkeit des Menschen, wie Analogien oder logische Schlüsse zu ziehen. Man müsse nur noch die Schulen des Machine Learnings vereinigen, meint Domingos. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Ich habe mir vorgestellt, was passiert, wenn Domingos universeller Lerner in einer weiterentwickelten Version eines neuromorphen Computers verwirklicht wird, der verdrahtet ist wie das Gehirn. So eine Maschine würde nicht nur lernen wie ein Mensch, sondern auch sehr viel schneller.